NRW: Protestler gegen Preisexplosionen und Energiekrise sind „neue Staatsfeinde“

Symbolbild: freepik

Deutsche Politiker scheinen sich schrecklich vorm Volk zu fürchten – anders ist das ermüdende Geschwätz von „neuen Extremisten“ und „neuen Staatsfeinden“, das aktuell aus Nordrhein-Westfalen zu vernehmen ist, kaum mehr zu erklären. Sowohl der Verfassungsschutz als auch der Innenminister machen auf durchschaubare Weise gegen jene mobil, die es wagen, das aktuelle Politikversagen allzu harsch zu kritisieren.

Ein Kommentar von Vanessa Renner

So beklagte eine Sprecherin des NRW-Innenministerium gegenüber dem WDR, dass Teile der „Corona-Protestszene“ auf neue Themen wie den Ukraine-Krieg oder steigende Preise „wechseln“ würden. „Die ‚Neuen Staatsfeinde‘ greifen als demokratiefeindliche und sicherheitsgefährdende Delegitimierer des Staates damit alle Themen auf, die sich in irgendeiner Form gegen den Staat, seine Regierenden und staatliche Maßnahmen richten, der Staat und seine Repräsentanten werden als ‚Schuldige‘ gebrandmarkt.“ Innenminister Herbert Reul (CDU) bediente sich derselben Wortwahl und behauptete: „Es geht jetzt nicht mehr um Protestler, sondern es geht fast um so was wie neue Staatsfeinde, die sich da etablieren.“

Im Kern habe der Verfassungsschutz aktuell rund 20 Personen aus der ominösen Staatsfeinde-Szene im Blick, so heißt es. Die wechseln allerdings lustig: „Manche fallen raus, andere kommen hinzu.“ Vielleicht werden die Namen täglich neu gezogen – ganz so wie die Lotto-Zahlen. Man weiß es nicht. Denn konkrete Informationen gibt es nicht. Sobald von „Teilen der Corona-Protestszene“ fabuliert wird, wird überdeutlich, dass von mehr als 20 Personen die Rede ist – denn das Protestgeschehen war zwischenzeitlich gewaltig. Wie glaubhaft sind da die Behauptungen, man werde schon unterscheiden, wer nur von seinem Demonstrationsrecht Gebrauch mache?

Das Einzige, womit deutsche Regierende spätestens seit der sogenannten Pandemie glänzen, sind Pauschalverurteilungen von kritischen Bürgern. Kann man Warnungen vor immer „neuen Staatsfeinden“ da ernst nehmen? Waren Sie auf maßnahmenkritischen Demonstrationen? Haben Sie dort Horden von gewalttätigen Hooligans vorgefunden, die Anarchie forderten? Wir nicht. Im Gegenteil. Die Teilnehmer einte der Wunsch, wieder in Frieden leben zu können. Wenn einzelne Demonstranten tatsächlich mit Gewaltbereitschaft auffielen, so ist das zu verurteilen – aber bei Weitem kein Grund, mehrheitlich friedliche Proteste zu diffamieren.

Das angebliche Ziel der neuen „Extremisten“ (über die natürlich vorzugsweise sogenannte „Rechtsextremismusforscher“ referieren dürfen) soll auch dieses Mal sein: Der Umsturz der Demokratie. Die Ministeriumssprecherin war unfähig, eine verbindende Ideologie hinter den neuen Staatsfeinden auszumachen, aber die Szene sei geeint durch die „Verachtung des demokratischen Rechtsstaates und seiner Repräsentanten“. Angestrebt werde ein „Systemwechsel“. Bei so viel Einbildung möchte man glatt einen Arztbesuch empfehlen: Wer fordert denn seit mehr als zwei Jahren die Rückkehr zum demokratischen Rechtsstaat und die Wiederherstellung aller Grundrechte? Wer fordert „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“ – aka: Demokratie?

Und wer entlarvt sich, indem er Menschen, die friedlich gegen politische Missstände (egal welcher Art) protestieren und ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen, als „Staatsfeinde“ bezeichnet? Wenn Menschen sich „Demokratie“ wünschen und Innenministerium und Verfassungsschutz hier Forderungen nach einem „Systemwechsel“ wittern – was sagt das über das geltende System in Deutschland aus?

Während manch ein Experte, der zu Wort kommt, zurecht anmerkt, dass die ewigen Pauschalverurteilungen erst eine Grundlage für eine Radikalisierung einzelner Bürger bilden, dürften derartige Warnungen bei großen Teilen der Regierenden ungehört verhallen. Zuzugeben, dass die eigene Politik aktuell Millionen Menschen in den Ruin treibt, will keiner. Mit Behauptungen, dass Wladimir Putin an allem schuld sei, macht man sich am Ende aber nur lächerlich – und ist entsprechend selbst dafür verantwortlich, wenn das Volk beginnt, die Eignung für das entsprechende politische Amt infrage zu stellen.

Wer auf einer friedlichen Demonstration die Absetzung von Politikern fordert, die ihren Eid, Schaden vom Volk abzuwenden, verraten, fordert noch lange keinen gewaltsamen Umsturz oder die Abschaffung der Demokratie. Er fordert lediglich, dass die Volksvertreter wieder ihren Arbeitsauftrag erfüllen. Und das ist das gute Recht jedes Bürgers. Nichts davon macht ihn zum „Staatsfeind“.

Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende!

Informationen abseits des Mainstreams werden online mehr denn je bekämpft. Um schnell und zensursicher informiert zu bleiben, folgen Sie uns auf Telegram oder abonnieren Sie unseren Newsletter! Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, freuen wir uns außerdem sehr über Ihre Unterstützung.

Unterstützen Sie Report24 via Paypal: