Ölembargo gegen Russland: China profitiert, Europa zahlt drauf

Bild: freepik / ASolano

Während die Marktpreise für Erdöl weiter steigen und neue Rekorde brechen könnten, hat sich China russisches Öl zu einem Vorzugspreis gesichert. Dies ist ein wirtschaftlicher Vorteil, den die Europäer nicht haben. Ähnlich ist es beim Erdgas. Auch die USA haben einen größeren Handlungsspielraum als die Europäer. Diese sind die großen Verlierer.

Wenn es etwas gibt, was die Chinesen zumindest auf dem inländischen Markt derzeit kaum zu fürchten haben, dann ist dies der weitere Anstieg der Ölpreise. Vorzugspreise für Öl aus Ländern, die von den Vereinigten Staaten von Amerika und deren Verbündeten sanktioniert werden, sind den chinesischen Ölgiganten gewiss. Ein Beispiel ist der erst im letzten Monat abgeschlossene Deal zwischen dem russischen staatlichen Ölkonzern Rosneft und der China National Petroleum Corporation (CNPC). Die Chinesen sicherten sich 100 Millionen metrische Tonnen Öl für die nächsten zehn Jahre für 80 Milliarden Dollar. Das entspricht einem Preis von rund 107,50 Dollar pro Barrel. Bei aktuellen Preisen um die 125 bis 130 Dollar ist dies schon ein Schnäppchen. Vor allem jedoch können beide Seiten damit langfristig kalkulieren und die Auswirkungen von Ölpreisschocks fallen zumindest nicht so stark ins Gewicht. Wobei China in diesem Jahr wohl insgesamt rund 600 bis 630 Millionen Tonnen Öl verbrauchen wird.

Da es kaum zu erwarten ist, dass sich die Lage bald wieder beruhigt, und die Ölpreise in den nächsten Monaten wahrscheinlich sehr hoch bleiben werden, kann sich China auch bei den Produktionskosten für Exportgüter so Preisvorteile sichern. Niedrige Preise an den Tankstellen halten auch die Konsumenten im Inland ruhig, während jene in Europa und den Vereinigten Staaten für ihre Tankfüllung immer tiefer in die Tasche greifen müssen. Wobei jene in Europa sogar noch doppelt bestraft werden, wenn der Dollar gegenüber dem Euro zulegt und so die Preiserhöhungen noch deftiger ausfallen. Dies ist etwas, was auch die europäische Chemie- und Plastikindustrie scharf treffen wird. Zur Erinnerung: Noch im August 2004 beklagte sich der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) darüber, dass der Preis für Öl des OPEC-Korbs mit 40 Dollar, respektive 39,55 Euro ein „Nachfragekiller“ sei, weil sich der Preis innerhalb eines Jahres von 20 Dollar aus verdoppelt habe. Dies würde die Industrie fast drei Milliarden Dollar kosten. Nun haben wir beim OPEC-Korb ebenfalls wieder etwa eine Verdoppelung binnen Jahresfrist – und zwar von 64 auf nun 126,50 Dollar.

Hinzu kommt, dass bei einer richtigen Ölpreiskrise (also Preise von über 200 Dollar pro Barrel) ölproduzierende Länder wie die USA und Kanada zum Schutz der eigenen Industrien ein Ölpreisregime einführen und aktiv in die Preisgestaltung eingreifen dürften. Sie könnten Exporte verbieten und beispielsweise den Preis bei 120 Dollar pro Barrel festlegen. Das ist immer noch genug, um auch das mittels Fracking gewonnene Öl profitabel zu fördern und so eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten. Eine Option, welche die Europäer nicht haben. Und durch die Sanktionierung Russlands, welches gerne langfristige Verträge eingeht, gibt es hier auch keine Möglichkeit für entsprechende Maßnahmen. Deshalb gibt es auch hier dasselbe Dilemma wie beim Erdgas. Denn während beispielsweise das Erdgas aus Alberta bei 4,75 Dollar gehandelt wird, liegt der Preis in Europa zum Zeitpunkt der Erstellung des Artikels bei 72,53 Dollar.

Peking sichert sich günstiges Erdgas aus Russland

Und China? Peking hat im Jahr 2014 einen Deal mit Russland abgeschlossen, der 30 Jahre lang einen jährlichen Fluss von 38 Milliarden Kubikmeter Erdgas garantiert. Der Preis? 400 Milliarden Dollar. Das heißt, Russland zahlt rund 350 Dollar pro 1.000 Kubikmeter. Die Europäer, die lieber auf dem Spotmarkt kaufen anstatt sich längerfristig zu binden, zahlen deutlich mehr. Aktuell liegt der Preis in Europa bei etwa 214,5 Euro pro MWh (zum Vergleich: im September 2021 waren es 65,5 Euro pro mWh oder rund 800 Dollar pro 1.000 Kubikmeter). Damit zahlen die Europäer derzeit rund das Siebeneinhalbfache dessen für Erdgas, was die Chinesen auf den Tisch legen. Und da sind die ganzen Steuern und Abgaben für die Verbraucher noch gar nicht einmal mit eingerechnet – und auch da langt die kommunistische chinesische Regierung nicht so stark zu wie die angeblichen Marktwirtschaftler in Europa.

Die Unfähigkeit der Europäer, sich auf eine selbständige Außen- und Wirtschaftspolitik zu konzentrieren, sorgt nun dafür, dass ein großer Deindustrialisierungsprozess eingeleitet werden könnte. Mit der „Ökologisierung“ und den damit einhergehenden Ökosteuern hat man gerade in Deutschland schon den Abwanderungsdruck der energieintensiven Industrien erhöht. Nun schafft die deutsche Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und der Biden-Administration auch noch die Grundlage für zusätzliche Auslagerungen der Produktion von Gütern. Unter anderem auch, weil die Vereinigten Staaten so ihr Flüssiggas (LPG) zu horrenden Preisen an die Europäer verkaufen können und einige Spekulanten gewaltige Gewinne abschöpfen. In Deutschland werden bereits erste Stimmen laut, die fordern, sich den USA hinsichtlich des Importstopps von russischem Öl und Gas anzuschließen – in vollem Bewusstsein darüber, dass die Preise dann in weitere ungeahnte Höhen schnellen. Die großen Verlierer dieser Eskalationswelle werden Deutschland und Europa sein. Und der große Gewinner? Dieser scheint derzeit die Volksrepublik China zu sein. Und natürlich die US-Flüssiggas-Hersteller.

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