Die westlichen Finanzsanktionen gegen Russland beschleunigen die Entdollarisierung. Moskau will stattdessen mehr Währungsreserven von „freundlichen“ Ländern anlegen. Dies sind unter anderem China, Indien und sogar die Türkei.
Bereits vor vier Jahren begann Moskau damit, die Dollarreserven des Landes sukzessive abzubauen, um so die Verwundbarkeit gegenüber US-Sanktionen zu verringern. Ein vorausschauender Schritt, wie sich angesichts der westlichen Finanzsanktionen inklusive dem Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-System herausstellte. Die zunehmende Nutzung von bilateralen Handelsverträgen in den jeweiligen Landeswährungen verringerte zudem zusätzlich die Abhängigkeit vom US-Dollar für die russische Wirtschaft.
Ein Schritt, der unter anderem auch von China unterstützt wird. Wobei das Reich der Mitte US-Staatsanleihen zunehmend mit der Aufstockung der Goldreserven ersetzt. Während die beiden Länder also zusammen immer weniger US-Dollar halten, erhöhen sie ihre Reserven an dem beliebten Edelmetall immer weiter (siehe Grafik hier).
Die Absicherungen Moskaus sowie die Tatsache, dass die hohen Energiepreise die Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas weiterhin sprudeln lassen, haben auch dafür gesorgt, dass der russische Rubel (nach einem kurzen Absacker) gegenüber der US-Währung so stark ist wie zuletzt im Jahr 2018. Und nicht nur das: Laut Bloomberg will Moskau Yuan und andere „freundliche“ Währungen im Wert von 4,4 Billionen Rubel (umgerechnet etwa 70 Milliarden Dollar) kaufen. Denn die rund 300 Milliarden US-Dollar, die durch die westlichen Sanktionen eingefroren sind, kann Russland derzeit ohnehin nicht verwenden.
Alexander Isakov, Wirtschaftsexperte für Russland bei Bloomberg, merkte demnach an, dass „die Käufe Russland helfen werden, die beispiellose Stärke des realen Wechselkurses zu begrenzen, die den Exporteuren und den Rohstoffeinnahmen des Haushalts schadet. Für neutrale Länder werden diese Käufe eine gewisse Unterstützung für die lokalen Währungen bringen, ihre Leistungsbilanzprobleme beheben helfen und zur Finanzierung von Rohstoffimporten beitragen“. Wie Brad Setser, Senior Fellow des CFR, gegenüber Bloomberg anmerkt, könnte die russische Zentralbank die erste große Zentralbank sein, die den Großteil ihrer Reserven in Schwellenländerwährungen hält. Die Währungen „befreundeter“ Länder wie der Offshore-Yuan, die türkische Lira und die indische Rupie werden laut des Berichts allesamt gekauft.
Dies dürfte die Vision der „multipolaren Weltordnung“, wie sie vor allem von Moskau und dessen Verbündeten geteilt wird, einen Schritt näher an dessen Realisierung bringen. Die Vormachtstellung, die der US-Dollar seit Ende des Ersten Weltkrieges (als dieser das britische Pfund ablöste) inne hatte, neigt sich so Schritt für Schritt dem Ende zu. Und die „Vorspulen“-Taste hat Washington mit den beispiellosen Finanzsanktionen gegen Russland selbst gedrückt.