Nach Kurz-Falschaussagen: Sobotka stellt Wahrheitspflicht in Frage

Foto v. Wolfgang Sobotka: Michael Kranewitter - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 at, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26264385

Die „neue ÖVP“ ist zumindest eines: Konsequent. Der „neue Stil“ wird durchgezogen, koste es was es wolle. Message Control, leugnen, Nebelgranaten zünden, Medien kaufen. Das Repertoire der Türkisen ist lang, wenn man nicht erwischt werden will. Zumindest theoretisch erwischt wurde Noch-Bundeskanzler Kurz (ÖVP) bereits zweimal wegen mutmaßlicher Falschaussage im U-Ausschuss. Mutmaßlich, weil er noch nicht verurteilt wurde – die anzeigenden Parlamentarier sind sich sicher. Just in diesem Moment will Nationalratspräsident Sobotka (ÖVP) die Wahrheitspflicht abschaffen.

Ein Kommentar von Willi Huber

Alleine das Ansinnen, die Wahrheitspflicht in Untersuchungsausschüssen abzuschaffen, müsste bei jedem gesetzestreuen Österreicher alle Alarmglocken läuten. Doch Nationalratspräsident Sobotka hat mit solchen Überlegungen kein Problem. Beobachter sind sicher: Das hat mit den zweimaligen Falschaussagen von Noch-Bundeskanzler Sebastian Kurz zu tun. Zunächst soll Kurz gelogen haben, was die Anzahl seiner E-Mail Adressen betrifft. Denn Mailadressen über die – wenn auch nur teilweise – dienstliche Kommunikation eines Bundeskanzlers läuft, müssen offengelegt und archiviert werden. Dann soll Kurz gelogen haben, was die Bestellung von „Penisgate“ ÖBAG Chef Schmid betrifft. Obwohl für Kurz wie für jeden anderen Staatsbürger zunächst die Unschuldsvermutung gilt, sind Parlamentarier wie NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter sicher: Er hat die Unwahrheit gesagt. Und darauf stehen laut Strafgesetzbuch §288, bis zu drei Jahre Haft.

Will Sobotka angezeigte ÖVP-Politiker retten?

In dieser Situation, wo zahlreiche Anzeigen gegen Kurz bei der Staatsanwaltschaft eingegangen sind, kommt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die vermeintlich rettende Idee. Man könne doch auf die Wahrheitspflicht in Untersuchungsausschüssen verzichten. Diese wäre ein Problem, weil die Auskunftspersonen in großer Sorge wären, etwas Falsches zu sagen. Als vorgeschobener Grund musste die Ausrede dienen, dass sich Auskunftspersonen, gegen die parallel ein Strafverfahren läuft, der Aussage vollständig entschlagen können.

Wem kann Genehmigung zu straffreiem Lügen nutzen?

Das ist eine interessante Überlegung. Hält Sobotka Auskunftspersonen, die das Blaue vom Himmel lügen, für sinnvoller? Denn auch ohne Wahrheitspflicht würde sich wohl kaum jemand selbst belasten wollen, gegen den ein Verfahren läuft. Die Wahrheitspflicht abzuschaffen hat nur einen Zweck: Die Wahrheit vor dem Untersuchungsausschuss abzuschaffen.

Opposition entsetzt bis wütend

Die Oppositionsparteien reagierten wütend bis entsetzt. Die SPÖ konstatierte nachvollziehbar, dass Sobotka wohl ein Problem mit der Wahrheit habe. Die NEOS hielten den Vorschlag für „bezeichnend“. Denn Sorge müssten nur Auskunftspersonen haben, die wissentlich die Unwahrheit sagen. Vielmehr fordern die NEOS endlich gewissenhafte rechtliche Verfolgung all jener, die vor U-Ausschüssen gelogen haben. Und die FPÖ deklarierte den Vorschlag als „wahnwitzig“ und dazu geeignet, „Lügen in U-Ausschüssen zu legalisieren“.

Für alle genannten gilt bis zu einer rechtsgültigen Verurteilung die Unschuldsvermutung. Zudem die Unmutsverschuldung und die Ungustlvermutung.

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