Am 26. Januar soll erstmals im Bundestag über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht in Deutschland diskutiert werden. Kritiker warnen, dass die Maßnahme schon bald beschlossen werden könnte – sofern der Widerstand in der Bevölkerung nicht wächst.
Eine Kolumne* von Holger W. Sitter
Die österreichische Bundesregierung hat am Sonntag ihren Gesetzentwurf für die Impfpflicht in präzisierter Fassung vorgelegt. Demnach soll die Corona-Impfpflicht nicht – wie noch im November angekündigt – für alle Personen ab 14 Jahren, sondern nur noch für Erwachsene ab 18 Jahren gelten. In Deutschland ist man noch nicht soweit. Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff geht es nicht schnell genug: Eine Regierung, die die Verantwortung für die Menschen in diesem Land hat, habe „ein Gesetz zur Impfpflicht auf den Tisch zu legen und nicht nur Formulierungshilfen für Gruppenanträge“, sagte er verärgert dem Magazin ‚Cicero‘.
Doch die SPD um „Panikminister“ Lauterbach will in Kürze schon liefern. Hinter den Kulissen basteln sie längst an einem „wasserdichten“ Gesetzentwurf zur Impfpflicht für alle. Am 26. Januar soll das dann im Bundestag debattiert werden. „Diskutiert“ wird das wohl insbesondere von der AfD, die sich heldenhaft in ein längst verlorenes Gefecht stürzt und selbst übelste Ausgrenzung dabei erfährt. Die Zustimmung der anderen Parteien gilt bereits im Vorfeld als sicher. Gewissen war gestern – Verrat ist heute!
Die Haltung der Grünen wurde ausgerechnet von dem sonst so besonnenen Boris Palmer knallhart auf den Punkt gebracht: „Egal, wenn das Bundesverfassungsgericht die lmpfpflicht nach 6 Monaten kippt, solange in der Zwischenzeit alle geimpft wurden. Wenn die Leute wüssten, es kostet 5.000 Euro Strafe, wenn man ungeimpft ist, hätten wir in 4 Wochen eine lmpfquote von 98 Prozent. Um die übrigen 2 Prozent können wir uns dann in Ruhe kümmern“. Zynischer geht’s kaum. So ist sie eben, die neue Politikerkaste! Ein im Netz kursierender Schnipsel eines Mitschnitts von Lauterbach im Bundesrat zeigt schonungslos auf, dass die Politik es nicht zulassen wird, dass Omicron die Pandemie beendet.
Kritische Stimmen mehren sich
Sie demaskieren sich für jeden, der hinschaut. Aber nicht jeder, der Zweifel an staatlichen Maßnahmen hat, ist gleich „ein verkappter Staatsfeind“. Vor allem die Tatsache, dass die herbeifabulierte Wirkung der Impfung nach nur wenigen Monaten gen Null abnimmt und eine allgemeine Impfpflicht eine ständige Auffrischungsimpfung alle paar Monate bedeutet, ist ein nicht ganz zu unterschätzender Aspekt in dieser Debatte: Die Begründungsschiene für eine Impfpflicht ist Haseloff zufolge „medizinisch nicht mehr ganz durchgängig für die gesamte Bevölkerung aufrecht zu halten“.
Längst nicht alle Politiker stimmen in den Lauterbach’schen Jubelgesang mit ein. Innerhalb der FDP ringt man mit der Impfpflicht. Gerade Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki spricht sich weiterhin klar gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht aus. SPD-Vize Thomas Kutschaty hingegen spricht sich dafür aus, dass die Entscheidung für oder gegen eine Impfpflicht „aus der Mitte des Parlaments“ getroffen werden soll. Es sei gut, wenn das Parlament schon im Entstehungsprozess die Verantwortung übernehme.
Der Bürger wird so enteiert und kann Art. 2 seines Grundgesetzes (körperliche Unversehrtheit) lediglich noch als Butterbrotpapier benutzen. Millionen Menschen würde damit ihre „Autonomie“ genommen. „Die Impfung ist ein rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff“, sagt Udo Di Fabio, früherer Richter am Bundesverfassungsgericht und weist für eine so schwerwiegende Entscheidung auf das Vorlegen „legitimer Gründe“ hin. Der Staat brauche deshalb verdammt „gute Gründe“. Dazu kommt, dass die von Bundeskanzler Scholz ausgegebene Impfquote von 80 % mit fast 75 % beinahe erreicht ist. Will man also wirklich zur Rechtfertigung eines solchen Zwangseingriffs für die fehlenden 5 % den Unfrieden in weiten Teilen des Volkes riskieren? Die zunehmenden Menschenmengen auf den Straßen im ganzen Land deuten bereits an, dass die Stimmung „pro Impfzwang“ mehr und mehr kippt.
Über Grundrechte wird auf Websites von Behörden entschieden
Währenddessen hat Norbert Kleinwächter, der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, die neue COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und die Verkürzung des Zeitraums, in dem ehemals an Corona Erkrankte als genesen gelten, scharf kritisiert. Denn erstmals werden die Bedingungen für einen Genesenen- oder Impfstatus – mithin also die Bedingungen für den Genuss gewisser Grundrechte – nicht mehr in der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung selbst, sondern auf Webseiten des Paul-Ehrlich-Instituts sowie des RKI definiert, auf welche die Verordnung lediglich verweist. Die Verkürzung des Zeitraums, in dem ein ehemals Erkrankter als genesen gilt, wird per Internetseite von ehemals 180 auf 90 Tage verkürzt (Report24 berichtete). Noch am Tage vor der Abstimmung des Bundestages war die betreffende Internetseite nicht erreichbar. Ein weiterer unhaltbarer Vorgang.
Grundrechte werden den Menschen entzogen, doch dafür zeichnet nicht der Bundestag und auch kein Minister per Verordnung mehr verantwortlich, sondern die Internetseite einer Behörde, deren Inhalt den meisten Bundestagsabgeordneten bei Abstimmung über die Änderung nicht einmal vorlag. Der Bundestag beschließt Formen ohne Inhalte, die per Knopfdruck geändert werden können: Das soziale Leben der Menschen und oftmals auch die berufliche Zukunft hängen am seidenen Faden einer Internetseite.
Die Verkürzung des Genesenenzeitraums widerspricht allen vorliegenden Studien zur natürlichen Immunität und dient lediglich dazu, Menschen zur Impfung zu erpressen. Nicht eine Verkürzung des Zeitraums auf 90 Tage wäre sachgerecht, sondern eine vollumfängliche Anerkennung der oftmals überlegenen natürlichen Immunität bei der Anamnese vor einer Impfung. Unsere Grundrechte dürfen nicht von der Internetseite einer Behörde abhängen, sondern stehen jedem zu. Daher müssten alle Regeln um 2G, 2Gplus und 3G sowie die Verbote sozialer Betätigung sofort aufgehoben werden. Aber wer hört schon im Rausch der kollektiven Machtergreifung auf einsame Rufer? Man kann alles maximal etwas verzögern – verhindern kann man es nicht. Der Plan steht ja lange schon fest.
* Die Meinung von Gastautoren muss nicht der Blattlinie oder Meinung der Redaktion von Report24 entsprechen.
Über Holger W. Sitter
Holger W. Sitter war schon immer ein den Worten verpflichteter Freigeist. Schon 1987 übernahm er eine „linkskonservative“ Zeitung als Chefredakteur praktisch aus dem Nichts. „Mach es doch besser“, wurde dem Nörgler ans Herz gelegt und er tat, wie ihm geheißen. Seine klassische Ausbildung machte er dann Anfang der 90er bei der WAZ in Essen und Dortmund, begleitete dann viele Jahre seinen Lieblingsverein in Sport-Kolumnen für die Westfälische Rundschau und gründete 2003 das Magazin „Gib mich die Kirsche“, das er dreizehn Jahre als Chefredakteur führte. Dann kam die Politik und holte ihn zurück – zuerst nach Düsseldorf, dann nach Berlin. Dort macht er nicht nur mit, sondern mischt sich ein. Für Report24 schreibt er jetzt mit Beginn der 20. Wahlperiode über Lach- und Sachgeschichten rund um den Bundestag.
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