Wegen eines Gesetzes zur Auslandsfinanzierung von Organisationen protestieren Menschen in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Eine Destabilisierung des Landes an der Südgrenze Russlands könnte im US-Interesse liegen.
In der georgischen Hauptstadt Tiflis haben Demonstranten das Parlamentsgebäude gestürmt. Der Grund dafür: Ein umstrittener Gesetzesentwurf. Die georgischen Abgeordneten stimmten mit 76 zu 13 Stimmen für einen Gesetzentwurf, der vorsieht, dass alle Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Mittel aus dem Ausland erhalten, sich als „ausländische Agenten“ registrieren lassen müssen. Der andere Vorschlag, der zur Debatte stand, orientierte sich an dem in den 1930er Jahren erlassenen amerikanischen FARA-Gesetz, das auf Einzelpersonen anwendbar gewesen wäre und strafrechtliche Sanktionen vorsah.
Ein ähnliches Gesetz ist auch seit dem Jahr 2012 in Russland in Kraft, wofür man den Kreml im Westen scharf kritisierte – auch wenn die Vereinigten Staaten eine solche Regelung ebenfalls kennen. Doch was in den USA gilt, soll nicht zwangsläufig auch in anderen Ländern zur Anwendung kommen. Zumindest könnte man dies meinen, wenn man die westlichen Reaktionen darauf als Maßstab hernimmt. Denn Washington (sowie Brüssel und London) nutzen – wie auch diverse westliche NGOs – gerne verschiedene Organisationen in den ehemaligen Sowjetrepubliken, um dort mittels „Soft Power“ Einfluss auf die Zivilgesellschaft und deren Wahlverhalten zu nehmen. Die „Open Society Foundations“ von George Soros und das vom US-Außenministerium finanzierte „USAID“ sind beispielsweise berüchtigte Proponenten dafür.
Die britische Presse schlägt sich wegen des Gesetzes auf die Seite der in Frankreich geborenen georgischen Präsidentin Salome Surabischwili, die sich derzeit in den Vereinigten Staaten befindet und gegen das Gesetz ein Veto einlegen möchte. Auch wenn das von der Regierungspartei „Georgischer Traum“ dominierte Parlament einen Beharrungsbeschluss fassen kann und dieses Gesetz damit auch ohne ihre Unterschrift in Kraft tritt. Denn die Einflussnahme durch westliche Organisationen und Regierungen in der früheren Sowjetrepublik würde durch das Gesetz leichter auffallen. Allerdings gilt dies auch für russische oder chinesische Gelder, die nach Georgien fließen.
Es ist davon auszugehen, dass vor allem die vom Westen unterstützten Gruppierungen und Organisationen in Georgien zu diesem Proteststurm aufgerufen haben. Immerhin haben sie am meisten zu verlieren. Deshalb auch die massive Kritik aus Washington, welches der Regierungspartei bereits „Kremlnähe“ vorwirft. „Wir sind nach wie vor zutiefst beunruhigt über das Gesetz über ausländische Agenten, gerade weil es unabhängige Stimmen und Bürger Georgiens, die sich für den Aufbau eines besseren Landes für ihre Mitbürger und für ihre Gemeinden einsetzen, stigmatisieren und zum Schweigen bringen würde. Wir sind zutiefst besorgt über die möglichen Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Meinungsfreiheit und die Demokratie in Georgien“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price. Doch welche Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und die Demokratie hat dasselbe Gesetz in den Vereinigten Staaten, wo die allgemeine Hysterie um eine angebliche „russische Wahleinmischung“ ja immer noch nicht ganz abgeklungen ist?
Doch offensichtlich zielen die Proteste darauf ab, den georgischen Premierminister, Irakli Garibaschwili, abzusetzen. Denn dieser besteht darauf, dass seine „ausgewogene“ Russlandpolitik darauf abziele, „Frieden und Stabilität“ zu gewährleisten. Angesichts dessen, dass Moskau die beiden abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien unterstützt, liegt die Installation einer strikt prowestlichen Regierung durchaus im Interesse Washingtons. Diese könnte den Konflikt um die beiden selbsternannten Republiken wieder anheizen und so ein militärisches Eingreifen Moskaus provozieren, was sich auch negativ auf die russische Militäroperation in der Ukraine auswirken würde. Kommen diese Proteste einfach „aus dem blauen Himmel“, oder wurden sie gezielt von außen angefacht? Cui bono?