„Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“ Dieser Spruch ist allgemein bekannt und sollte an dunkle Zeiten erinnern. Doch anscheinend leiden die Deutschen unter Geschichtsvergessenheit: Es gibt immer mehr Meldeportale, die die Bürger dazu ermutigen, ihre Mitmenschen anzuschwärzen. Ein Negativ-Beispiel von vielen stellt dabei das „Berliner Register“ dar, wo politisch inkorrekte und „rechte“ Vorfälle gemeldet werden sollen – auch dann, wenn es sich überhaupt nicht um Straftaten handelt.
Denunziant oder „Meldeheld„? Deutsche sollen ihre Mitbürger anschwärzen – Meldeportale laden ausdrücklich dazu ein, egal ob es um Steuersünden, Falschparken oder wie im Fall des „Berliner Register“ um „politisch inkorrektes Verhalten“ und „rechte Aktivitäten“ geht. Dieses Projekt verfügt seit 2016 in jedem der zwölf hauptstädtischen Bezirke über eine eigene Meldestelle, zum Netzwerk gehören außerdem „über 230 Anlaufstellen“, heißt es auf der Homepage. Finanzielle Unterstützung kommt von der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung unter Leitung von Cansel Kiziltepe (SPD) – allein in diesem Jahr fließen 830.000 Euro an Steuergeldern in dieses Projekt.
Das „Berliner Register“ gibt an, Vorfälle, „die rassistisch, antisemitisch, LGBTIQ*-feindlich, antiziganistisch, extrem rechts, sozialchauvinistisch, behindertenfeindlich oder antifeministisch sind“ zu sammeln. Meldungen über linksextremistische Aktivitäten, islamistisch motivierte Straftaten oder Migranten-Kriminalität sucht man vergebens, diese werden offensichtlich nicht berücksichtigt.
In der „Vorfalls-Chronik“ finden sich Einträge wie:
„Antimuslimisch-rassistischer Sticker im Landschaftspark Herzberge: Im Herzbergepark wurde ein antimuslimisch-rassistischer Sticker gemeldet. Auf diesem ist eine durchgestrichene Moschee und der Slogan „Aktiv werden gegen Moscheebau und Islamismus““.
„Rassistischer u.a. Aufkleber in Johannisthal: Im Landschaftspark Adlershof wurden ein rassistischer Aufkleber gegen geflüchtete Menschen, sowie ein Aufkleber gegen politische Gegner*innen entdeckt und entfernt“.
„Antisemitischer Angriff in Nord-Neukölln: An der Ecke Pannierstraße/Weserstraße in Nord-Neukölln wurden zwei Männer von drei Unbekannten angegriffen und antisemitisch beleidigt. Die beiden betroffenen Personen wurden von den drei Männern erst auf Elektrorollern überholt und dabei angespuckt. Die Betroffenen riefen ihnen hinterher und fragten, was das solle. Daraufhin kehrten die drei Männer um. Einer der Rollerfahrenden rammte erst das Fahrrad eines Betroffenen und schlug ihm dann ins Gesicht. Der zu Hilfe eilende zweite Betroffene wurde von einem der Angreifer mit einem E-Roller beworfen. Die beiden Männer wurden von den Angreifern als „Scheiß Juden“ beschimpft“.
Besonders bei letzterem erscheint der religiöse Hintergrund der Täter zweifelsfrei hochinteressant, doch diesbezüglich hält man sich natürlich bedeckt. Immerhin stören Denunzianten sich offenkundig bereits daran, wenn Menschen sich gegen Islamismus einsetzen.
Abgesehen von Meldungen der Bürger werden Quellen wie Presseberichte, Schilderungen von Opferberatungsstellen, die sozialen Netzwerke und Polizeimeldungen für die Einträge genutzt. Denunzierfreudige Bürger können über ein einfaches Online-Formular Meldung machen, dazu müssen sie lediglich angeben, was wo und wann passiert sei. Namen und Telefonnummer müssen nicht preisgegeben werden.
Letztlich wird also jedem, der einem anderen schaden will, eine einfache Möglichkeit geboten, seinen Hass zu verbreiten. Wie steht es um den Wahrheitsgehalt der Meldungen? Focus online hatte eine entsprechende Anfrage an die Projektleiterin Kati Becker gestellt, die nicht beantwortet wurde. Sie kündigte lediglich eine „in den kommenden Tagen auf unserer Internetseite“ erscheinende Erklärung an, die „diese und andere Fragen“ beantworten würde.
Die veröffentlichten Vorfälle werden einmal im Jahr ausgewertet und eine Bilanz gezogen. „Die Ergebnisse können Politiker*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung oder politisch engagierte Initiativen in ihre Entscheidungen einbeziehen, und dann Maßnahmen entwickeln, um gezielt gegen Diskriminierung und Ausgrenzung vorzugehen“, ist dazu auf der Homepage zu lesen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass auch Vorfälle dokumentiert werden, „die keine Straftaten sind oder die nicht angezeigt wurden. Dazu gehören Gewalttaten, Beleidigungen und Bedrohungen, Brandstiftungen, Sachbeschädigungen, Veranstaltungen, Aufkleber, Sprühereien oder diskriminierende Sprüche.“ Dabei soll es um die Aufklärung darüber gehen, „auf welche Weise Menschen in Berlin im Alltag Ausgrenzung erleben“.
Auch beim Zählen der Vorfälle scheint man ein bisschen zu schummeln. Die NZZ schrieb dazu:
„An der Zahl der ‚Vorfälle‘ wird durchaus getrickst.“ Das habe die Verwaltung offen zugegeben. „In einem Brief aus der Berliner Sozialverwaltung, der der NZZ vorliegt, bestätigt der zuständige Sachbearbeiter, dass er es völlig in Ordnung findet, wenn derselbe ‚transfeindliche‘ Aufkleber, der von fünf Personen gemeldet wird, als fünf transfeindliche Vorfälle gezählt wird.“
Mit der Wahrheit nimmt man es also nicht so genau und die Meinungsfreiheit möchte man am liebsten abschaffen – bei den Linken geht es ja bekanntermaßen nur um Haltung. Bei diesem Projekt geht es offensichtlich nur um Ideologie – und um die Erziehung zum Denunziantentum. Menschen, die in der ehemaligen DDR gelebt haben, kennen das nur zu gut. Sie wussten, wann sie schweigen mussten und wann Vorsicht geboten war, weil mitgehört wurde. „Psst, nicht so laut, der Nachbar!“ So wird Unsicherheit und Misstrauen in der Gesellschaft gesät und letztlich entsteht ein Klima der Angst. Möchten wir wirklich in einer DDR 2.0 leben?