Großbritanniens Einfluss auf den Ukraine-Krieg geht weit über öffentliche Solidaritätsbekundungen hinaus. Militärchefs aus London agierten als strategische Architekten der ukrainischen Gegenoffensive im Frühjahr 2023 – eine Rolle, die bis jetzt weitgehend verborgen blieb. Hinter dem Codenamen „Wallace“, benannt nach dem damaligen Verteidigungsminister Ben Wallace, verbirgt sich nicht nur britisches Kriegsgerät, sondern auch entscheidende Beratung in Taktik, Logistik und Diplomatie.
Drei britische Spitzenmilitärs bestimmten maßgeblich die Richtung der ukrainischen Offensive: Admiral Sir Tony Radakin, Generalleutnant Roly Walker und Generalleutnant Charlie Stickland. Ihre Koordination mit ukrainischen und amerikanischen Partnern war entscheidend, vor allem als die Spannungen zwischen Washington und Kiew im Sommer 2023 gefährlich eskalierten. Radakin vermittelte zwischen den Fronten und reiste sogar persönlich nach Kiew, um die Situation zu deeskalieren. Dies geht aus einem ausführlichen Artikel der britischen Times hervor.
Strategien, Zweifel und Druck
Die Briten setzten auf die Strategie „Starve, Stretch and Strike“: Nachschublinien schwächen, die Front ausdehnen und gezielte Durchbrüche erzielen. Doch die ukrainische Armeeführung entschied sich gegen diese Empfehlung – ein Schritt, der bei den Amerikanern für Frust sorgte. Diese drängten auf schnelleres Vorgehen, unterschätzten jedoch die russischen Minenfelder und die Herausforderungen eines modernen Stellungskriegs.
Verborgene Missionen
Schon vor Kriegsbeginn 2022 hatte General Jim Hockenhull Verbindungen zu ukrainischen Militärs aufgebaut. Als Chef des britischen Nachrichtendienstes brachte er wertvolle Informationen in die Offensive ein. Gleichzeitig waren britische Soldaten verdeckt vor Ort, um mit Waffen wie den Storm-Shadow-Marschflugkörpern zu unterstützen. Somit ist festzuhalten, dass Großbritannien im Ukraine-Krieg nicht nur passiv Waffen lieferte, sondern
- mit hochrangigem Militärpersonal direkt in Kiew präsent war, wenn es kritisch wurde
- zwischen zerstrittenen Alliierten moderierte, um das westliche Bündnis zusammenzuhalten
- maßgeblichen Einfluss auf Kriegsentscheidungen hatte, teilweise stärker als öffentlich bekannt
Frieden war nicht gewünscht
Bereits im Frühjahr 2022, wenige Wochen nach Kriegsbeginn, gab es Anzeichen für eine mögliche Verhandlungslösung zwischen Russland und der Ukraine. Inoffizielle Gespräche in Istanbul deuteten auf ein Kompromisspapier hin, das eine Neutralität der Ukraine gegen Sicherheitsgarantien beinhaltete. Doch laut übereinstimmenden Berichten – unter anderem aus ukrainischen Regierungskreisen – soll der damalige britische Premier Boris Johnson bei einem unangekündigten Besuch in Kiew im April 2022 eindringlich davon abgeraten haben. Eine Einigung mit Putin sei nicht möglich, und der Westen werde die Ukraine „so lange wie nötig“ unterstützen. Damit habe Großbritannien, so Kritiker, einen frühen Frieden verhindert – aus strategischem Kalkül.
Risse im westlichen Bündnis
Im August 2023 führte Radakin ein geheimes Treffen mit US- und ukrainischen Militärführern an der Grenze zu Polen an. Ziel war es, das bröckelnde Vertrauen wiederherzustellen. Die USA hielten sich zunehmend zurück, während Großbritannien – gemeinsam mit Frankreich – in die Lücke sprang und sogar Pläne für eine mögliche „Reassurance Force“ nach einem Waffenstillstand schmiedete.
Militärische Präsenz vor und nach Kriegsbeginn
Im Rahmen der Operation Orbital waren britische Truppen bereits seit 2015 in der Ukraine, um ukrainische Soldaten auszubilden. Diese Mission wurde im Februar 2022 kurz vor der russischen Invasion offiziell beendet und die Soldaten abgezogen. Später wurden wieder britische Truppen in geheimer Mission entsandt: Ab 2022 waren britische Soldaten vor Ort, um ukrainische Rekruten an NLAW-Panzerabwehrraketen auszubilden. Ab 2023 wurden ukrainische Flugzeuge vor Ort mit Storm-Shadow- Marschflugkörpern ausgestattet und ukrainische Piloten auf diese Waffensysteme geschult. Diese Einsätze fanden teilweise in Zivilkleidung statt, um keine Eskalation mit Russland zu provozieren.
Folgen für Großbritannien nicht klar abschätzbar
Je länger der Krieg dauert, desto tiefer verstrickt sich London darin. Stimmen aus dem Verteidigungsapparat warnen vor einer „unklaren Mission“ mit offenem Ende. Ex-Militärattaché John Foreman fordert eine politische Klärung: Was ist das Ziel britischen Engagements? Was passiert, wenn Soldaten sterben? Der Krieg könnte für Großbritannien zu einer Falle werden, aus der es keinen einfachen Rückzug gibt.