Hagelflieger sind die einzigen Flugzeuge, die hochoffiziell Mikropartikel in die Luft abgeben – von manchen auch „Chemtrails“ genannt. Mit Silberjodid werden Hagelwolken „geimpft“, um ein vorzeitiges Abregnen bzw. eine kleinere Größe von Hagelkörnern zu verursachen. Die Maschinen sind im Grunde genommen permanent im Einsatz, wenn Hagelgewitter drohen. Was viele nicht wissen: Die Technik gilt bis heute als experimentell, eine Wirkung ist durch nichts belegt.
Früher schossen Bauern Raketen in Gewitterwolken. Dieses Prinzip ist mittlerweile sogar voll automatisiert worden, es gibt Hagelabwehrsysteme, die militärischer Luftabwehr ähneln wie das vollautomatische SD-26. In der Praxis wird die Hagelabwehr mit kleinen Flugzeugen versucht, die mit Silberjodid-Generatoren versuchen, mikroskopische Kristallisationskeime in Hagelwolken einzubringen. Währenddessen sind viele Menschen in Sorge, dass die ausgebrachten Stoffe giftig und umweltschädlich sind.
Völlig unbekannt ist dem größten Teil der Bevölkerung aber der Umstand, dass die „Impfung von Wolken“ mittels Silberjodid-Partikeln noch deutlich schlechter erforscht ist als die „Impfung von Menschen“ mittels experimentellen mRNA-Impfstoffen. Im 20. Jahrhundert begann man mit Großversuchen hinsichtlich der Hagel-Raketen – doch alle endeten mit dem Befund, dass es keine messbare Wirkung gäbe. Es handle sich also um bloßen Aberglauben, der sich über viele Jahrzehnte hinweg gefestigt hat.
Während die Methode tatsächlich im Labor funktioniert, gibt es in der Praxis keine Belege, die einer Überprüfung standhalten. Im Gegenteil, es gibt sogar die Befürchtung, dass die zusätzlichen Kristallisationskeime stellenweise zu mehr und auch größeren Hagelkörnern führen können. Zum Glück lässt sich auch das nicht nachweisen: Bei einer Studie, durchgeführt von Michael Kunz vom Karlsruhe Institute of Technology, zeigte sich, dass in Regionen mit Hagelfliegern genauso viele Schäden an Gebäuden auftraten wie in Regionen ohne Hagelflieger. Diese Methode wählte er, weil es im Gegensatz zu subjektiven Aussagen über Ernteschäden zu Gebäudeschäden sehr präzise Aufzeichnungen der Versicherungen gibt.
Der Wissenschaftler will aber nicht ausschließen, dass die Methode manchmal doch durch Zufall funktioniert. Dann könne es zu enormen Regenmengen kommen, die sich direkt über einem Ort entladen – und damit zu Schäden durch Überflutungen. Am 17. September berichtete auch „derStandard“ über Hagelflieger in der österreichischen Region Krems. Aus dem Artikel wird klar, dass es sich hinsichtlich der Arbeitszeit um eine Art Freiwilligenprojekt handelt – die Kosten für das Fluggerät tragen betroffene Gemeinden und Landwirte. Fünfzehn Piloten und drei Flugzeuge stehen im Einsatz und setzen im Bedarfsfall ein Gemisch aus Silberjodid und Aceton frei. Dabei wird darauf hingewiesen, dass in einer Maschine der Hebel zum Aktivieren der Sprühvorrichtung mit „Chemtrail“ beschriftet ist – scherzhaft, wie der Erfinder betont.
Silberjodid wäre nicht gefährlich, betonen verschiedene „Experten“ des umstrittenen Blattes. Denn man könne die Partikel am Boden nicht mehr nachweisen. Silvesterfeuerwerke wären bedenklicher, treibt man den ideologischen Kampf gegen die Tradition auch in diesem Wissenschafts-Artikel voran. Seit 1970 sind Hagelflieger „in Mode“ – und seit dieser Zeit gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis für die Wirksamkeit. Hagelversicherungen glauben nicht an einen Nutzen und finanzieren die Flüge deshalb auch nicht.
„Jedes Gewitter, jede Wolke ist anders. Man weiß nie, was passiert wäre, wären keine Hagelflieger geflogen“, erklärt er. Dass es keinen direkten Beweis gebe, bedeute aber nicht, dass die Hagelabwehr keine Wirkung habe.
Prof. Josef Eitzinger, BOKU, in derStandard
Auch eine andere Studie wird in dem Blatt zitiert, allerdings unvollständig. Angeblich hätten man dabei in Österreich festgestellt, dass die durchschnittliche Größe der Hagelkörner abgenommen habe. In anderen Medien liest man die ganze Geschichte. Es gab weder eine Peer Review, noch Vergleichsgebiete oder eine größere Betrachtung des Wettergeschehens. So wäre die scheinbare Abnahme der Hagelgefahr auch einfach mit einer Abnahme von Unwettern im Vergleichszeitraum erklärbar – die Studie habe keine Vergleichsgebiete ohne Hagelflieger betrachtet und wäre deshalb wertlos.
In Österreich kam es rund um das Jahr 2019 zu größerem zivilen Widerstand gegen die Hagelflieger. Der „Verein zur Erhaltung der natürlichen Niederschläge“ machte mobil und forderte eine Rückkehr zu eben diesen natürlichen Niederschlägen ohne künstliche Eingriffe. Der Verein geht davon aus, dass die Hagelflieger kleine Gewitterwolken auflösen können, aber gegen große Unwetter keine Chance hätten. „Ich glaube, es ist nicht gut, Wettergott zu spielen!“, zitierten die Niederösterreichischen Nachrichten einen Vereinsfunktionär. In einem ORF-Bericht äußert sich ein Wissenschaftler der ZAMG dahingehend, dass es keinen Nachweis über einen Effekt der Hagelflieger gibt und der ZAMG auch kein direkter Zusammenhang mit Hagel und Regen bekannt sei: „Nachdem wir noch nicht einmal einen Nachweis über einen Effekt in Bezug auf Hagel haben, weil uns die Langzeitstudien fehlen, kann man nicht von einem Effekt auf Regen ausgehen.„
Mit der Theorie der Chemtrails hat all das freilich kaum etwas zu tun. Hier gehen verschiedene Personenkreise davon aus, dass in nahezu jedem Verkehrsflugzeug Behälter mit Giftstoffen angebracht sind, welche das Wetter beeinflussen oder absichtlich die Ernte schädigen sollen. Dazu wurden vielfältige Schadstoffmessungen am Boden durchgeführt. Regierungen, Militärs und Fluggesellschaften werden der Verschwörung bezichtigt. Inwiefern sich diejenigen, welche angeblich das Ausbringen von Chemtrails anordnen, selbst vor den Schadstoffen in Sicherheit bringen können, ist einer der Schwachpunkte der Theorie. Für viele Menschen sind Chemtrails eine weitere Angst, mit der sie sich jeden Tag durch den Blick in den Himmel verunsichern. Denn klar ist – ein schönes Leben hat man nicht mehr, wenn ständige Angst vor dem Gift aus dem Himmel ein täglicher Begleiter ist und zu den staatlich verordneten Ängsten dazu kommt.