Nachdem Report24 bereits im Laufe des Wahltages von beunruhigenden Unregelmäßigkeiten in Wahllokalen in Berlin berichtete setzten sich die Skandale rund um die Bundestagswahl am Abend noch fort. Während erste Prognosen und Hochrechnungen per Eilmeldung auf die Smartphones der Wähler zugestellt wurden, waren Wahllokale bis in den späten Abend hinein noch geöffnet. Ein Wahllokal soll Wähler aufgefordert haben, auf Teile ihrer Stimmabgabe zu verzichten.
Ein Kommentar von Max Bergmann
Gegen 17:00 Uhr sollen dem Wahllokal in der Grundschule am Teutoburger Platz im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg die Stimmzettel ausgegangen sein. Für mehr als eine Stunde ging dort gar nichts mehr, die Schlange wartender Wähler wurde immer länger. Etwa 200 Wahlberechtigte warteten gegen 18:45 Uhr immer noch darauf, ihre Stimme abgeben zu dürfen. Besonders pikant: Schon um 18:00 Uhr sollten deutschlandweit alle Wahllokale schließen, kurz darauf flimmerte die erste Prognose über die Bildschirme in den heimischen Wohnzimmern, aber auch per Eilmeldung auf die Smartphones der wartenden Wähler im Prenzlauer Berg. Hunderte Wahlberechtigte, die ihre Stimme noch nicht abgeben konnten, wurden somit vorab über die Trends informiert. Das ist ohne Frage eine massive Beeinflussung der Wähler, deren Wahlverhalten sich möglicherweise durch die nun bereits bekannt gewordenen Prognosen verändert haben könnte.
Derartige Zustände nur in Dritte Welt Ländern oder in Diktaturen
Gegenüber dem deutschen TV-Sender ntv zeigte sich Wähler Martin Kellner empört: Würde das in Russland passieren, “würden sie Wahlbetrug rufen”. So etwas höre man aus der Dritten Welt oder aus Diktaturen. “Dort würde man fragen: “Wo sind die Stimmzettel geblieben?”. Nicht an den Haaren herbeigezogen ist der Vergleich mit Russland ohne Frage. So kritisierte der Sprecher für Osteuropapolitik der Grünen, Manuel Sarrazin, die „Neubesetzung der russischen Duma“ und warf Vladimir Putin „organisierten Wahlbetrug“ vor. „Von einer freien und fairen Wahl kann im autoritären System Putins keinerlei Rede sein.“, erklärte er. Am gestrigen Wahltag stellte sich nun heraus: Mit dem Finger auf andere zeigen, sich in innenpolitische Angelegenheiten fremder, befreundeter Staaten einmischen, das können die Grünen. Doch selbstkritisch auf eine völlig schief gelaufene Wahl im eigenen Land zu schauen, Konsequenzen daraus zu ziehen, das findet nicht statt.
Fehlende Wahlzettel: Wahlhelfer rufen zum Verzicht auf Stimmabgabe auf
Dass diese Wahl angefochten werden sollte, scheint außer Frage zu stehen. In den Wahllokalen 211 und 229 im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf mangelte es an den blauen Wahlzetteln für die Zweitstimme für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Der Tagesspiegel berichtete, seitens der Wahlhelfer wurde zum Verzicht auf die Stimmabgabe aufgerufen. “Wer auf den blauen Stimmzettel verzichten würde, könnte jetzt wählen”, soll den wartenden Wahlberechtigten vorgeschlagen worden sein. Einige verärgerte Wähler hätten dies dem Bericht zufolge dann auch getan, wenige Minuten später sei dann aber Nachschub an Wahlzetteln eingetroffen. Offiziell bestätigt ist der Vorfall bislang nicht, es berichteten aber übereinstimmend Tagesspiegel und ntv. Auch liegt von den Parteien bisher keine Stellungnahme zu dem Vorwurf dieser gravierenden Unregelmäßigkeit vor. Ein derartiger Vorfall darf in einem Rechtsstaat nicht ohne juristisches Nachspiel verhallen.
Bundeswahlleiter fordert vollständige Aufarbeitung, Wahl könnte angefochten werden
Bundeswahlleiter Georg Thiel soll außerdem alarmiert und höchst verärgert reagiert haben. Er forderte einen “detaillierten Bericht” von der Berliner Landeswahlleitung an. Die Berliner Landeswahlleiterin Petra Michaelis hingegen zeigte sich überraschend entspannt. Sie erwartet keine Verzerrung der Wahlergebnisse durch die späte Stimmabgabe hunderter Berliner. “Ich gehe davon aus, dass die Leute, die sich in der Schlange angestellt hatten, noch unbeeinflusst ihre Stimmen abgeben konnten und dass sich daraus keine Wahlfehler ergeben“, sagte sie im RBB. Dass das tatsächlich unbeeinflusst passiert ist kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Alleine die Kenntnis über die Prognosen und Hochrechnungen nach 18 Uhr dürfte bei vielen Wählern, vielleicht auch unbewusst, die eine oder andere Tendenz verschoben haben. Justizsenator Dirk Behrendt von den Grünen forderte jedenfalls lückenlose Aufarbeitung des katastrophalen Wahltags in Berlin. Ob die Wahlen nun aus rechtlicher Sicht zu beanstanden sind und möglicherweise wiederholt werden müssen, ist bislang unklar. Klar ist dagegen: Von demokratisch und sauber durchgeführten Wahlen in Deutschland kann keine Rede mehr sein.
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