Tirols „unabhängige“ Faktenverschweigung über Van der Bellens juristischen Doppel-Bauchfleck

Bilder: Foto Alexander Van der Bellen Kmu.gov.ua, CC BY 4.0 , via Wikimedia Commons, Foto Florian Machl by Alois Endl / demofotos.at

Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag des österreichischen Bundespräsidenten, aber kein Wort zu dessen zweiter Niederlage vor Gericht gegen Florian Machl: Ist das die „unabhängige Berichterstattung“ der Tiroler Tageszeitung, mit der man sich dort rühmt? Bernd Stracke, ehemaliger Redakteur der Zeitung, widmet dieser Faktenverschweigung einen pointierten Gastkommentar.

Ein Gastkommentar (offener Brief) von Bernd Stracke, ehemaliger Redakteur der Tiroler Tageszeitung

Direkt unter der Seite-1-Deklaration der Tiroler Tageszeitung als „unabhängige Tageszeitung für Tirol“ gratulierte am 18. Jänner 2024 ein „Anreißer“ (im Journalismus übliches Text- bzw. Bildelement, das zum Weiterlesen verleiten soll und oft auf der Frontseite eines Mediums auf den eigentlichen Beitrag im Blattinneren verweist, Anm.) dem Bundespräsidenten „für alle Österreicher“, Professor Van der Bellen, zum 80er, wobei ich nicht anstehe, mich der Gratulation in aller gebotenen Herzlichkeit anzuschließen.

Dieser Anreißer (TT-O-Ton: „Der Aufstieg des Flüchtlingsbuben an die Spitze der Republik“) dirigiert den Leser zu einer formatfüllenden Lobeshymne für das Staatsoberhaupt auf der prominenten Seite 3, verfasst vom TT-Innenpolitik-Chef Michael Sprenger (dessen Autorenkürzel „Misp“ in der Branche immer wieder Anlass zu „mistverständlicher“ Wortverwechslung gibt). Wer sich die Lektüre der Links-TT nicht schon lange abgewöhnt hat, wird sich an Dutzende vorangegangene, mehr oder weniger gut als Kommentare, Leitartikel, Interviews und Personality-Storys kaschierte Polit-Werbetexte des fleißigen Grün-Schreibers und glühenden Van-der-Bellen-Verehrers „Misp“ vielleicht erinnern.

„Misp“ wurde 2017 von keinem Geringeren als just dem von ihm in der TT medial gehypten Staatsoberhaupt mit dem Kurt-Vorhofer-Preis ausgezeichnet, weil er („Misp“) – laut Jury – als „scharfer Beobachter und präziser Kommentator“ stets „seiner Leserschaft glaubhaft kritische Distanz zu allen Parteien“ vermittle.

Im Schreib-Eifer für die Rück-Laudatio zugunsten seines Laudators Van der Bellen offenbar entgangen ist dem „scharfen Beobachter“ in der TT die APA-Meldung OTS0061 vom 17. Jänner um 10:40 Uhr. Darin ist von einer blamablen juristischen Niederlage des 80jährigen Staatsoberhauptes wie folgt zu lesen: „Van der Bellen hat sein Sonderverfolgungsrecht gröblich missbraucht und die Staatsanwaltschaft aufgrund der durch den Herausgeber des freien Mediums Report24, Florian Machl, an seiner Amtsführung geäußerten Kritik ermächtigt, gegen Machl ein Verfahren wegen übler Nachrede anzustrengen. Nach dem erstinstanzlichen Freispruch bestätigte das Berufungsgericht diese Entscheidung ganz eindeutig und sprach Machl erneut frei.“

FPÖ-Verfassungs- und Menschenrechtssprecherin NAbg. Susanne Fürst führt in dieser APA-OTS-Aussendung aus: „Es ist somit gerichtlich bestätigt, dass die Aussage, der Bundespräsident habe in der Corona-Zeit die Verfassung mit Füßen getreten, eine zulässige Kritik darstellt“. FPÖ-Mediensprecher NAbg. Christian Hafenecker analysiert in derselben APA-Aussendung dazu: „Besonders schwer wiegt in diesem Fall: Van der Bellen hat nicht nur willkürlich entschieden, die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung zu ermächtigen, er zeigt damit auch, wie er es mit der Pressefreiheit hält, und dass die Grundrechte für ihn nur selektiv gelten. Damit bestätigte er erneut den Anlass der vor Gericht behandelten Kritik – nämlich, dass er die Verfassung, die die Grundrechte für alle verbürgt, mit Füßen tritt.“

Bereits das erstinstanzliche Abblitzen Van der Bellens mit seiner Klage gegen den Journalisten Machl hatte die APA am 24. Mai 2023 gemeldet und dazu Susanne Fürst zitiert, wonach sich VdB „bis auf die Knochen blamiert“ habe. In der Tiroler Tageszeitung war von diesem beispiellosen juristischen Bauchfleck des dünnhäutigen Staatsoberhauptes kein Sterbenswörtchen zu lesen. Noch einmal berichtete die APA am 19. Juni 2023 über den Fall Van der Bellen gegen Machl. Auch hier war vom „scharfen Beobachter“ namens „Misp“ nur dröhnendes Schweigen zu hören. Hängt das etwa damit zusammen, dass die beiden FPÖ-Politiker Susanne Fürst und Christian Hafenecker – im Gegensatz zur grünen Politikergarde – nicht zu Misps medialen Liebkindern zählen? Dem verlagseigenen journalistischen „Reinheitsgebot“ der „unabhängigen“ Tiroler Tageszeitung entspräche eine solche Einseitigkeit allerdings nicht.

Seit dem 17. Jänner ist es heraus: Van der Bellens offenbar paranoide Verfolgungswut (laut einer parlamentarischen Anfrage ist er der einzige Bundespräsident, der gegen 7 Bürger wegen Meinungsäußerungen gerichtlich ermitteln ließ) gegenüber kritischen Journalisten wurde von unabhängigen Richtern (konkret: einem aus drei Damen bestehenden Senat) definitiv in die Schranken gewiesen. Auf seinen Prozesskosten freilich sitzen geblieben ist bislang der mutige Journalist Florian Machl.

Wir dürfen aber natürlich hoffen:

1. Die grüne Justizministerin Alma Zadić wird sich sicherlich dieses eklatanten Unrechts annehmen und generell eine gesetzliche Schadensgutmachung für Freigesprochene in die Wege leiten.

2. Der Bundespräsident wird sich zweifellos beim Steuerzahler für die auf dessen Kosten inszenierte Justizgroteske entschuldigen. Auch bei Machl wird VdB für das ihm angetane Ungemach um Vergebung bitten, und er wird eventuell sogar den kleinen Funken Anstand besitzen, aus seiner 400.000-Euro-Präsidenten-Gage dem Redakteur dessen unverschuldete juristischen Unkosten zu ersetzen.

3. TT-Redakteur „Misp“ wird sicher wenigstens im Nachhinein ausführlich seiner Rolle als „präziser Kommentator“ gerecht werden und alle Journalistenkollegen gebührend medial rehabilitieren, wenn sie von die Verfassung mit Füßen tretenden Politikern mit Klagen eingedeckt werden, auch wenn diese Politiker ihren Wählern vorgaukeln mögen, stets für ein „Miteinander“ und für ein „Aufeinander-Zugehen“ der Menschen einzutreten. Immerhin lautet eine TT-Eigenwerbung ja „Sauberer Journalismus ist keine Zauberei“. Allerdings war zumindest bis zum 19. Jänner 2024 in der TT nichts dergleichen zu lesen, und manche Tiroler werden vom „Geburtstagsgeschenk“, das die Justiz dem „Kaunertaler Flüchtlingsbuben“ just an dessen Jubeltag bescherte, wohl nie etwas erfahren …

Innsbruck, 2024-01-19

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