Journalistische Defizite: nur 40 Prozent der Österreicher halten den ORF für neutral

Bild: Hintergrund via freepik / patty-photo

Das ÖVP-nahe Boulevardmedium Exxpress hat beim Meinungsforschungsinstitut INSA eine Umfrage zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk beauftragt, die im Grunde genommen bestätigt, was in vielen persönlichen Gesprächen hörbar wird. Nur noch 40 Prozent der Österreicher halten den ORF für neutral – wobei unklar ist, ob die Befragten dies aus Furcht vor Repression oder aus ehrlicher Überzeugung geantwortet haben. Für die Furcht-Theorie spricht auch die hohe Zahl der Unentschlossenen mit 21 Prozent.

Ein Kommentar von Willi Huber

Der Stacheldraht in den Köpfen der Mitbürger, also das selbstgewählte Hemmnis, hinsichtlich offensichtlicher Probleme offen die Wahrheit zu sagen, wird tagtäglich mehr. Die Situation erinnert bereits an die DDR, wo falsche Meinungen zu staatlichen Korrekturmaßnahmen und Haft führten. Nach illegaler Massenmigration und über drei Jahren Corona-Zirkus ist das kein Wunder. Zu politischen Fragen möchten viele Menschen am liebsten „keine Meinung“ mehr haben. Denn die falsche Meinung kann den Job kosten.

Von den 1.000 befragten Personen wollten sich nur 790 äußern – 210 antworteten mit „weiß nicht / keine Angabe“. Dabei wirkt die Fragestellung auf den ersten Blick noch nicht sehr verfänglich: „Wie beurteilen Sie die politische Berichterstattung des ORF – links, rechts oder neutral?“

Nur 29 Prozent hätten den seit Jahrzehnten als „Rotfunk“ bekannten Sender als linkstendenziös eingeschätzt. Sensationelle 10 Prozent finden die Berichterstattung sogar „eher rechts“. Es wäre spannend, wo diese zehn Prozent im Parteienspektrum zu verorten sind.

Angeblich für 40 Prozent „neutrale Berichterstattung“

Vierzig Prozent der Befragten würden den ORF auch heute noch für neutral halten. Neutralen Journalismus fand man beim ORF freilich nie – das ist auch kaum möglich, wenn die Führungspositionen traditionell politisch besetzt werden. Report24 hatte schon mehrfach die Chance, ehemalige ORF-Mitarbeiter zu interviewen:

Aus den Interviews, aber auch aus den Gesprächen ohne Kamera und Aufnahmegerät ergibt sich ein Sittenbild. Selbstverständlich ist politische Intervention an der Tagesordnung. Diese erfolgt speziell in den Landesstudios aus der jeweiligen Landespolitik.

Das APA-Problem

Besonders dramatisch ist der Umstand, dass der ORF sich häufig auf die Arbeit der Presseagentur APA beruft bzw. deren Inhalte übernimmt. Die APA ist zu 45,6 Prozent im Eigentum des ORF, aber keinerlei Kontrolle unterworfen. Der Leser, Hörer oder Zuseher weiß bei APA-Inhalten nie, wer der Journalist hinter einem Text ist. Eine Beschwerde hinsichtlich falscher oder tendenziöser Berichterstattung ist weder über die ORF-Aufsichtsbehörde KommAustria noch über den Privatverein Presserat möglich. Dass in Österreich diesbezüglich überhaupt jemand die Formulierung „unabhängiger und objektiver Journalismus“ in den Mund nimmt, ist blanker Hohn.

Insgesamt glauben wir nicht, dass die zitierte INSA-Umfrage die Meinung der Österreicher korrekt abbildet. Sie liegt aber im Trend weiterer Umfragen, wie sie beispielsweise via Statista abrufbar sind. So antworteten im Winter 21/22 64 Prozent der Befragten, sie würden dem Fernsehen vertrauen, 67 Prozent vertrauen dem Radio. Das sind zwar Umfragen, die Privatsender mit einbeziehen, man kann aber davon ausgehen, dass mehrheitlich der ORF gemeint ist.

Mai 2023: 56 Prozent haben Vertrauen in ORF verloren

Etwas anders stellt sich eine Umfrage dar, die Market Anfang 2023 durchgeführt hat. Hier sprachen 56 Prozent der Befragten davon, dass sie das Vertrauen in den ORF verloren hätten. Ein rapider Vertrauensverlust kann auch damit zu tun haben, dass die Bevölkerung für die Regierungspropaganda durch den Staats-Sender selbst bezahlen muss. Und zwar abseits der ohnehin schon absurd hohen Steuerlast mit der GIS-Gebühr, die gerade reformiert wurde und dem ORF einen zusätzlichen Millionensegen beschert. Wer nicht bezahlen will, kann sogar ins Gefängnis wandern. Einer Demokratie ist so etwas mehr als unwürdig – und zu einem Vertrag gezwungen zu werden, der nur einer Seite nutzt, widerspricht sogar den Menschenrechten.

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