Der November steht für geschichtsbewusste Menschen gemeinhin unter dem Motto „Niemals vergessen“. Am 9. November wollte die GGI-Initiative mit einer Presseaussendung zur Reichspogromnacht 1938 und dem Hitlerputsch in Bayern den Opfern des Nationalsozialismus gedenken. Diese Aussendung sollte auch in der Facebook-Gruppe der Initiative erscheinen – doch Zuckerbergs Netzwerk scheint nichts von Erinnerungskultur zu halten, denn der Beitrag wurde prompt gelöscht. Was ist hier los?
Die GGI-Initiative schrieb in ihrer Pressemitteilung vom 9. November:
Erinnerungskultur unerwünscht? Facebook löscht Gedenkartikel über die November-Pogrome
Heute veröffentlichten wir eine Aussendung im Gedenken an die November-Pogrome und die zahlreichen Opfer des Nationalsozialismus.
Binnen Sekunden wurde der Artikel auf Facebook gelöscht – ohne Kommentar oder Benachrichtigung. Beim zweiten Veröffentlichungsversuch erschien die Nachricht:
„Dieser Beitrag verstößt gegen unsere Gemeinschaftsstandards gegen Spam“.
Warum Erinnerungskultur an die November-Pogrome als Spam eingestuft wird, geht aus der Nachricht nicht hervor. Erst nach formellem Widerspruch wurde der Artikel dann doch noch freigeschaltet.
Digital Services Act führt zu überschießender Zensur
Seit Einführung des Digital Services Act am 25.08.2023 sind derartige Vorfälle unserer Beobachtung nach keine Seltenheit mehr. Oft kommt es trotz Widerspruch zu keiner Freischaltung. Artikel, die zweifelsfrei der freien Meinungsäußerung unterliegen, werden häufig einfach gelöscht. Die konkreten Entscheidungsgründe werden nicht bekannt gegeben. Nahe liegt jedoch, dass hier automatisierte Programme am Werk sind, die auf Schlüsselwörter reagieren.
Wenn jedoch Beiträge, die das Wort „Hitler“ oder „Nationalsozialismus“ enthalten, pauschal zensiert werden, ist eine Gedenkkultur in den sozialen Medien kaum mehr möglich. Das verhindert eben nicht nur die Veröffentlichung von verbotenen Inhalten, sondern vor allem auch die gewünschte Auseinandersetzung mit wichtigen Themen.
Die November-Pogrome, sowie die institutionelle Diskriminierung und Herabwürdigung von Juden ab den 30er Jahren führten schlussendlich zum Holocaust. Die Erinnerungskultur soll ihren Beitrag leisten, damit dieses dunkle Kapitel nicht in Vergessenheit gerät. Gerade in der heutigen Zeit ist das umso wichtiger!
Die Politik ist hier gefordert, die Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit zu erhalten und es sind entsprechende Sicherheitsmechanismen zu implementieren, die gewährleisten, dass legale Inhalte nicht zensiert werden.
„Es kann nicht im Interesse der Regierung sein, Gedenkkultur durch Zensur in den sozialen Medien zu verhindern“, sagt Madeleine Petrovic und fordert weiter, „verfassungsrechtlich besteht eine Verpflichtung, das Recht auf freie Meinungsäußerung entsprechend sicherzustellen. Gerade in den großen sozialen Netzwerken sehe ich hier dringenden Handlungsbedarf.“