Experte: Fast die Hälfte der US-Banken ist faktisch insolvent

Symbolbild: Desolate, verlassene Bankhäuser. (C) Report24.news

Die ersten paar US-Banken haben es mit ihren Insolvenzen bzw. der finanziellen Schieflage bereits in die Schlagzeilen geschafft. Doch die Bankenkrise in den Vereinigten Staaten geht noch viel tiefer. Das kann sich auch auf die europäischen Banken auswirken.

Wie Report24 bereits in den vergangenen Wochen immer wieder (z. B. hier, hier und hier) berichtete, liegt mit der US-Bankenlandschaft so einiges im Argen. Einerseits haben die meisten Banken weiterhin Altlasten der Finanzkrise 2008/2009 in den Bilanzen, andererseits sorgen die starken Zinserhöhungen der US-Zentralbank der letzten Monate für immer größere finanzielle Belastungen. Die ersten Kreditinstitute sind bereits öffentlichkeitswirksam kollabiert und das Banken-Domino scheint erst am Anfang zu stehen.

So veröffentlichte Professor Amit Seru von der Stanford-Universität in der „New York Times“ einen Meinungsartikel, in dem er vor einer „potenziellen Bankenkrise“ warnt. Dort schreibt er: „Die Anfälligkeit und der Zusammenbruch mehrerer renommierter Banken sind höchstwahrscheinlich kein isoliertes Phänomen“. Er sagte: „Eine schädliche Kombination aus schnell steigenden Zinssätzen, größeren Veränderungen in der Arbeitswelt und der Möglichkeit einer Rezession könnte eine Kreditkrise auslösen, wie sie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr gesehen wurde.“ Der Finanzexperte erklärt:

„Rasch steigende Zinssätze schaffen für Banken gefährliche Bedingungen, denn es gilt ein Grundsatz: Je länger die Laufzeit einer Anlage, desto empfindlicher reagiert sie auf Zinsänderungen. Wenn die Zinssätze steigen, verlieren die Vermögenswerte, die die Banken halten, um eine Rendite auf ihre Anlagen zu erzielen, an Wert. Und da die Verbindlichkeiten der Banken – wie ihre Einlagen, die die Kunden jederzeit abheben können – in der Regel eine kürzere Laufzeit haben, fallen sie weniger stark.

Amit Seru, New York Times

So können Zinserhöhungen das Eigenkapital einer Bank aufzehren und dazu führen, dass sie mehr Verbindlichkeiten als Vermögenswerte hat. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Marktwert der Aktiva des US-Bankensystems um etwa 2 Billionen Dollar niedriger ist als ihr Buchwert vermuten lässt. Betrachtet man die Gesamtheit der rund 4.800 Banken in den Vereinigten Staaten, so ist der Rückgang des Eigenkapitals bei mittleren und kleineren Banken am stärksten ausgeprägt, was ihre stärkere Ausrichtung auf langfristige Vermögenswerte widerspiegelt.“

Amit Seru, New York Times

Gegenüber dem britischen „Guardian“ erklärte der Professor, dass beinahe die Hälfte der US-amerikanischen Banken in sehr großen finanziellen Schwierigkeiten stecke. Er sagte der britischen Zeitung: „Es ist gespenstisch. Tausende von Banken stehen unter Wasser. Wir sollten nicht so tun, als ginge es hier nur um die Silicon Valley Bank und First Republic. Ein großer Teil des US-Bankensystems ist potenziell insolvent.“

Seru sprach in seinem Artikel auch davon, dass der Immobiliensektor nicht vergessen werden sollte. Hier drohten den Banken weitere Ausfälle infolge der steigenden Zinsen:

„Gewerbliche Immobilienkredite, die in den Vereinigten Staaten einen Wert von 2,7 Billionen Dollar haben, machen etwa ein Viertel der Vermögenswerte einer durchschnittlichen Bank aus. Viele dieser Kredite werden in den nächsten Jahren fällig, und ihre Refinanzierung zu höheren Zinsen erhöht natürlich das Ausfallrisiko. Steigende Zinssätze drücken auch den Wert von Gewerbeimmobilien, insbesondere von solchen mit langfristigen Mietverträgen und begrenzten Mietpreissteigerungsklauseln, was ebenfalls die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls des Eigentümers erhöht. In der Großen Rezession beispielsweise stiegen die Ausfallquoten von etwa 1 Prozent auf etwa 9 Prozent, als die Zinssätze stiegen.“

Doch ungeachtet dieser eigentlich unter Finanzexperten bekannten Risiken des Sektors fordert die „Financial Times“ die Leute doch tatsächlich auf, in Bankaktien zu investieren. In Zeiten, in denen immer mehr Kreditinstitute mit negativen Schlagzeilen auffallen, scheint dies eine sehr riskante Strategie zu sein. Auch wenn die offiziellen Zahlen der vergangenen Monate und Jahre vielleicht etwas anderes sagen. Doch dabei ignoriert man die systemischen Risiken, die sich immer weiter akzelerieren. Hinzu kommt, dass die europäischen Banken auch eng mit jenen in Übersee verbunden sind sowie ebenfalls in den Vereinigten Staaten Geschäfte machen. Hier droht die Gefahr, dass diese Krise auch über den „großen Teich“ überschwappt.

Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende!

Informationen abseits des Mainstreams werden online mehr denn je bekämpft. Um schnell und zensursicher informiert zu bleiben, folgen Sie uns auf Telegram oder abonnieren Sie unseren Newsletter! Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, freuen wir uns außerdem sehr über Ihre Unterstützung.

Unterstützen Sie Report24 via Paypal: