Von Siri Sanning
Teil 3 unserer Serie „Widerstand in Corona-Zeiten: Gedanken zur Strategie von Alexander Ehrlich“
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Mag. Alexander Ehrlich bezeichnet es als eines seiner aktuell wichtigsten Projekte, die Konzepte der deutschen und der österreichischen Friedensbewegung einem Vergleich zu unterziehen und die wesentlichsten Unterschiede herauszuarbeiten. Ziel ist es, unter den zahlreichen individuellen Initiativen eine konstruktive Debatte über die Gestaltung der Kampagne 2021 anzustoßen und aus den Erfahrungen im Jahr 2020 zu lernen. Im vierten Teil seiner Analysen bespricht er Vor-und Nachteile von Bühnendemos und Umzügen / Spaziergängen und erörtert Vorschläge für Gestaltung und Zusammenspiel beider Formate.
Stand Demos dienen dem Austausch, bewegte Demos erregen Aufmerksamkeit
Stand-Demos mit Reden, Musik und Partystimmung sind ein wichtiges Element, um sich innerhalb der Bewegung zu vernetzen und zu stärken, erläutert Ehrlich. Sie bieten die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, sich persönlich kennenzulernen, Inhalte zu diskutieren, Standpunkte zu besprechen und Menschen, die man neu erreicht hat, näher zu informieren. Dementsprechend hätten Stand-Demos zweifellos ihre Berechtigung und ihren Sinn. Zum aktuellen Zeitpunkt jedoch gehe keine Breitenwirkung von ihnen aus – nicht zuletzt deswegen, weil sie überwiegend an Orten stattfinden, wo kaum Menschen vorbeikämen. Es sei Strategie der Behörden, die Demonstrationen an Plätze wie Parkflächen am Stadtrand oder ausgestorbene Stadtzentren zu schieben, um zu gewährleisten, dass die Teilnehmer unter sich blieben.
Demgegenüber erreichen bewegte Demos – Umzüge zu Fuß, Korsos – viel mehr Leute, die (noch) nicht in der Friedensbewegung stehen. Aus exakt diesem Grund versuchen die Behörden, Umzüge zu verhindern oder in Gebiete zu leiten, wo niemand ist, führt der Unternehmer aus. Dies habe man beispielsweise am 13. Februar in Wien erkennen können, wo die Polizei im Unterschied zur im Lockdown überwiegend menschenleeren Ringstraße vor allem die Zugänge zu Wohngebieten abgeriegelt habe.
Ähnlich Denkende sollen wissen: Sie sind nicht alleine!
„Wir marschieren, um Menschen zu erreichen und ihnen sichtbar zu machen: Du bist nicht alleine mit deiner Kritik, mit deiner Verunsicherung, mit deiner Angst,“ streicht Ehrlich einen wesentlichen Unterschied zur Standkundgebung heraus. Dieses Marschieren müsse von inhaltlichen Erklärungen, Argumenten und Forderungen begleitet werden, von denen sich andere Menschen angesprochen fühlen, mit denen sie mitziehen können.
Um die beiden Formate ineinandergreifen zu lassen, empfiehlt Ehrlich, bei einem Umzug oder Korso stets die nächste Stand-Demo zu bewerben. Essentiell sei darüber hinaus, den Menschen Informationsquellen bzw. Hinweise auf Medien für weitere Infos an die Hand zu geben, beispielsweise als Lautsprecherdurchsage. Man müsse sich mehr in jene Menschen hineinversetzen, die man erreichen will, ist der Demo-Organisator überzeugt.
Mag. Alexander Ehrlich ist inzwischen Routinier auf dem Gebiet der maßnahmenkritischen Veranstaltungen. Der Buslogistiker und Honk for Hope-Gründer engagierte sich als einer der ersten im grenzüberschreitenden, friedlichen Widerstand gegen die staatlich verordnete Corona-Willkür. Von der Standkundgebung über den Autokorso bis hin zur interkonfessionellen, interreligiösen Prozession – um die Bürger anzusprechen und zur Teilnahme anzuregen, werden der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Ehrlich rechnet damit, dass 2021 der Protest auf der Straße unabhängig von behördlicher Untersagung immer stärkeren Zulauf erfahren und der Versammlungsfreiheit als verfassungsrechtlich geschütztem Grundrecht besondere Bedeutung zukommen wird. In einer Reihe von Videos reflektiert der Demo-Organisator nun seine Erfahrungen und gelernten Lektionen, um den Erfolg der Friedensbewegung mit zusätzlichen Impulsen zu unterstützen.
Rechtssicher Demonstrieren: Vorsicht vor eingeschleusten Provokateuren!
Meldet Provokateure an die Polizei! Im Telegram-Kanal von Demo-Organisator Manuel Müllner findet der Interessierte konkrete Hilfestellung für die Praxis:
Es ist wichtig, Provokateure zu melden, bevor Schlimmeres passiert! Besonders in Acht zu nehmen ist vor „agents provocateurs“, die gezielt unter Menschenmassen geschleust werden, um Unruhen zu verursachen und die Menge anzuheizen! Solche Unruhen werden dann genutzt, um die ganze Bewegung zu diffamieren, repressiv gegen sie vorzugehen und sie zu zerschlagen! Deshalb ist das FILMEN so ungemein wichtig! Ebenso: Ruhe bewahren, sich nicht provozieren lassen. Die Eskalation ist derzeit von Seiten der Politik gewünscht, um Kritiker in einem schlechten Licht da stehen zu lassen … also Vorsicht.
Außerdem gibt es auf Telegram die Dokumentationsgruppe für Vorfälle bei Kundgebungen: https://t.me/joinchat/SEHPzrGZVV7xOH93
Man kann gegen Provokateure auch Anzeige erstatten, sollte aggressives Verhalten bemerkt werden:
§82 SPG – Aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht …
Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916); mährisch-österreichische Schriftstellerin