Abgeordnete sehen weitere Falschaussage belegt. Folgt nun Kurz-Rücktritt?

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NEOS Abgeordneter und Ex-Journaliste Helmut Brandstätter ist sicher: SMS-Verkehr beweist, dass Sebastian Kurz und Gernot Blümel mit Thomas Schmid den Chefposten der ÖBAG ausgehandelt haben. Alle drei hätten diesbezüglich vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss gelogen. Darauf stehen laut Strafgesetzbuch bis zu drei Jahre Haft. Bei Kurz ist das nun schon die zweite Falschaussage. Wer zeigt an, wer erhebt Anklage?

Zunächst konnte Kurz durch die Aussage seiner Büroleiterin nachgewiesen werden, dass er bei der Anzahl seiner E-Mailadressen nicht die Wahrheit gesagt hatte. Report24 berichtete. Damals erhob niemand Anklage, was merkwürdig und rechtsstaatlich bedenklich genug ist. Vielleicht wollten die Zuständigen aber auch auf das Ende des Untersuchungsausschusses warten. Mit der zweiten Falschaussage vor ebendiesem Ausschuss wird es nun aber noch enger.

Aus den SMS soll unmissverständlich hervorgehen, dass Sebastian Kurz und Gernot Blümel mit Thomas Schmid den Chefposten in der ÖBAG vorab vereinbarten. Wenn dies zutrifft, wurde vor dem Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt und das ist Strafbar. In einer der SMS soll Kurz an Schmid übermittelt haben „Kriegest eh alles was du willst“. Blümel an Schmid: „Du bist Familie“. Ein Schelm, wer dabei an die ehrenwerte Gesellschaft denkt.

Die Falschaussagen – und dass es solche sind, davon ist man zumindest bei den NEOS überzeugt („korruptes System Kurz belegt“) und auch die SPÖ („Blümel muss zurücktreten“) und die FPÖ („Rücktritte unumgänglich“) üben scharfe Kritik – sind dem Paragraphen 288 des Strafgesetzbuchs „Falsche Beweisaussage“ unterworfen:

(1) Wer vor Gericht als Zeuge oder, soweit er nicht zugleich Partei ist, als Auskunftsperson bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch aussagt oder als Sachverständiger einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten erstattet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) Nach den Abs. 1 und 2 ist auch zu bestrafen, wer eine der dort genannten Handlungen im Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates oder einer Disziplinarbehörde des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde begeht.

Strafgesetzbuch, §288

Sebastian Kurz zum Thema vor dem U-Ausschuss

Nachfolgend zitieren wir wörtlich aus dem öffentlich zugänglichen Protokoll der Befragung von Sebastian Kurz vor dem Untersuchungsausschuss.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Ich möchte Ihnen die nächste Frage stellen:
Thomas Schmid, was ist der für Sie? Thomas Schmid.

Sebastian Kurz: Was meinen Sie mit: „was ist der für Sie“?

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Ist es ein Mitarbeiter, ein Freund, ein
Bekannter, ein Parteifreund? Wie würden Sie ihn aus Ihrer Sicht beurteilen?

Sebastian Kurz: Ich kenne ihn seit ungefähr zehn Jahren in unterschiedlichen Funktionen – ich
war Staatssekretär, Außenminister, Bundeskanzler; er war Pressesprecher, Kabinettschef,
Generalsekretär –, und wir haben immer gut zusammengearbeitet, in einer freundschaftlichen
Art und Weise, wie ich das mit vielen in der Volkspartei und darüber hinaus pflege – jetzt nicht
gerade wir beide, aber sozusagen sonst mit vielen im politischen Bereich. Ich bin weder mit ihm
in die Schule gegangen, noch ist er ein Jugendfreund, noch fahren wir gemeinsam auf Urlaub,
aber ich würde sagen, wir haben immer freundschaftlich gut zusammengearbeitet.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Er war Generalsekretär im
Finanzministerium und sollte Chef der Öbag werden. – Fanden Sie diese Idee gut?

Sebastian Kurz: Ich halte ihn für qualifiziert.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Ist die Planung, dass er Chef der Öbag
wird, von Ihnen? Von wem ist das ausgegangen?

Sebastian Kurz: Von mir ist das nicht ausgegangen, aber soweit ich mich erinnern kann, hat er
mich irgendwann davon informiert, dass er sich bewerben wird. Es war auch in den Medien ein
Thema.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er Ihnen
gesagt hat: Ich möchte mich für diesen ausgeschriebenen Posten bewerben!, haben Sie mit ihm
nie darüber gesprochen, dass er das werden könnte?

Sebastian Kurz: Nein, es war allgemein bekannt, dass ihn das grundsätzlich interessiert, und
es war sicherlich auch so, dass immer wieder davon gesprochen wurde, dass er ein potenziell
qualifizierter Kandidat wäre.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Kanzler! Aber zum Thema:
Haben Sie auf die Bestellung Schmids zum Vorstand der Öbag Einfluss genommen oder
zumindest versucht, auf die Bestellung Einfluss zu nehmen?

Sebastian Kurz: Die Entscheidung über die Bestellung liegt beim Aufsichtsrat. Der
Aufsichtsrat hat diese Entscheidung getroffen; und ich habe vorher schon beantwortet, dass ich
den Thomas Schmid für qualifiziert erachte und dass ich auch informiert war, dass er sich
bewirbt, und dass ich danach informiert wurde, dass die Bewerbung gut gemacht wurde und er
auch bestellt wurde.

(…)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auch auf den Aufsichtsrat kann man Einfluss
nehmen. Demnach: Beantworten Sie bitte meine Frage, ob Sie versucht haben, auf die
Bestellung Einfluss zu nehmen!

Sebastian Kurz: Ich habe nicht den Aufsichtsrat beeinflusst. Der Aufsichtsrat ist in seiner
Entscheidung frei

(…)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Waren Sie an Gesprächen beteiligt, dass Herr Schmid da der Alleinvorstand werden soll?

Sebastian Kurz: Ich habe vorhin schon beantwortet, dass ich gewusst habe, dass er sich bewirbt, das war auch medienöffentlich. Ich habe immer gewusst, dass er ein potenzieller Kandidat ist, aber ich habe die Entscheidung nicht getroffen, sondern die Entscheidung hat der Aufsichtsrat getroffen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Waren Sie im Vorfeld eingebunden?

Sebastian Kurz: Eingebunden im Sinne von informiert, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie sich für ihn eingesetzt?

Sebastian Kurz: Ich habe ihn immer für qualifiziert erachtet. Ich weiß nicht mehr, ob mich jemand um meine Meinung gefragt hat, aber hätte mich jemand um meine Meinung gefragt, hätte ich gesagt, dass ich ihn für qualifiziert halte. Die Entscheidung obliegt aber nicht dem Bundeskanzler.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie sich für ihn eingesetzt?

Sebastian Kurz: Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich für ihn eingesetzt habe, aber ich habe ihn für qualifiziert gehalten. Und ja, ich respektiere auch diese Entscheidung.

Und hier die Aussagen von Gernot Blümel, ebenso öffentlich zugänglich:

Verfahrensrichterin Dr. Ilse Huber: Im Zusammenhang mit Ihrer eben geschilderten
Funktion wird hier natürlich auch interessieren, wie es innerhalb der Öbag zur Postenvergabe
kam, insbesondere hinsichtlich der gestern befragten Auskunftsperson Schmid. Haben Sie dazu
irgendwelche Wahrnehmungen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Nun, was die Vorstandsbestellung in der Öbag betrifft, so ist das
ja auch klar geregelt, dass das eine Aufgabe des Aufsichtsrates der Öbag ist. Ich war ja lediglich
im Nominierungskomitee der Öbib dabei, und insofern ist auch das nicht in meinen
Zuständigkeitsbereich gefallen

(…)

Mag. Gernot Blümel, MBA: Die Entscheidung für den Vorstand der Öbag trifft der
Aufsichtsrat, und die Kompetenzen sind auch in den Statuten in der Geschäftsordnung im
Gesetz festgelegt, und ich habe keine Zweifel an der Entscheidung des Aufsichtsrates.
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Wissen Sie vom Vorgang, dass sich Herr
Schmid seinen Aufsichtsrat sozusagen selbst ausgesucht hat? (Verfahrensrichterin Huber: Die
nächste Unterstellung!)

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich verstehe nicht, was Sie meinen.
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Im Vorfeld, also als die Öbag gebildet
wurde, musste man sich an Herrn Schmid wenden, wenn man Aufsichtsratsmitglied werden
wollte. Wussten Sie das?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ist das so?

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Das haben wir gestern mit einem
Dokument nachgewiesen.

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