Widerstand aus allen Lagern: Gasumlage boykottieren? „Sie können nicht alle verklagen“

Bild: freepik

Steigende Preise in allen Bereichen und nun noch die Gasumlage: Der Wohlstand bröckelt und viele Bürger kommen an ihre finanzielle Grenze. Widerstand formiert sich in der Bevölkerung mittlerweile über alle politischen Lager und die Regierung muss mit einem „heißen Herbst“ rechnen. Wird es in Deutschland auch Boykottbewegungen wie “Don’t Pay UK” in Großbritannien oder die Gelbwesten in Frankreich geben? Erste Aufrufe in diese Richtung existieren bereits…

Die Energiepolitik lässt die Menschen in Deutschland verzweifeln. Die unfähige Ampel-Regierung fährt das Land in Rekordzeit gegen die Wand – nun wird sie mit Brandbriefen bombardiert. So hatten beispielsweise Kommunalpoliker von der Insel Rügen schon Ende Juni die Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 verlangt, Anfang August kam aus Reichenbach die Forderung nach der Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Verhandlungen mit Russland und letzte Woche wurde von der Kreishandwerkerschaft in Sachsen-Anhalt ein Stopp der Sanktionen gegen Russland gefordert.

Widerstand über alle politischen Lager

Aktuell sorgt ein Brandbrief aus Schneeberg für Aufsehen – denn die Unterzeichnenden kommen aus allen politischen Lagern. Die Unterschriften stammen vom Bürgermeister und dem gesamten Stadtrat, also von 22 Politkern von der CDU, den Freien Wählern, den Linken und auch von der AFD. Schneebergs Bürgermeister Ingo Seifert äußert in dem Schreiben scharfe Kritik an der Energiepolitik der Regierung und weist darauf hin, dass mit der Gasumlage die Situation „bedrohliche Ausmaße“ annehme.

Für den 5. September hat die Linke nun zu einer Großdemonstration unter dem Motto: „Menschen entlasten, Preise deckeln, Übergewinne besteuern!“ aufgerufen. Natürlich möchte sich die Linke dennoch von den Rechten abgrenzen und so sind diese auf ihren Demos unerwünscht. Kritik kommt dazu von den „Populären Linken“, dem Flügel um Sahra Wagenknecht. Alexander King, Abgeordneter der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, erklärte der WELT zwar zunächst, dass es für die Linke selbstverständlich wäre, keine Demonstrationen zu unterstützen, die von rechten Parteien angemeldet oder beherrscht würden. Er stellte jedoch auch klar: „Aber wenn Leute ihre berechtigte Wut auf die Straße tragen, mache ich keinen Gesinnungstest. Da frage ich erst mal nicht, ob die links oder rechts sind.“

Die politisch forcierte Spaltung der Gesellschaft in „links“ und „rechts“ bekommt also nach der Corona-Krise abermals Risse: Gemeinsame Ziele einen und die Bevölkerung kann nur Änderungen bewirken, wenn sie zusammensteht. Was spielt es für eine Rolle, welchem politischen Lager der Einzelne angehört, wenn die reinen Lebenshaltungskosten bei bald 60 Prozent der deutschen Haushalte die gesamten monatlichen Einkünfte (und mehr) verschlingen?

„Don’t Pay“ auch in Deutschland?

In Großbritannien gibt es die “Don’t Pay UK”-Bewegung, die Bürger aufruft, gemeinschaftlich ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr zu bezahlen. Auch deutsche Bürger scheinen mit dieser Idee zu sympathisieren. Beispielsweise der Aktivist Christoph Gärtner – ein 72-jähriger Diplom-Pädagoge, inzwischen in Rente – , der sich für die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLDP) in Solingen engagiert. Er sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Ich kenne Leute, denen ist es völlig egal, wie hoch die Gas-Umlage ausfällt: Sie werden sie ohnehin nicht zahlen.“

Gärtner sieht nicht ein, dass Energieversorger noch mehr mit Steuergeldern subventioniert werden, zumal die fünf größten Energiekonzerne 62,5 Milliarden Dollar Gewinn im zweiten Quartal 2022 gemacht haben. In anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder Spanien werden die Profiteure der hohen Energiepreise mit einer Übergewinnsteuer in die Pflicht genommen, in Deutschland trifft es mal wieder jeden, sagte er. Dem „selbstständigen Deckeln“ der Gasrechnungen ist er nicht abgeneigt.
„Wenn viele mitmachen, wird man nicht alle verklagen können“, so Gärtner. Er geht davon aus, dass „sehr viele Menschen auf die Straße gehen werden – spätestens, wenn die ersten Nachzahlungen anstehen.“

Tatsächlich mausert sich #GasumlageBoykott in den sozialen Netzen zunehmend zum Trend:

Proteste „rechtsextrem“? Von wegen

Proteste der Bürger befürchtet auch die Regierung. Daher wird jeder, der gegen unbezahlbare Preise demonstriert, schon mal vorab in die rechte Ecke gestellt. Innenministerin Nancy Faeser sieht ja bekanntlich überall böse Rechte. Dass ausgerechnet die Linken zu Protesten aufrufen, dürfte da sehr unwillkommen sein. Dabei ist das erwiesenermaßen falsche Framing der „rechtsextremen Demonstranten“ nicht neu: Schon die Protestler gegen die Corona-Maßnahmen sollen nach Aussagen von Regierung und Mainstream-Medien überwiegend Rechtsextreme gewesen sein, in Wahrheit kamen diese aber aus allen Bevölkerungsschichten und politischen Lagern.

Ob es im Herbst wirklich zu Massenprotesten kommt, bleibt abzuwarten, Deutsche lassen sich bekanntlich schwer mobilisieren. Sollten die Preise jedoch immer weiter steigen, könnte sich das ändern. Vielleicht bekommt auch Deutschland dann eine eigene „Don’t Pay“- oder Gelbwesten-Bewegung?

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