Im Mai sind in Deutschland erstmals Affenpocken-Infektionen aufgetreten. Obwohl bisher nur etwas mehr als hundert Fälle bekanntgeworden sind, gab die Ständige Impfkommission (Stiko) am Donnerstag bereits eine Impfempfehlung für Risikogruppen heraus: Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach bestellten 240.000 Impfdosen des Pocken-Vakzins Imvanex sollen offenbar bald unters Volk gebracht werden.
Folgende Gruppen werden als Risikogruppen eingestuft:
- Menschen ab 18 Jahren, die engen Kontakt zu Infizierten hatten,
- Personal in Laboren mit ungeschütztem Kontakt zu kontaminierten Proben,
- homosexuelle Männer mit wechselnden Partnern.
Der Pockenimpfstoff soll zunächst nur besonders ansteckungsgefährdeten Menschen angeboten werden, da er zurzeit lediglich eingeschränkt zur Verfügung stehe. Tatsächlich hatte Karl Lauterbach zuvor Impfstofflieferungen für Anfang Juni im Umfang von rund 40.000 Dosen angekündigt – weitere 200.000 Dosen seien bereits bestellt. In Anbetracht der niedrigen Infektionszahlen und der geringen Gefährlichkeit der Erkrankung erscheint die Zahl bestellter Dosen freilich hoch, doch Deutschlands Gesundheitsminister ist für seine manisch anmutenden Impfstoffbestellungen ja bereits bekannt. Für die „Grundimmunisierung“ sind zwei Impfdosen im Abstand von 28 Tagen angedacht; wer früher schon eine Pockenimpfung erhalten hat, braucht nur eine Dosis.
Imvanex ist in der EU gegen Pocken zugelassen, daher müsste die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) vor der Anwendung in Deutschland die Zulassung auf Affenpocken erweitern. Das Mittel könnte aber auch im sogenannten Off-Label-Use, also im ärztlichen Ermessen – ohne amtliche Zulassung – eingesetzt werden. Das Präparat ist experimentell; umfassende Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit existieren nicht.
Die WHO gibt an, dass derzeitig mehr als 1000 Krankheitsfälle in rund 30 Ländern außerhalb Afrikas nachgewiesen wurden, in denen das Affenpocken-Virus normalerweise nicht kursiert. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind in Deutschland bis heute 131 Affenpocken-Fälle bekannt. Alle diese Fälle betreffen Männer, die Sex mit Männern haben, was aber nicht heißt, dass die Übertragung auf gleichgeschlechtlichen Sex beschränkt ist.
Eine Affenpocken-Infektion gilt nicht als schwere Erkrankung, anders als die seit 1980 ausgerotteten Pocken. Das RKI gibt an, dass der Erreger meist durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen wird. Die Symptome wie beispielsweise Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und Hautausschlag vergehen meist innerhalb weniger Wochen von allein, bei manchen Menschen kann es zu medizinischen Komplikationen kommen. Todesfälle sind sehr selten und eine Gefährdung der Allgemeinbevölkerung wird als gering eingeschätzt.
Der Beschlussentwurf der Stiko zur Affenpocken-Impfempfehlung muss noch das vorgeschriebene Stellungnahmeverfahren durchlaufen.