Die türkische Regierung hat einen Medienbericht der deutschen Boulevardzeitung „Bild“ als haltlos zurückgewiesen. Die Enthüllung wirft ein grelles Licht auf die Mechanismen der deutschen Medienlandschaft und die komplexen Beziehungen zwischen aufstrebenden Wirtschaftsmächten.
Der Vorwurf wog schwer: Indien hätte angeblich sein Veto gegen eine türkische BRICS-Mitgliedschaft eingelegt – begründet durch die engen Beziehungen Ankaras zu Pakistan. Doch das türkische Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation stellte unmissverständlich klar: Eine Mitgliedschaft stand beim Gipfel in Kasan überhaupt nicht zur Debatte. Besonders pikant: Der von der „Bild“ zitierte türkische Außenpolitikexperte distanzierte sich öffentlich von der Darstellung. Seine differenzierten Ausführungen seien stark vereinfacht und aus dem Kontext gerissen worden.
Die Realität zeichnet ein völlig anderes Bild: Wie der renommierte indische Journalist Sidhant Sibal berichtete, hat die BRICS-Gruppe der Türkei zusammen mit zwölf weiteren Ländern einen Partnerstatus zugesagt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow unterstrich dies mit der Aussage, dass „alle Interesse daran haben, die Türkei einzuladen“. Präsident Recep Tayyip Erdogan nahm bereits am BRICS+-Outreach-Treffen teil – auf Einladung Russlands, das den diesjährigen Gipfel ausrichtete. Die Türkei spielt durch ihre geografische Lage und den „Mittleren Korridor“ eine Schlüsselrolle bei der Neuordnung der globalen Finanzarchitektur.
Auch Indien, trotz bestehender Differenzen im Kaschmir-Konflikt, erkennt die strategische Bedeutung der Türkei an. Delhi verfolgt einen ausgeklügelten Balanceakt zwischen verschiedenen Machtzentren und greift nur bei direkter Betroffenheit seiner nationalen Sicherheitsinteressen ein. Eine türkische BRICS-Annäherung fällt nicht in diese Kategorie.
Die enge Freundschaft zwischen Modi und Putin macht es zusätzlich unwahrscheinlich, dass Indien sich einer von Russland unterstützten türkischen Initiative in den Weg stellen würde. Tatsächlich gibt es keine glaubwürdigen Hinweise auf Unstimmigkeiten zwischen Moskau und Delhi bezüglich der BRICS-Erweiterung.
Die „Bild“-Berichterstattung entpuppt sich damit offenbar als klassisches Beispiel für Falschinformation. Die Motive der Redaktion bleiben im Dunkeln, der Schaden für die Glaubwürdigkeit des Blattes ist jedoch beträchtlich. In Zeiten geopolitischer Umbrüche wiegt vorschnelle, unrecherchierte Berichterstattung besonders schwer. Die BRICS und der Einfluss- und Machtverlust des „Wertewestens“ sind dabei durchaus brisante Themen. Dass Deutschland, das vielfach als Vasall der USA wahrgenommen wird, hier mit falscher Berichterstattung auffällt und Richtigstellungen provoziert, wirkt bezeichnend. Im Ausland dürfte man daraus seine Schlüsse ziehen.