Kein anderes Land hat einen so großen Einfluss auf den nuklearen Energiesektor dieser Welt wie Russland. Rosatom hat wohl bereits rund die Hälfte des globalen Marktes für Atomenergie erobert. Auch beim Bau von Kernreaktoren ist das Staatsunternehmen führend.
In den letzten Jahren hat sich die Weltöffentlichkeit vor allem auf die Abhängigkeit Europas vom russischen Erdgas und der Welt von russischen Ölprodukten – insbesondere Diesel – konzentriert. Zwischenzeitlich kamen auch die Abhängigkeiten von der chinesischen Wind- und Solarenergieindustrie und den seltenen Erden aus dem Reich der Mitte hinzu. Doch ein Bereich des globalen Energiesektors wurde nur selten thematisiert – die Atomenergie.
So hat Rosatom, der staatlich kontrollierte russische Nuklearkonzern, aktuellen Schätzungen zufolge bereits rund die Hälfte des globalen Marktes für Atomenergie erobert. Das Unternehmen ist dabei sogar in NATO-Ländern wie der Türkei und Ungarn aktiv und unterliegt – im Gegensatz zu anderen russischen Energiebranchen – auch keinen westlichen Sanktionen. Dank des globalen Nuklearbooms im Zuge der Energiekrise profitiert es auch von den aktuellen Entwicklungen.
So stiegen die Einnahmen seit dem Jahr 2022 um die Hälfte an – von 12 auf 18 Milliarden Dollar. 26 der 59 im Bau befindlichen Kernreaktoren werden von Rosatom gebaut – und nur zwei davon in Russland selbst. Hinzu kommt die russische Kontrolle über die Uranvorräte im Niger. Nach einem Putsch im Jahr 2023 hat die ehemalige französische Kolonie die dort stationierten Truppen aus Frankreich und den Vereinigten Staaten des Landes verwiesen – und kooperiert nun mit Moskau. Damit liegen zusätzliche fünf Prozent der globalen Uranförderung in russischer Hand. Eine ungute Entwicklung für Paris, zumal Frankreich stark auf die Produktion von Atomstrom setzt.
Auch die zentralasiatischen Uranproduzenten Kasachstan und Usbekistan liegen in Sachen Lieferketten unter russischer Kontrolle. Wenn man nun bedenkt, dass fast die Hälfte der US-Uranimporte aus Russland (12 Prozent) und aus Kasachstan bzw. Usbekistan (36 Prozent) stammen, wird der Einfluss auf die US-Nuklearindustrie deutlich. Man könnte auch sagen: Wenn Moskau es will, stehen weltweit unzählige Atomkraftwerke still.