Die Mainstreammedien sehen hinter der aktuellen Rubelstärke keine Substanz. Doch über kurz oder lang sorgt die Rohstoffdeckung für eine längerfristige Stabilität und Stärke der russischen Währung – ähnlich dem Petrodollar. Nur mit einem großen Unterschied.
Der russische Rubel gilt derzeit als die „stärkste Währung der Welt“. Grund dafür sind starke Kursgewinne im Vergleich zu den wichtigsten Devisen. Als treibende Kräfte dafür können mehrere Faktoren genannt werden. Einerseits ist die Nachfrage (Rubel-Konten für Erdgas-Importeure in Europa) deutlich höher als das Angebot auf den Finanzmärkten. Dies liegt an der (global betrachtet) geringen Marktkapitalisierung des Rubels, der kaum existenten Auslandsverschuldung Russlands (ergo kaum Bonds im Umlauf) und den Finanzsanktionen des Westens (es ist schwierig, Dollar gegen Rubel zu tauschen).
Andererseits ist es für die (wohlhabenden) Russen infolge der Sanktionen und des SWIFT-Ausschlusses auch schwierig, größere Summen ins Ausland zu transferieren. Hinzu kommt, dass sich (ebenfalls infolge der westlichen Sanktionen) die Handelsbilanz deutlich positiv verschoben hat: weniger Importe bei anhaltend hohen Exporten. All dies zusammen sorgt für eine Aufwertung des Rubels. Im Vergleich zum US-Dollar beispielsweise sehen wir Werte wie seit 2018 nicht mehr. Ähnlich sieht es im Vergleich zum Euro aus (Niveau von 2017). Die Inlands-Inflation von 17,8 Prozent auf Jahresbasis stört dabei kaum.
Was die Wirtschaftsjournalisten in den Mainstreammedien jedoch geflissentlich übersehen, sind wichtige Tatsachen. So ist Russland ein wichtiger Exporteur von Rohstoffen (Öl, Gas, Metalle, Kohle, Getreide usw.), sowie von Kunstdünger und auch Elektrizität. Je mehr alte Verträge (zumeist auf Dollar-Basis) auslaufen, desto mehr neue Verträge werden in Rubel, Yuan, der Indischen Rupie und so weiter abgeschlossen. Das heißt auch, dass der russische Rubel zunehmend eine Rohstoffdeckung erhält, die mit dem US-amerikanischen Petrodollar vergleichbar ist. Allerdings mit einem wichtigen Unterschied: die Vereinigten Staaten sind dabei vor allem auf Saudi-Arabien und die anderen Erdöl exportierenden Länder (insbesondere der OPEC) angewiesen. Russland hingegen ist selbst ein gewaltiger Rohstoffproduzent und auch -exporteur.
Die zunehmend wieder multipolare Welt sorgt nun in der Übergangszeit für einige Turbulenzen, auch für den Rubel, doch während die Mainstream-Wirtschaftsjournalisten sich lieber an ideologische Wunschvorstellungen klammern, arbeitet Moskau zusammen mit Peking, Neu Delhi, Brasilia und so weiter an neuen Realitäten. Unter Umständen können wir angesichts dieser Entwicklungen (und wenn es vielleicht doch noch zu einer politischen Lösung für den Ukraine-Konflikt kommt) sogar noch im Laufe dieses Jahres weitere Höhenflüge des Rubels sehen. Längerfristig ist die Tendenz jedoch auf Basis der bestehenden Daten klar – und diese spricht für einen auch in Zukunft stärkeren Rubel.