Bargeld-Obergrenzen. Bargeld-Verbot beim Erwerb von Immobilien. Bargeld-Ablehnung in Geschäften, Restaurants und Supermärkten. Die Steuerrechtsanwältin Patricia Lederer macht deutlich, in welchem Ausmaß die Abschaffung des Bargelds in Deutschland heuer Fahrt aufnehmen wird. Und sie erörtert, welche Gesetze diesem Trend entgegenstehen.
Bargeldloses Bezahlen erfreut sich zunehmender Beliebtheit. In der Covid-Krise unter dem Hygiene-Aspekt vielfach propagiert, soll es neben dem persönlichen Komfort vor allem der Eindämmung krimineller Unterfangen wie Geldwäsche oder Schwarzarbeit dienen. In die Debatte um Digitales Zentralbankengeld, bedingungsloses Grundeinkommen, Social Credit Systeme, Krypto und Co. mischt sich auch die Forderung nach Abschaffung des Bargelds. Während die Digitalisierungsbestrebungen voranschreiten, wächst gleichzeitig die Besorgnis in nicht allzu ferner Zukunft durch ebendiese auf Gedeih und Verderb „dem Staat“ ausgeliefert zu sein. „In einem Staatswesen ohne Bargeld gäbe es die totale Kontrolle durch die Obrigkeit und statt freier Bürger nur ständig überwachte und gemaßregelte Untertanen,“ brachte es etwa im Jahr 2016 Die Presse auf den Punkt. Entsprechend erfahren Initiativen, die sich für Bargeld stark machen, großen Zuspruch. In Österreich unterzeichneten 2022 mehr als 500.000 Menschen das Volksbegehren für uneingeschränkte Bargeldzahlung. Und in der Schweiz jubelt man aktuell über die große Unterstützung der Volksinitiative Bargeld ist Freiheit.
Geld ist geprägte Freiheit
Fjodor Dostojewski
Patricia Lederer, Fachanwältin für Steuerrecht in Frankfurt am Main, informiert zu unterschiedlichen Themenbereichen. Sehen Sie unten ihre Ausführungen „2023 neuer Angriff aufs Bargeld! (Kein) Recht auf Bergeld?“ im Video. Jene, die lieber lesen, finden den Beitrag auch verschriftlicht (Hervorhebungen und Zwischentitel durch Redaktion).
Die schleichende Abschaffung des Bargelds setzt sich fort …
Der Angriff auf das Bargeld geht auch im neuen Jahr weiter. Sie dürfen ja jetzt schon in Deutschland keine Häuser und Wohnungen mehr bar bezahlen. Dieses Gesetz gilt seit 1. Januar 2023. Und auch die Bargeld-Obergrenze. Die ist beschlossene Sache, dass Sie nämlich ab 10.000 Euro und mehr nicht mehr bar bezahlen dürfen. Und jetzt möchte man auch den Beträgen unter 10.000 Euro an den Kragen und da das Bargeld abschaffen. Wussten Sie, dass der Apple-Händler Gravis – der hat 40 Filialen in Deutschland, seit diesem Jahr kein Bargeld mehr in seinen Filialen akzeptiert? Egal, wenn Sie nur ein Kabel kaufen, müssen Sie mit Karte bezahlen. Es geht nicht anders. Und auch die ersten Restaurants machen mit. Da können Sie nur noch mit Karte bezahlen, die akzeptieren kein Bargeld mehr. Und es geht weiter. Die großen Supermärkte prüfen jetzt, ob sie das Bargeld abschaffen. Dazu gehören Aldi, Lidl, Rewe, Kaufland, Netto und Edeka. Ich verrate Ihnen heute, an welchen Stellen das Bargeld in Deutschland jetzt weiter abgeschafft wird und ob es eigentlich ein Recht auf Bargeld gibt. Einen Rechtsanspruch.
… bei Händlern und in der Gastronomie …
Hallo! Schön, dass Sie dabei sind! Ich bin Patricia Lederer. Ich bin Rechtsanwältin in der Frankfurter Steuerrechtskanzlei TaxPro. Wir gehen direkt rein und schauen uns als erstes an, an welchen Stellen das Bargeld in Deutschland 2023 weiter abgeschafft wird. Den Anfang hat ja der Apple-Händler Gravis gemacht. Er hat in seinen 40 Filialen in Deutschland das Bargeld jetzt verboten und die Firma Gravis hat auch gesagt, warum sie das macht. Nämlich: Das Bargeld-Verbot spart Geld. Die Mitarbeiter müssen die Kassen abends nicht mehr zählen und sie brauchen auch keinen Sicherheitsdienst beauftragen, der das ganze Bargeld abends aus den Läden raus bringt. Also sie können die Kosten weiter niedrig halten und dadurch die Preise für die Apple-Produkte für die Kunden auch. Das ist also das Argument bei Gravis.
Das Bargeld wird noch an weiteren Stellen abgeschafft. Nämlich in der Gastronomie. Es machen immer mehr Gastwirte jetzt im neuen Jahr mit und akzeptieren in den Restaurants und Gaststätten und Kneipen kein Bargeld mehr. Auf den ersten Blick hat das auch Kostengründe, klar. Die Mitarbeiter, der Chef, die Chefin, die brauchen abends die Kasse nicht mehr zählen und müssen auch am nächsten Tag das Ganze nicht auf die Bank bringen. Das spart erst mal Zeit und Geld. Aber der wahre Grund, weswegen die Gastwirte das Bargeld nicht mehr akzeptieren, der ist das Finanzamt. Das Finanzamt ist der Meinung, da, wo viel Bargeld im Spiel ist, da läuft einfach viel vorbei an der Steuer. Und deswegen stehen die Gastwirte einfach immer bei den Betriebsprüfungen, bei der Steuerfahndung im Visier vom Finanzamt. Wenn Sie meine Videoreihe dazu sehen wollen, schauen Sie gerne rein, denn das ist schon seit Jahren so. Und jetzt gehen die Gastwirte dazu über, dass sie sagen, bei mir gibt’s einfach kein Bargeld mehr. Wenn ich keines akzeptiere, dann mache ich mich auch weniger angreifbar für´s Finanzamt.
… sowie in Supermärkten.
Damit kommen wir zu den großen Supermärkten. Und genau die prüfen jetzt, ob sie das Bargeld in den Supermärkten abschaffen. Das gilt für Aldi genau so wie für Lidl, Rewe, Kaufland, Netto und auch Edeka. Die prüfen das jetzt alle und natürlich hat das da auch Kostengründe. Auch da gilt letzten Endes dasselbe wie bei dem Apple-Händler Gravis, nämlich das Argument wir sparen Geld, weil eben die Mitarbeiter keine Kassen mehr zählen müssen. Wir brauchen vielleicht auch gar nicht so viele Mitarbeiter. Der Bezahlvorgang an der Kasse geht ja dann deutlich schneller. Wir müssen auch keine Sicherheitsfirma beauftragen, die diese Berge von Bargeld, nachdem der Supermarkt geschlossen ist, wegbringen. Das Ganze passiert natürlich nicht von jetzt auf gleich, sondern Sie werden das schleichend merken. Wenn Sie im Supermarkt stehen und es gibt mehrere Kassen, dann werden die Kassen, die Bargeld akzeptieren, schrittweise weniger. Die meisten Kassen akzeptieren dann nur noch Karte und am Schluss haben Sie eine einzige Kasse übrig, an der es dann noch Bargeld zu bezahlen geht. Und wenn die dann wegfällt, dann fällt das auch nicht weiter auf.
Quelle: die AGBs
Und wenn Sie jetzt sagen, ach nee, Frau Lederer, das ist doch Panikmache, da wird doch kein Bargeld abgeschafft, zeigen Sie uns doch mal die Quelle – mach ich. Und ich hab´s wie immer in der Videobeschreibung drinnen, wenn Sie es in Ruhe nachschauen wollen. Schauen Sie, hier haben wir die AGB von der Firma Gravis. Das Kleingedruckte, die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Und da finden Sie das in der Nummer vier gleich im ersten Satz. Da sehen Sie, dass ab dem 16. Januar 2023 ausschließlich die bargeldlose Zahlung in den Verkaufsstellen möglich ist.
Jetzt kann man natürlich sagen, okay, ich möchte gerne weiter bar bezahlen und dann kaufe ich eben nichts bei der Firma Gravis. Und auch keinen Apple-Computer mehr. Aber das wird nichts bringen, denn die Firma Gravis ist nicht die einzige. Andere Firmen in Deutschland ziehen schon nach. Die Firmen in Deutschland haben in Corona-Zeiten sehr gute Erfahrungen damit gemacht, eben kein Bargeld mehr zu akzeptieren, nur noch Kartenzahlung. Und jetzt, in den Zeiten nach Corona, bietet es sich doch an, das Bargeld gleich ganz abzuschaffen. Und da ist einfach dieses Argument, was die Supermarktketten auch überzeugt. Dass man das aus Kostengründen machen will, damit eben kein Geld mehr gezählt und teuer und sicher abtransportiert werden muss. Andernfalls würden die Produkte aus dem Grund teurer werden.
Bargeld ist ein gesetzliches Zahlungsmittel
Aber damit kommen wir zu der Frage: Was ist eigentlich mit dem Recht auf Bargeld? Gibt es einen Anspruch, einen gesetzlichen Anspruch auf Bargeld in Deutschland? Den gibt’s. Der steht bei uns auch im Gesetz drin und auch das zeige ich Ihnen mal kurz. Das ist unser Bundesbank-Gesetz. Da haben wir das drin stehen und zwar im Paragrafen 14. Die Quelle haben wir in der Videobeschreibung drin für Sie. In diesem Paragrafen steht drin, dass das Bargeld in Deutschland ein gesetzliches Zahlungsmittel ist. Und gesetzliche Zahlungsmittel können sie ja nicht einfach so – ob´s jetzt bei Gravis ist oder in den Restaurants oder Supermärkten, das können sie nicht einfach so abschaffen. Ein gesetzliches Zahlungsmittel müssen sie laut Gesetz überall akzeptieren. Egal, ob es unter 10.000 Euro ist oder über 10.000 Euro. Und das haben wir auch so im Bundesbank-Gesetz drin stehen. Schauen Sie, Sie finden das hier im ersten Absatz in dem zwoten Satz. Hier haben Sie die ausdrückliche Regelung: „Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkt gültige gesetzliche Zahlungsmittel.“
Das ist die Kernaussage im Bundesbank-Gesetz und deswegen haben wir in Deutschland ein Recht auf Bargeld. Aber ist dieses Recht überhaupt das Papier wert, auf dem es steht, auch wenn es ein digitales Papier ist? In dem Fall könnte man ja sich fragen, ob das EU-Recht mit der Bargeld-Obergrenze 10.000 Euro deutsches Recht brechen kann. Ob die Händler, die Fachhändler genau wie die Restaurants das Recht brechen, wenn sie kein Bargeld mehr akzeptieren. Was denken Sie? Ich verrate Ihnen die Antwort als Steueranwältin. Es kommt ganz klar drauf an. Ich weiß, dass das ein typischer Juristenspruch ist, es ist aber so. Sie müssen als erstes mal ans Bundesbank-Gesetz ran. Denn da steht ja drin, dass das Bargeld ein unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland ist. Also diesen Paragrafen 14, den müssen sie als erstes mal ändern. Oder sie können auch sagen, sie schaffen erst mal die Bundesbank ab. Dann ist dieses Gesetz sowieso hinfällig. Und ich verrate Ihnen auch, wie das geht. Schauen Sie mal – sie können die Bundesbank abschaffen. In diesem Gesetz über die Bundesbank steht es drin im Paragrafen 44. Hier haben Sie den, der sagt ganz klar, sie können die deutsche Bundesbank auflösen. Aber – kleiner Haken – sie brauchen dafür ein Gesetz.
Und bevor sie darüber nachdenken, müssen sie als erstes mal überlegen, wenn sie die Bundesbank auflösen, um wirklich die Bargeldabschaffung in Deutschland durchzusetzen, dann müssen sie erst mal schauen, wohin denn mit den ganzen Goldreserven. Die Bundesbank sitzt ja bei uns hier, genau wie unsere Kanzlei in Frankfurt am Main. Die Bundesbank sitzt in einem Ortsteil namens Eschersheim. Da haben die ihren Sitz und da liegen auch die Goldreserven. Jedenfalls ein sehr großer Teil vom bundesweiten Goldbestand. Und dieser Goldschatz muss ja erst mal irgendwohin. Das heißt, als erstes mal würde ich davon ausgehen, die Bundesbank bleibt und damit auch dieser Paragraf, der klar sagt, dass Bargeld in Deutschland ein gesetzliches Zahlungsmittel ist.
Bargeld-Abschaffung vs. Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
Ich verrate Ihnen noch ein Argument, was gegen die Bargeld-Abschaffung spricht. Ein rein rechtliches Argument. Und das ist: Die Bargeld-Abschaffung, die verstößt gegen das Grundgesetz, das wir hier in Deutschland haben. Denn seien wir mal ehrlich. Wenn Sie mit Karte bezahlen – EC-Karte, Kreditkarte, PayPal – dann können Sie immer nachverfolgt werden. Man kann Sie tracken. Ihr Einkaufsverhalten. Sie hinterlassen da immer Spuren. Und genau das machen Sie beim Bargeld nicht. Das heißt, das Bargeld garantiert Privatsphäre für die Menschen. Und das ist Teil von einem Grundrecht, das wir hier in Deutschland haben. Das ist die informationelle Selbstbestimmung. Diese informationelle Selbstbestimmung umfasst eben, dass Sie selber entscheiden können, was Sie an Spuren im Netz digital, beim Karte-Zahlen hinterlassen oder auch nicht. Weil Sie sich eben dafür entscheiden, mit Bargeld zu bezahlen. Wenn Ihnen das zu lang zu merken ist – informationelle Selbstbestimmung, dann würde ich mir an Ihrer Stelle immer das Persönlichkeitsrecht merken. Denn das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, was jedem Menschen in Deutschland zusteht.
Ein Recht auf Bargeld? Klares JA!
Wir können also die Frage, ob wir in Deutschland ein Recht auf Bargeld haben, ganz klar mit ja beantworten. Wir haben ein Recht, einen Rechtsanspruch darauf, dass wir mit Bargeld bezahlen können. Und daran ändert auch nichts, wenn die Läden wie Gravis, Geschäfte, Restaurants, Supermärkte in ihre Bedingungen reinschreiben, dass sie kein Bargeld akzeptieren und diese Bedingungen in riesigen Aufstellern mit großen Buchstaben an ihren Kassen aushängen. Das ändert nichts daran, dass die Bargeld-Abschaffung in Deutschland gegen Gesetze wie das Bundesbank-Gesetz verstößt und vor allen Dingen gegen Ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und Ihr Persönlichkeitsrecht.
Beginn der Bargeld-Abschaffung bereits 2002
Aber das Ganze ändert nichts daran, dass Bargeld bei uns in Deutschland schleichend weiter abgeschafft wird. Und das nicht erst seit heute, seit 2023 oder seit letztem Jahr. Als die Bargeld-Obergrenze gekommen ist und dieses Bargeld-Verbot beim Immobilienkauf. Nein, das Ganze geht schon viel, viel länger zurück. Wissen Sie, wann das angefangen hat? Für mich als Steueranwältin hat das ganz klar 2002 angefangen. Da haben wir diese Vorschrift rein bekommen, dass Sie Handwerker-Rechnungen nicht mehr bar bezahlen dürfen, wenn Sie sie von der Steuer absetzen wollen. Auf den ersten Blick wirkt das nicht wie ein Bargeld-Verbot. So hieß das damals auch nicht, als das vor zwanzig Jahren gekommen ist für die Handwerker-Rechnungen. Das hat sich versteckt in einem Gesetz. Das hieß damals das „Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung“. Und genau so ist es heute. Das Verbot, Häuser und Immobilien, Wohnungen, bar zu bezahlen, da stand auch nicht Bargeld-Verbot oben drauf. Sondern das Ganze hat sich wieder versteckt, in einem Sanktionsdurchsetzungsgesetz II. Und das zeigt meiner Meinung nach ganz deutlich, dass wir in Deutschland auf dem Weg zu einer schleichenden Abschaffung des Bargeldes sind. Das kommt nicht Knall auf Fall und auch nicht von heute auf morgen. Aber es kommt in vielen kleinen Schritten und wenn Sie wollen, schauen Sie sich meine Bargeld-Reihe hier auf dem Kanal an, in der Sie genau diese vielen kleinen Schritte zur Bargeld-Abschaffung in Deutschland sehen können. Ich hoffe, Sie haben etwas mitgenommen heute und wir sehen uns auf dem Kanal. Montag, Freitag, 18:30 Uhr wieder. Bis dahin, machen Sie´s gut – Ciao!