Welchen Stellenwert hat die Biologie in den heutigen Orwell’schen Zeiten noch? Am heutigen Dienstag beginnt ein Prozess vor dem Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs in London, dessen Ausgang darüber Aufschluss geben dürfte. Die schottische Regierung zieht dabei unter anderem für „lesbische“ Männer in den Kampf: Demnach müssten lesbische Gruppierungen zwangsweise heterosexuelle Männer bei sich aufnehmen, sofern diese sich als Frau identifizieren.
Die schottische Regierung möchte eine woke Geschlechtsdefinition durchsetzen: Was immer von sich behauptet, eine Frau zu sein, soll demnach als Frau gelten. Der Rechtsstreit, der nun vorm Obersten Gerichtshof in London ausgefochten wird, geht auf ein Gesetz aus dem Jahr 2018 zurück, wonach sogenannte Quangos (Quasi-Nichtregierungsorganisationen) in ihren Vorständen eine Frauenquote von 50 Prozent aufweisen sollen. Jedoch: Diese Quotenregelung wurde dadurch ad absurdum geführt, dass auch biologische Männer, die sich als Frau bezeichnen, als solche gelten dürfen. Die Organisation „For Women Scotland“ (FWS), die sich als Reaktion auf eine angestrebte Reform des Geschlechtsanerkennungsgesetzes gegründet hatte, geht gegen diesen Wahnsinn seit Jahren vor – jetzt ist der Streit in London angekommen.
Die schottische Regierung knickte bisher nur insofern ein, dass die „Transfrauen“ inzwischen eine Bescheinigung zur Geschlechtsanerkennung vorweisen müssen, um als Frau zu gelten, doch die feministische FWS bleibt widerständig. Die Gründe sind klar ersichtlich: So wäre es laut der schottischen Regierung rechtswidrig, wenn eine Organisation lesbischer Frauen biologische Männer mit besagter Bescheinigung ausschließen würde, wenn diese sich ebenfalls zu Frauen hingezogen fühlen. Nun ist jedem vernunftbegabten Menschen klar, dass ein biologischer Mann immer ein biologischer Mann bleiben wird, egal, was für einen bürokratischen Wisch er vorlegen kann und egal, welche Körperteile er sich abschneiden lässt. Dennoch sollen Gruppen von Frauen gezwungen werden, solche Charaktere bei sich aufzunehmen, weil sie ja „lesbisch“ – in Wahrheit: heterosexuell, denn es sind ja Männer! – sind.
Neben lesbischen Männern gibt es laut einem 40-seitigen Statement schottischer Minister übrigens auch „schwangere Männer“, also schwangere Frauen, die sich als Männer bezeichnen. Die schottische Regierung möchte den sogenannten Equality Act gern auf Basis eines bürokratischen Akts, also der „Geschlechtsanerkennung“, anwenden – während die Feministen der FWS vor Gericht für den Wert der Biologie eintreten. Das besagte Quango-Gesetz, das diesem Streit zugrunde liegt, ist dabei nur ein Symptom einer großen Fehlentwicklung, denn wenn die Geschlechtsdefinitionen, die die schottische Regierung hier postuliert, zukünftig in allen Lebensbereichen angewendet werden, sind Frauenrechte Geschichte.
Unterstützt wird die Gruppe FWS unter anderem von der bekannten Autorin J. K. Rowling, die ihr satte 70.000 Pfund gespendet hat. Ihre Meinung: „Wenn ein Mann eine Frau ist, dann gibt es so etwas wie eine Frau nicht.“
Susan Smith von „For Women Scotland“ kommentierte die weitreichenden Implikationen des Verfahrens wie folgt:
Wenn wir gewinnen, bekommen wir eine klare Vorstellung davon, wer wann geschützt ist. Wenn wir verlieren, wird es fast unmöglich sein, viele Räume und Dienstleistungen nur für Frauen oder sogar nur für Männer zugänglich zu machen, und Westminster wird ein echtes Chaos zu entwirren haben.
Man kann sich nicht bescheinigen lassen, dass man ein anderes Alter hat oder eine Behinderung, die man nicht hat. Also werden die Minister darüber nachdenken müssen, warum das Geschlecht überhaupt geschützt ist.
Sollte hier zugunsten von FWS entschieden werden, dann hätte das angestrebte schottische Pendant des deutschen Selbstbestimmungsgesetzes schlechte Karten. Gewinnt die schottische Regierung, so wird dagegen auch hier Wahrheit durch Irrsinn ersetzt.