Wieder einmal gerät die katholische Kirche in die Schlagzeilen, weil der Missbrauch von Hunderten Kindern jahrzehntelang vertuscht wurde. Das unsägliche Leid, welches diese Kinder erleiden mussten, war den Kirchenführern völlig egal.
Die Generalstaatsanwaltschaft des US-Bundesstaates Maryland hat nach einer vierjährigen Untersuchung einen vernichtenden Bericht veröffentlicht, wonach die katholische Erzdiözese Baltimore den jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester und andere Kleriker systematisch vertuscht hat. Demnach wurden mehr als 600 Kinder von rund 200 Geistlichen, Nonnen, Seminaristen und Diakonen sexuell missbraucht. Wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegt, zumal die Untersuchung bis in die 1940er-Jahre zurückreicht und viele der Betroffenen gar nicht mehr am Leben sind oder sich auch nach so vielen Jahrzehnten gar nicht mehr dazu äußern wollen.
„Dieser Bericht veranschaulicht das verwerfliche, systematische Versagen der Erzdiözese, die Schwächsten zu schützen – die Kinder, die sie beschützen sollte“, sagte Generalstaatsanwalt Anthony Brown in einer Erklärung. Der Bericht stellte fest, dass die „schiere Zahl der Täter und Opfer, die Verderbtheit des Verhaltens der Täter und die Häufigkeit, mit der bekannten Tätern die Möglichkeit gegeben wurde, sich weiter an Kindern zu vergehen, erstaunlich sind“.
Die Erzdiözese, die älteste römisch-katholische Diözese in den USA, hat dem Bericht zufolge die Opfer nicht unterstützt und geschützt, als Missbrauchsvorwürfe aufkamen. Als die Diözese beispielsweise 1987 erfuhr, dass ein Geistlicher ein 14-jähriges Mädchen sexuell missbraucht hatte und dieser zugab, „von einigen jungen Mädchen erregt“ zu sein, teilte sie dem Opfer mit, dass der Täter eine Therapie erhalten und von Kindern ferngehalten werden würde. Die Diözese ergriff keine weiteren Maßnahmen, bis sich 1994 weitere Opfer meldeten. Bis dahin, so der Bericht, waren neun weitere Mädchen missbraucht worden, und es gab Hinweise auf weitere Opfer, die sich entschieden hatten, sich nicht zu melden.
In den letzten 70 Jahren wurden Schätzungen zufolge insgesamt etwa 216.000 Kinder von katholischen Geistlichen missbraucht, wobei die Zahl der Opfer möglicherweise auf 330.000 ansteigt, wenn man Vorfälle durch Laienvertreter der Kirche mit einbezieht. Von den insgesamt 115.000 Priestern und Geistlichen, die der Kirche in diesem Zeitraum angehörten, wurden rund 3.000 des Missbrauchs beschuldigt.