Die Stimmung dreht sich, große Teile des Westens kehren zur Vernunft zurück – selbst US-Präsident Joe Biden gab nun zu, dass der Krieg nur durch eine Verhandlungslösung beendet werden kann. Allein in Deutschland bestimmen weiterhin die Kriegs- und Preistreiber die Debatte, kritisierte gestern Oskar Lafontaine in einem Facebook-Beitrag. Im März ist er aus der Partei “Die Linke” ausgetreten – auch, weil dort eine auf Frieden ausgerichtete Außenpolitik nicht mehr im Fokus steht. Für Lafontaine steht fest: Ein Krieg gegen die Atommacht Russland kann eben nicht gewonnen werden. Das sollte auch bei deutschen Politikern und Journalisten endlich ankommen.
Den vollständigen Kommentar von Oskar Lafontaine lesen Sie hier oder auf Facebook:
Die Ukraine muss den Krieg gewinnen …
Viele Politiker und Journalisten in Deutschland fordern lautstark: Die Ukraine muss den Krieg gewinnen. Was sie damit genau meinen, sagen sie nicht. Wahrscheinlich soll das heißen, die Ukraine müsse den Donbass und die Krim mit Panzern und Haubitzen zurückerobern. Immerhin weigert sich Olaf Scholz bisher, diesen Blödsinn nachzuplappern.
Was die Schreibtischkrieger nicht begreifen wollen: Russland ist eine Atommacht. Und gegen eine Atommacht kann man nicht gewinnen. Man kann sie in eine ausweglose Situation bringen und dadurch einen Atomkrieg riskieren. Vor einer solchen Situation aber hatte schon US-Präsident Kennedy in der Kuba-Krise 1962 gewarnt.
Gott sei Dank, beginnen immer mehr Politiker und Journalisten in den USA einzusehen, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen ist. Zu den prominentesten Stimmen gehört Henry Kissinger, der der Ukraine rät, Gebiete an Russland abzutreten, um den Krieg zu beenden. Gleichzeitig warnt er vor einer demütigenden Niederlage Russlands. Ins gleiche Horn stößt die New York Times: „Es liegt nicht in Amerikas Interesse, sich in einen totalen Krieg mit Russland zu stürzen, auch wenn ein Verhandlungsfrieden der Ukraine einige harte Entscheidungen abverlangen könnte.“
Solche Sätze hätte man gerne gestern im Deutschen Bundestag gehört. Aber solange die grünen Kriegs- und Preistreiber die Debatte dominieren und von Blackrock-Merz unterstützt werden (Blackrock hat Rüstungsaktien im Portfolio, deren Kurse steigen), geht das Morden in der Ukraine weiter. Und in der Dritten Welt verhungern die Menschen, weil der Weizenexport blockiert wird. Und in Deutschland werden Geringverdiener und Rentner ärmer und die auf preiswerte Energie angewiesene deutsche Wirtschaft verliert ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Jetzt fordert auch Biden nicht mehr den Sieg der Ukraine, sondern sagt, wie die „Putin-Versteher“, dass der Krieg nur durch eine Verhandlungslösung beendet werden kann („will only definitively end through diplomacy“). Ob Biden nur verbal auf den Stimmungswechsel in den USA reagiert, während er in Wirklichkeit noch lange Krieg führen und US-Waffen in Europa und teures Fracking-Gas verkaufen will, wird sich zeigen. Es wird höchste Zeit, dass auch Politiker und Journalisten in Deutschland diese in den USA geführte Diskussion aufgreifen, ihr kriegshetzerisches Geschwätz beenden und auf einen Verhandlungsfrieden hinarbeiten.