Weil Griechenland angeblich demilitarisierte Ägäis-Inseln militarisiert, droht der türkische Präsident mit einer militärischen Aktion. Dies wäre der erste Krieg zwischen zwei NATO-Staaten. Wie tief müssen die Umfragewerte für Erdoğan erst sinken, bis er tatsächlich das Nachbarland angreift?
Präsident Recep Tayyip Erdoğan war noch nie um markige Kommentare verlegen – und auch nicht um entsprechend folgende Taten. Insbesondere dann nicht, wenn es seiner Ansicht nach um die nationale Sicherheit der Türkei geht. Dies hat sich in den letzten Jahren unter anderem in den militärischen Invasionen in die Kurdengebiete im Irak und in Syrien gezeigt. Nun gerät auch Griechenland ins Visier des langjährigen türkischen Staats- und Regierungschefs.
Angesichts des Timings der kombinierten türkischen Militärübungen (EFES-2022) mit rund 10.000 Soldaten der Marine, der Luftwaffe und des Heeres, die kürzlich stattfanden, war eine Eskalation der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern vorhersehbar. Denn Ankara wirft Athen vor, eine Militärpräsenz auf den Ägaischen Inseln direkt vor der türkischen Küste aufzubauen – und das entgegen internationaler Verträge, die eine Militarisierung dieser Inseln verbieten. Zudem wurden dabei auch Landungsübungen auf griechische Inseln durchgeführt, was die Griechen noch wachsamer werden ließ. Indessen behauptet Athen, dass sie in Reichweite einer großen türkischen Landungsflotte lägen und nicht unverteidigt gelassen werden könnten, weshalb es dort bereits seit Dekaden Befestigungen gebe.
„Ich warne Griechenland davor, Träume, Handlungen und Äußerungen zu vermeiden, die zu Reue führen werden. Kommen Sie zur Vernunft“, sagte Erdoğan am Donnerstag in einer im Fernsehen übertragenen Rede in Richtung der griechischen Regierung, während er groß angelegte türkische Militärübungen in der Nähe von Izmir an der Westküste des Landes beobachtete. „Die Türkei wird nicht auf ihre Rechte in der Ägäis verzichten und nicht davor zurückschrecken, Rechte zu nutzen, die durch internationale Abkommen festgelegt sind, wenn es um die Bewaffnung von Inseln geht.“
„Wir fordern Griechenland auf, die Bewaffnung der Inseln, die einen nicht-militärischen Status haben, einzustellen und im Einklang mit internationalen Vereinbarungen zu handeln“, sagte Erdoğan am letzten Tag der Militärübungen, die in der Nähe von Izmir an der türkischen Ägäisküste stattfanden. „Ich scherze nicht, ich meine es ernst. Diese Nation ist entschlossen.“
Aus der türkischen Opposition werden inzwischen Stimmen laut, dass Präsident Erdoğan aufgrund schlechter Umfragewerte und den im nächsten Jahr angesetzten Wahlen einen Krieg mit Griechenland vom Zaun brechen könnte, um so diese Wahlen zu verschieben. Immer wieder verletzen türkische Kampfjets den griechischen Luftraum und auch Explorationsschiffe zur Untersuchung der Gasfelder im östlichen Mittelmeer sind immer wieder in griechischen Gewässern unterwegs. Die einzige Frage die sich stellt, ist: Wie verzweifelt muss Präsident Erdoğan sein, um tatsächlich einen Krieg mit Griechenland vom Zaun zu brechen?
Sowohl Griechenland als auch die Türkei sind NATO-Mitglieder.