Digitale Identität: Wird Handysignatur ab morgen durch umstrittene ID Austria ersetzt?

Symbolbild: Digitale Signatur (C) Report24.news

Auf zahlreichen Homepages, darunter jene der Krankenkasse und die von sehr vielen Steuerberatern, ist die Information zu finden, dass die bisherige „Handysignatur“ in Österreich mit Datum von morgen ausläuft. Danach wäre verpflichtend die ID Austria-Signatur einzusetzen, wenn man gewisse Dienste weiterhin nutzen möchte. Anderswo ist davon zu lesen, dass man die alte Signatur nur noch bis morgen für fünf Jahre verlängern könne. Auch der weniger problematische Basisdienst „Basis ID Austria“ kann nur dann für fünf Jahre Übergangsfrist genutzt werden, wenn er vor dem Stichtag verlängert wird. ID Austria steht bei Datenschützern unter massiver Kritik.

Bei vielen Steuerberatern als auch bei der Gesundheitskasse kann man nachlesen, dass die bisherige Handy-Signatur in Österreich ab dem 1. Juli 2023 durch die ID Austria abgelöst wird. Wer eine Handy-Signatur habe, werde dann auf den Dienst Basis ID Austria umgestellt, welcher vom Funktionsumfang her der alten Signatur entspricht. Er kann aber nicht mehr verlängert werden. Mit Ablauf der Handy-Signatur oder der Basis ID müsse in jedem Fall auf die Vollversion „Full ID Austria“ umgestellt werden, welche von Datenschützern heftig kritisiert und bekämpft wird.

Sicherheitshalber jetzt verlängern – letzte Möglichkeit 30. Juni?

Es ist nicht restlos geklärt, ob die Möglichkeit der Verlängerung nun mit morgen abgeschaltet wird oder nicht (die WKO geht z.B. fix davon aus). Deshalb empfehlen wir unseren Lesern in Österreich, von ihrer Möglichkeit online Gebrauch zu machen. Sie müssen dazu nur Google benutzen: „Handy Signatur Verlängern“ und finden die für Sie relevanten Seiten und Angebote. Wer sich genauer über den Sachverhalt informieren möchte, ist dazu eingeladen, den gesamten nachfolgenden Text zu lesen (und weiterzuleiten).

Die fünfjährige Nutzungsdauer der Handy-Signatur wird bei der Aufwertung zur Basis ID Austria nicht automatisch verlängert. Das Handy-Signatur-Zertifikat sollte deshalb vor der Aufwertung überprüft und gegebenenfalls verlängert werden: www.handy-signatur.at/Aktivierung/Selbst/Handy/Verlaengerung.aspx

Nach Ablauf des Zertifikats kann die Basis ID Austria nicht verlängert werden. Es ist ein Umstieg – Aufwertung oder Neuausstellung – auf die Full ID Austria notwendig.

Gesundheitskasse

ID AUSTRIA LÖST AB 1.7.2023 DIE HANDY-SIGNATUR AB

Die Umstellung von der Handy-Signatur auf die ID Austria ist für Dienstgeber sowie Vertretungsberechtigte von Unternehmen (Geschäftsführer, Steuerberater, u.ä.), die bisher das Unternehmensserviceportal genutzt haben, erforderlich. Nur damit können relevante e-Services der ÖGK wie WEBEKU, ELDA oder die e-Zustellung weiterhin in Anspruch genommen werden. Dieser neue elektronische Identitätsnachweis bietet Zugang zum gesamten Angebot an digitalen Services der Sozialversicherung, Verwaltung und Wirtschaft. Wir haben für Sie zusammengefasst, wie der Umstieg auf die ID Austria funktioniert.

Information durch Steuerberater

A-Trust dementiert Umstellung mit 1.7.

Nachdem in den Systemmedien zum Sachverhalt ohrenbetäubendes Schweigen herrscht, hat Report24 direkt beim Zertifizierungsunternehmen A-Trust angerufen und gegen 9:00 Uhr von einem Herrn B. (Name der Redaktion bekannt) folgende Auskunft erhalten: Die Umstellung findet nicht wie geplant statt, da das volle Zertifikat noch in der Testphase ist und nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnte. Eine Verlängerung der alten Zertifikate sei deshalb auch noch problemlos möglich.

Aussendungen und Ankündigungen von März 2023

Tatsächlich dürfte man sich um eine weitere Blamage der Bundesregierung herum ausschweigen. Denn im März 2023 war die Umstellung angekündigt und auch in Systemmedien diskutiert worden.

Der neue Service soll Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit bieten, sich auf digitalem Weg gegenüber Behörden, aber auch privaten Anbietern auszuweisen. Während die Handysignatur zum Beispiel für den Log-in bei Diensten wie Finanz Online oder dem Digitalen Amt genutzt werden kann, handelt es sich bei der ID Austria um eine „digitale Identität“, teilt das Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf STANDARD-Anfrage mit. 

DerStandard, 15. März 2023

Dass man diesen Termin wie schon so viele in den letzten Wahnsinns-Jahren der ÖVP-Grünen Regierung nicht einhalten kann, ist eine Riesenblamage, die nahtlos an Kaufhaus Österreich, Contact-Tracing App und elektronischen Impfpass anschließt. Hinzu kommt, dass das Projekt ohnehin schon um drei Jahre verspätet ist. Diese Regierung kann es einfach nicht – ganz egal, was sie ankündigt. Die Beauftragung fand übrigens unter ÖVP-Ministerin Schramböck (Kaufhaus Österreich) statt, der Rechnungshof kritisierte bereits merkwürdige Prozesse im Umfeld wie 52.000 Euro für einen Kommunikationsberater.

Heute ist dafür Staatssekretär Florian Tursky (Digitalisierung und Telekommunikation) zuständig, den im Grunde genommen niemand kennt und der, was die öffentliche Wahrnehmung betrifft, weitgehend als U-Boot agiert. Der Rechnungshof hielt fest, dass zahlreiche Dienste, welche die sensibelsten Daten der Österreicher betreffen, an externe Firmen ausgelagert wurden. Dadurch entstehen nicht nur potenzielle Sicherheitslücken, in den zuständigen Ministerien und Behörden fehlt schlichtweg das Detailwissen um die Prozesse: Damit begaben sich das damalige Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und das Bundesministerium für Inneres in große Abhängigkeit. Die Kosten sind wie üblich sehr hoch, der Nutzen fraglich.

Für weitere Kritik sorgt der nicht vorhandene Notfallplan. Der Aufbau der E-ID sei modular, was bedeute, wenn ein Teil ausfällt, sei die Funktionsfähigkeit des Ganzen gefährdet. 2018 bis 2021 kostete die Entwicklung beinahe 20 Millionen Euro. 

Meinbezirk.at, März 2023

Bedenken der Datenschützer

Die Digitale Identität ID Austria ist natürlich ein weiterer Schritt zum gläsernen, vollständig kontrollierbaren und auch „abschaltbaren“ Bürger. Deshalb begrüßen die meisten (echten) Datenschutzexperten zwar die Möglichkeit einer digitalen Signatur im Umgang mit Ämtern oder für andere Anwendungszwecke – das Zusammenführen aller nur möglichen Datensätze unter einer zentralen ID wird aber abgelehnt. Dazu gibt es eine lange Reihe von gut begründeten Befürchtungen.

Einer der bekanntesten Datenschützer in Österreich ist Thomas Lohninger von Epicenter.works. Dieser erklärte bereits 2022 die Problematik:

„Der große Unterschied weg von der Handysignatur hin zur ‚ID Austria‘ ist ja, dass auch private Firmen auf einmal die Möglichkeit haben, ihre Kunden und Besucher mit diesem System zu identifizieren und das ist brandgefährlich, weil damit wird die Identifikation, und zwar staatlich garantierte Identifikation, etwas Alltägliches und es wird viel schwieriger, so in Alltagssituationen weiterhin anonym zu bleiben“, so Lohninger. Er kritisierte auch, dass Nutzerinnen und Nutzer künftig zwingend ein Smartphone brauchten, um „ID Austria“ zu verwenden. Das schließe viele Menschen von der Nutzung aus, so Lohninger zu Ö1. 

ORF.at

Die Regierung findet ihre Lösung hingegen großartig und publizierte eine Jubel-Webseite, die von der Aufmachung und den Inhalten her in etwa der Bewerbung der Corona-Impfungen entspricht. Hinsichtlich der Datenschutzbedenken wurde beim Research Institute eine Folgenabschätzung beauftragt und auch durchgeführt, wo man keine wesentlichen Probleme sehen will.

Wer dennoch „Bauchschmerzen“ mit der Digitalen Identität hat, kann den Prozess wohl noch um fünf Jahre verzögern – sofern er bereits über eine Handysignatur verfügt und diese – möglicherweise nur noch bis morgen – um fünf Jahre verlängert.

Spannend in diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass „zufällig“ am 1. Juli das digitale Covid-Zertifikat der EU zum weltweit gültigen Impfpass der WHO wird. Selbstverständlich bedingt eine Digitale ID, dass diese Daten früher oder später zusammengeführt werden.

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