Von der Eugenik bis zum Contergan-Skandal: Die Geschichte zeigt, wie verheerend „Konsens“ sein kann

Bild: R24

Der „Konsens“ ist zum Kampfbegriff mutiert: Unter Berufung auf die eine „wahre“ Wissenschaft fügte die Politik der Bevölkerung, der Gesellschaft und der Wirtschaft in den Corona-Jahren empfindliche Schäden zu und bescherte Profiteuren Milliardengewinne. Wer dem sogenannten Konsens widersprach, wurde diffamiert und mundtot gemacht. Die GGI-Initiative analysiert in einer aktuellen Aussendung, was für eine gefährliche Illusion der Konsens in der Wissenschaft in Wahrheit ist – und dass anerkannte Methoden und Behandlungen sich schon in der Vergangenheit immer wieder als grundfalsch und gefährlich herausstellten.

Konsens in der Wissenschaft – Ideal oder Fallstrick?

Presseaussendung der GGI-Initiative am 26.09.2023

Der Begriff des Konsens in Wissenschaft und Forschung ist mit vielen Fallstricken verbunden. Wird er als Argument gebraucht, handelt es sich oft um einen trügerischen Appell. Aus der Geschichte ist bekannt, dass Herrschende allgemein, und totalitäre Regime im Besonderen einen Konsens zur Legitimierung erzwungen haben. Ebenso gelten heute zahlreiche zu ihrer Zeit allgemein anerkannte medizinische Praktiken als kurios oder gefährlich. Problematisch ist der Begriff des Gegenkonsens, der den Konsens unter Experten legitimieren soll. Ironischerweise beruhen gerade die Pandemie-Maßnahmen, die viel Schaden angerichtet und kaum genützt haben, auf einem solchen. Dies für echten Konsens zu halten, hat sich als gefährliche Illusion herausgestellt. Wann Konsens unter Fachleuten gerechtfertigt ist und wann nicht kann nicht eindeutig festgestellt werden. Dazu braucht es Demut, Offenheit und kritisches Denken.

Konsens als umstrittener Begriff

Der sogenannte Konsens (gemeinsamer Sinn, Zustimmung) polarisiert in Forschung und Wissenschaft seit jeher. Zunächst scheint es einfach. Die ganzen Forscherinnen und Forscher sind ja kluge Menschen, verbringen bisweilen viele Jahre in ihrem Bereich und studieren doch sorgfältig die zur Verfügung stehenden Daten und Studienergebnisse. Doch so einfach ist es nicht. Auch die Wissenschaft als Menge von communities aller möglichen Fachbereiche ist von den Dynamiken des menschlichen Zusammenlebens sowie deren Fallstricken und Abgründen gekennzeichnet. Unterordnung, Herdentrieb, Karrierismus, diverse Abhängigkeiten und Ideologie spielen genauso eine Rolle wie überall anders auch. Und engagierte EinzelkämpferInnen haben es wie überall auch hier äußerst schwer. [1]

Konsens als rhetorisches Mittel

Das Gebiet der Rhetorik steckt voller Tricks und Trugschlüsse. In Zusammenhang mit Konsens drängt sich das argumentum ad numerum (Appell an die Anzahl) auf. Es ist der Versuch, einem Argument mehr Geltung zu verleihen durch die Anzahl der Personen, die es vertreten. Kommt aus Politik oder Akademie direkt der Versuch, gegenüber der Bevölkerung (und womöglich entgegen deren Ablehnung) irgendeine Maßnahme zu legitimieren oder eine Änderung durchzusetzen, geht dies meist mit einem argumentum ad verecundiam (Appell an die Ehrfurcht) einher. Damit ist gemeint, dass die Experten grundsätzlich recht haben. Auch dies soll einem Argument scheinbar mehr Gewicht verleihen. Zudem kommt manchmal noch ein argumentum ad antiquitatem (Appell an die Tradition bzw. Gewohnheit) oder ein argumentum ad novitatem (Appell an den bevorzugten Einsatz von Innovationen) vor.

Daneben gibt es noch eine Reihe anderer Trugschlüsse, die genannten scheinen jedoch die wichtigsten, die auf irgendeine Art die Bedeutung von Konsens hochspielen wollen. Das eigentliche Argument bleibt aber in allen Fällen unberührt. Sollten ohne konkretes Argument Aussagen fallen wie “Die Wissenschaft ist sich einig” oder “Wir sollten auf die Experten hören”, dann liegt ein rhetorischer Trugschluss vor, der jedenfalls aufgezeigt werden sollte.

Konsens in der Geschichte

Der für die jeweilige Epoche als gebildet geltende Teil einer Bevölkerung ist seit jeher von Herrschern für deren Interessen vereinnahmt worden. In der kommunistischen Sowjetunion war der Konsens mörderisch und wurde später nach Stalins Lieblingsexperten Lysenkoismus benannt.

Auch im Nationalsozialismus bedeutete Konsens, dass sämtliche Experten (außer die aus dem Land vertriebenen oder ermordeten) im Gleichschritt mit dem totalitären Regime zu handeln hatten. Aus den Vokabeln des Nationalsozialismus ist folgendes Zitat bekannt: “Und doch ist der gleiche Marschtritt die primitivste Voraussetzung für das Vorwärtskommen einer geschlossenen Truppe. […] Wer das Kommando nicht versteht, der muss nachexerzieren, bis er es gelernt hat. Das ist einfache Tatsache in der Wissenschaft so selbstverständlich wie beim Militär.” [2]

In der Weltgeschichte der Medizin hat der Konsens oft genug versagt. Die Eugenik befürwortete die Sterilisierung von Menschen mit angeblich minderwertigem Erbgut (psychische Erkrankungen, Behinderungen, Obdachlosigkeit, rassistische Motive), um jenes der angeblich Gesunden vor Degeneration zu schützen. Ab Ende des 19. Jahrhunderts setzten sich viele bekannte und gebildete Persönlichkeiten, vor allem in den USA, dafür ein. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wollte es allerdings niemand mehr gewesen sein. [3] Auch die Lobotomie, ein Schnitt durch Nervenbahnen im Gehirn zur Behandlung psychischer Erkrankungen, mutet heute absurd an, hat dem Entwickler aber 1949 den Nobelpreis eingebracht. [4]

Die FLCCC (Front Line COVID-19 Critical Care Alliance) hat ein Kompendium über 25 Fälle zusammengestellt, bei denen teilweise Jahrzehnte bis Jahrhunderte bestehender Konsens schließlich nicht mehr haltbar war. Bekannt ist der heute als zumindest kurios geltende Aderlass. Aber auch der Contergan-Skandal (Thalidomid) wurde jahrelang durch Experten zugedeckt. Hormonersatz-Therapie und Statine zur Cholesterol-Senkung sind heute ebenfalls nicht mehr haltbar. [5]

Gegenkonsens geht nach hinten los

Im August 2023 ist eine Studie vom IHS erschienen, die das Bildungsministerium in Auftrag gegeben hat. Thema ist Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Österreich. Diese Studie ist aus mehreren Gründen höchst unseriös. Ein kritischer Aspekt ist, dass sie Affinität zu Wissenschaft und Demokratie auf den Konsens abstellt und daneben noch den sogenannten Gegenkonsens aufwirft. Dieser ist nicht näher definiert, verknüpft aber Kritik an Experten mit Feindseligkeit gegenüber Wissenschaft und Ablehnung von Demokratie. [6]

Ironischerweise trifft dieser Begriff gerade bei den Corona-Maßnahmen ins Schwarze. Ab 2020 kamen tatsächlich demokratiegefährdende, totalitäre Anwandlungen aus Mainstream-Medien und Regierung deutlich zum Vorschein, getragen von grundloser Ablehnung des Standes der Wissenschaft in Medizin und im Gesundheitswesen (public health). Welcher Kenntnisstand bis Anfang 2020 – insbesondere bei über die Atemwege verbreiteten Infektionskrankheiten – allgemein anerkannt war, kann anhand einiger Quellen nachvollzogen werden. [7] [8] [9]

Zu diesen Erkenntnissen zählen u. a.:

  • Kein Beleg für Masken bezüglich Verbreitung,
  • Contact Tracing kommt zu spät und ist zu langsam,
  • Stigmatisierung Betroffener nutzt nicht und schadet nur,
  • molekularbiologische Diagnosetests nur bei hinreichendem Krankheitsverdacht,
  • Lockdowns/weiträumige Schließungen richten beträchtlichen Schaden an und nutzen nichts,
  • uvm.

Zu vielen, wenn nicht allen dieser Aspekte, ist bis zum Sommer 2020 ein Gegenkonsens entstanden, der wissenschaftlich völlig unhaltbar war. Kritik an diesem Gegenkonsens wurde heftig angefeindet, dämonisiert und ins Abseits gerückt. Gerade im deutschsprachigen Raum war es populär, sachlich absolut gerechtfertigte Kritik aller ideologischer Herkunft und unterschiedlicher Intensität über einen Kamm zu scheren und gleichermaßen als “rechtsextrem” und “verschwörungstheoretisch” zu umrahmen.

Konsens als gefährliche Illusion

Gesundheitswissenschaftler Jay Bhattacharya und Journalist Rav Arora zeigen in einem Beitrag welche Gefahren von der Illusion eines Konsenses in der Wissenschaft ausgehen. [10] Die wissenschaftliche Methode baut auf kritischem Denken, neuen Hypothesen und Experimenten auf. Dadurch fordert sie den Konsens gerade heraus. Dieser ist deswegen inhärent unwissenschaftlich, der einzementierte Konsens ist das wesentliche Kennzeichen toter Wissenschaft. Maßnahmen und Praktiken, die auf so etwas aufbauen, bergen ein hohes Risiko des Scheiterns, also hohe Kosten ohne Nutzen.

Dies betrifft die Schließungsmaßnahmen, die weltweit Armut, Ernährungsunsicherheit und Ungleichheit verstärkt sowie junge Menschen ihrer Bildungschancen beraubt haben. Dies betrifft aber auch die Covid-Impfung, bei der absoluter Schutz vor Ansteckung/Verbreitung, Risikofreiheit und weitere unhaltbare Ansagen versprochen worden sind. Auch lang vergangen geglaubte Sündenbockpolitik wurde betrieben.

Für die Folgeschäden will nun niemand die Verantwortung übernehmen, Probleme werden zugedeckt, geschädigten Personen selbst sowie abermals Sündenböcken wird die Schuld zugeschoben. Das verspielt eine Menge Vertrauen, was Folgeschäden verstärken könnte. Echte Wissenschaft bedeutet genau das Gegenteil von dieser Art Konsens. Ohne Demut, Offenheit, strikten Verfahren zur Gewinnung von Erkenntnissen sowie offener und ehrlicher Diskussion kann Wissenschaft nicht gelingen.

Schlussfolgerung

Die vorangehenden Absätze haben anhand von Beispielen aus der Geschichte und der Gegenwart gezeigt, dass der Konsens in Forschung und Wissenschaft als Prinzip nicht sakrosankt gelten kann. Welche Bedeutung kommt ihm wirklich zu? Eine eindeutige Antwort gibt es leider nicht. Man muss Fall für Fall abwägen. Dafür fordern wir wie oben erwähnt Demut, Offenheit und kritisches Denken durch alle Beteiligten, seien es Experten, Entscheidungsträger oder die Bevölkerung.

Quellenangaben

[1] Weinkle J. Don’t hate the player, hate the game. Substack, 2023. online: https://jessicaweinkle.substack.com/p/dont-hate-the-player-hate-the-game

[2] Schmitz-Berning C. Vokabeln im Nationalsozialismus. Bundeszentrale für politische Bildung, 2010. online: https://www.bpb.de/themen/parteien/sprache-und-politik/42759/vokabeln-im-nationalsozialismus

[3] Kvles D. The History of Eugenics. Issues in Science and Technology, 2016. online: https://www.researchgate.net/publication/309483243_The_History_of_Eugenics

[4] Anonym. Lobotomie. Wikipedia, 2023. online: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lobotomie&oldid=236925790

[5] Anonym. 25 Times Medical Consensus Had To Be Rethought. Substack, 2023. online: https://flccc.substack.com/p/25-times-medical-consensus-had-to

[6] Starkbaum J & al. Ursachenstudie zu Ambivalenzen und Skepsis in Österreich in Bezug auf Wissenschaft und Demokratie. Institut für Höhere Studien, 2023. online: https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/6648/4/ihs-report-2023-starkbaum-auel-et-al-endbericht-ursachenstudie-skepsis-wissenschaft.pdf

[7] Jefferson T & al. Physical interventions to interrupt or reduce the spread of respiratory viruses. Cochrane Database of Systematic Reviews, 11(CD006207), 2020. DOI: https://doi.org/10.1002/14651858.CD006207.pub5

[8] World Health Organization. Non-pharmaceutical public health measures for mitigating the risk and impact of epidemic and pandemic influenza – Annex: Report of systematic literature reviews. 2019. online: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/329439/WHO-WHE-IHM-GIP-2019.1-eng.pdf

[9] Kraaijeveld S, Jamrozik E. Moralization and Mismoralization in Public Health. Med Health Care and Philos 25, pp 655–669, 2022. DOI: https://doi.org/10.1007/s11019-022-10103-1

[10] Bhattacharya J, Arora R. The Dangerous Illusion of Scientific Consensus. Substack, 2023. online: https://www.illusionconsensus.com/p/the-dangerous-illusion-of-scientific

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