Stoltenberg wechselt von Militärbündnis NATO zur norwegischen Zentralbank

Bild: NATO https://www.nato.int/cps/en/natohq/photos_186041.htm

Die Militarisierung wichtiger Bereiche der Zivilgesellschaft schreitet fort. Jens Stoltenberg, ehemaliger norwegischer Finanz- und Premierminister, sowie aktueller NATO-Generalsekretär, soll Gouverneur der norwegischen Zentralbank werden. Der Sozialdemokrat folgt auf Øystein Olsen, der die Geschicke der obersten norwegischen Währungsbehörde seit 2011 leitete. Wer wird nun die NATO-Führung übernehmen?

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg wurde am Freitag zum neuen Gouverneur der norwegischen Zentralbank, der Norges Bank, ernannt. In der Ernennung, die vom norwegischen Finanzministerium bekannt gegeben wurde, heißt es, dass Stoltenberg sein neues Amt für einen Zeitraum von sechs Jahren übernehmen und voraussichtlich um den 1. Dezember herum beginnen wird. Stoltenberg, ehemaliger norwegischer Ministerpräsident, ist seit 2014 Generalsekretär der Nordatlantikvertrags-Organisation NATO und wird Ende September von diesem Amt zurücktreten.

„Ich habe mich bemüht, den besten Zentralbankgouverneur für Norwegen zu finden, und ich bin zuversichtlich, dass es Jens Stoltenberg ist“, sagte Norwegens Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum in einer Erklärung. „Die Kombination aus finanziellem Hintergrund, Verständnis für die Gesellschaft und einer Managementerfahrung, die nur wenige in Norwegen haben, macht ihn sehr geeignet für die Leitung der Norges Bank, einer Institution, die wichtige gesellschaftliche Aufgaben für uns alle wahrnimmt.“

Stoltenberg hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften von der Universität Oslo und kann auf eine lange Karriere in der norwegischen Politik zurückblicken, unter anderem als Vorsitzender der Arbeiterpartei, zweimaliger Ministerpräsident, Finanzminister sowie Wirtschafts- und Energieminister. Allerdings gibt es Bedenken, dass die Übernahme des Postens durch den langjährigen Berufspolitiker die Unabhängigkeit der Notenbank schwächen könne, wie Reuters berichtet.

1,4 Billionen US-Dollar

Der derzeitige Gouverneur der Norges Bank, Øystein Olsen, erklärte im August, dass er zurücktreten wolle. Er wird sein Amt am 1. März aufgeben, und die stellvertretende Gouverneurin Ida Wolden Bache wird es bis zum Amtsantritt von Herrn Stoltenberg übernehmen. Zu den Aufgaben gehört neben der Festlegung der Zinssätze und die Verwaltung der Finanzstabilität auch die Aufsicht über den norwegischen Staatsfonds. Dieser ist mit einem Vermögen von rund 1,4 Billionen US-Dollar der größte dieser Art der Welt.

Allerdings erübrigt sich damit die Frage, ob der Norweger, der seit 2014 der zivile Chef der NATO ist, noch einmal für diesen Job kandidiert. Bislang ist jedoch noch unklar, wer als Kandidat dafür infrage kommt. Laut „Politico“ soll eine weibliche Führungsperson aus Osteuropa gewünscht sein: Einerseits, weil man diesen Posten einer Frau geben möchte, andererseits weil die Osteuropäer eine härtere Haltung gegenüber dem Hauptgegner des Militärbündnisses, Russland, einnehmen. Nimmt man diese beiden Erfordernisse zusammen, so stehen laut dem Politikportal drei Namen ganz oben auf der Liste der potenziellen Kandidaten: die ehemaligen Präsidentinnen Kolinda Grabar-Kitarović aus Kroatien und Dalia Grybauskaitė aus Litauen sowie die derzeitige estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid.

Die konservative Grabar-Kitarović kam mit dem Fulbright-Programm an die George Washington University und erhielt weitere Stipendien, u. a. für die Harvard University und die Johns Hopkins University. Eine passende transatlantische Ausrichtung, die für den NATO-Vorsitz notwendig ist. Dalia Grybauskaitė gilt als baltische „Eiserne Lady“ und hat in ihrer zweiten Amtszeit für eine deutliche Verschlechterung der Beziehungen zu Russland gesorgt. Auch sie wäre eine Wunschkanditatin der Hardliner im Westen. Und Kersti Kaljulaid? Die estnische Präsidentin fordert die Europäer dazu auf, gegenüber Russland „selbstbewusst“ aufzutreten. Auch will sie mehr NATO-Truppen im Baltikum sehen. Das heißt: Egal wer von den drei Spitzenpolitikerinnen auch das Amt übernehmen wird – gegenüber Russland dürften die Beziehungen der westlichen Militärallianz nicht wirklich besser werden.

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