Mit Bezug auf die Urteile der Amtsgerichte Weimar und Weilheim, in welchen festgehalten wurde, dass Maskenpflicht, Abstandsregelung und COVID-19-Testpflicht zum Schutz des Kindeswohls unzulässig sind, informieren die österreichischen Rechtsanwälte für Grundrechte in einem Schreiben die heimische Gerichte über die Ausführungen der hinzugezogenen Gutachter und ersuchen, diese Erkenntnisse im Zuge der künftigen Rechtssprechung zu berücksichtigen.
Von Siri Sanning
Das Schreiben der Anwälte im Wortlaut
Betreff: AG Weimar und AG Weilheim – Maskenpflicht, Abstandsregelung und COVID-Testpflicht zum Schutz des Kindeswohls unzulässig!
Sehr geehrte Gerichtsvorsteherinnen!
Sehr geehrte Gerichtsvorsteher!
Wir – die Rechtsanwälte für Grundrechte – nehmen uns seit Monaten um die verzweifelten Hilferufe der Bevölkerung an und unterstützen die BürgerInnen Österreichs im Zusammenhang mit den unfassbaren Folgen der verfehlten COVID-Politik. Insbesondere Kinder und Jugendliche leiden psychisch und physisch immens an der derzeitigen Situation, da Politik und Regierung das Kindeswohl völlig außer Acht lassen.
Es ist Ihnen gewiss aus den Medien bekannt, wie sehr unsere Kinder und Jugendlichen unter den COVID Maßnahmen leiden. Es vergeht kein Tag, in dem nicht auf die schwere Belastung unserer Kinder durch diese Maßnahmen hingewiesen wird. Berichte der Kinder-und Jugendpsychiatrie Wien, Primar- und FachärztInnen aus einschlägigen Fachabteilungen ersuchen dringend darauf Rücksicht zu nehmen, da an diesen Abteilungen bereits Triagen durchgeführt werden müssen. Wir erlauben uns auf die Dokumentation „Lockdown Kinderrechte“ aufmerksam zu machen (https://www.acu-austria.at/lockdown-kinderrechte – Link bitte offen stehen lassen).
Daher appellieren wir an Sie und an Ihre PflegschaftsrichterInnen, diesem Missstand entgegenzutreten und für eine aktive Wahrnehmung des Kindeswohls einzutreten.
Hierzu machen wir auf die jüngste Rechtssprechung in Deutschland aufmerksam. Das AG Weimar hat auf Grundlage eines „Kinderschutzverfahrens“ gemäß § 1666 BGB – anzuwenden bei Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes – unter Einholung dreier Sachverständigengutachten ausführlich die Unzulässigkeit der Maskenpflicht, der Mindestabstände sowie der Verpflichtung zur Teilnahme an COVID-Schnelltests ausgesprochen. Für die Antragstellerin und ihre Söhne ist dieser Beschluss nach wie vor rechtsverbindlich – lediglich die vom Erstgericht vorgenommene Ausweitung des Geltungsbereichs des Beschlusses auf Schulkinder und Lehrkräfte wurde durch das VG Weimar aufgehoben. Zudem hat jüngst auch das AG Weilheim im Sinne dieser Rechtssprechung entschieden.
Die in diesen Verfahren eingeholten Gutachten können auch für Sie und Ihre RichterInnen in innerstaatlichen Verfahren nach § 107 Abs 3 AußStrG bei der Prüfung und Sicherung des Kindeswohls hilfreich sein.
1) AG Weimar, 8.4.2021, Az 9 F 148/21
Die Kinder der Antragstellerin waren in der Schule einem Maskenzwang, der Einhaltung von Mindestabständen und regelmäßigen COVID-Tests ausgesetzt. Die Mutter machte geltend, dass ihre Kinder dadurch physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt würden, ohne dass dem ein Nutzen für die Kinder oder Dritte gegenüberstehe.
Zu den Fragen der Nützlichkeit und Schädlichkeit von FFP2-Masken wurden Gutachten von Frau Prof. Dr. med. Ines Kappstein, Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin, (Seite 20-108) und Prof. Dr. Christoph Kuhbandner, Professor für Psychologie, (Seite 108-144) eingeholt. Zur Frage der Aussagekraft von PCR- sowie Schnelltests wurde ein Gutachten von Frau Prof. Dr. rer. Biol. Hum. Ulrike Kämmerer, Humanbiologin, Immunologin und Zellbiologin am Universitätsklinikum Würzburg, (Seite 144-163) eingeholt.
Die Gutachter kommen zu folgenden wesentlichen Ergebnissen:
- Die Effektivität von Masken für gesunde Personen und Dritte in der Öffentlichkeit ist nicht durch wissenschaftliche Evidenz belegt. Die derzeit vorliegenden bloßen mathematischen Schätzungen sind nicht geeignet, eine Wirksamkeit im wirklichen Leben zu belegen (S.94, 98, 123).
- Jede Maske muss, um prinzipiell wirksam sein zu können, richtig getragen werden. Andernfalls ist diese selbst ein Kontaminationsrisiko, wenn sie angefasst wird. Handhabungsprobleme sind insbesondere bei jüngeren SchülerInnen kaum vermeidbar (S.94, 123).
- Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit des Abstandhaltens außerhalb der Patientenversorgung (S.98, 138).
- An Schulen treten auch ohne Masken sehr selten Ansteckungen auf. Die aktuellen Infektionszahlen gehen auf die hohe Testanzahl bei Kindern zurück.
- Körperliche Beeinträchtigungen durch das lange Tragen von Masken: Kopfweh, Gefühl der Atemnot, trockener Hals, Hautprobleme wie Acne, erhöhte CO2-Konzentration im Blut, Unwohlsein, Munderkrankungen wie Karies, Mundgeruch und Zahnfleischentzündungen, Verformung der Ohrmuschel, erhöhte Wahrscheinlichkeit für Herzkrankheiten, Diabetes und Krebs (S.124 ff.)
- Psychische Beeinträchtigungen durch das lange Tragen von Masken: Stress, Angststörungen, Entwicklungsstörungen, Einschränkung der nonverbalen Kommunikation, Stimmungsschwankungen, Schwindel, verringerte kognitive Leistungen, Entstehen von Depressionen und Diskriminierung von Kindern, die keine Masken tragen können (124 ff.).
- Problematische Nebenwirkungen können auch toxische Bestandteile auf den Masken selbst mit sich bringen (S.132).
- Ein häufiger Kontakt unter Kindern selbst kann eine Schutzfunktion vor der Entwicklung einer schweren COVID-19-Erkrankung darstellen (S.141).
- Die zum Massentest eingesetzten Antigen-Schnelltests können keinerlei Aussage über eine Infektiosität leisten, da hiermit nur Protein-Bestandteile ohne Zusammenhang mit einem intakten, vermehrungsfähigen Virus nachgewiesen werden können (S. 157 ff).
- Die geringe Spezifität der Tests bedingt eine hohe Rate an falsch positiven Ergebnissen, welche unnötige personelle (Quarantäne) und gesellschaftliche (z.B. Schulen geschlossen, „Ausbruchsmeldungen“) Folgen nach sich ziehen, bis sie sich als Fehlalarm entpuppen (S. 163)
2) AG Weilheim in Oberbayern 13.4.2021, Az 2 F 192/21
Gegenstand des Verfahrens war auch hier die Anregung der Eltern des betroffenen Kindes zur Überprüfung der Gefährdung des Kindeswohls durch die Anordnung zum Tragen einer MNS-Maske während und außerhalb des Unterrichts sowie durch die Abstandspflicht.
Die oben angeführten gutachterlichen Feststellungen wurden durch Einholung neuer Gutachten dem Inhalt nach bestätigt und wurde zusätzlich ausgeführt:
- Aus einer in der Fachzeitschrift Monatsschrift Kinderheilkunde publizierten Studie geht hervor, dass 68% der Kinder über Beeinträchtigungen durch das Maskentragen klagen. Von Daten zu 25.930 Kindern litten 13.811 der Kinder unter Kopfschmerzen, 12.824 unter Konzentrationsschwierigkeiten, 9.460 unter Schläfrigkeit, 7.700 unter Kurzatmigkeit, 6.848 unter Schwindel, 5.365 unter Ohnmachtsanfällen, und 4.292 unter Übelkeit (S. 4).
- Das Tragen von Masken im Klassenzimmer ist nicht vergleichbar mit dem Tragen von Masken in Operationssälen, da letztere über hochleistungsfähige Lüftungssysteme verfügen (S. 6).
- Die Zahl der falsch positiven Testresultate steigt umgekehrt proportional zu den Symptomen der getesteten Personen an. Je weniger klinische Symptome die Personen aufweisen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Tests ein falschpositives Ergebnis liefern (s. 13)
3) Bisherige innerstaatliche Rechtssprechung
Darüberhinaus hat innerstaatlich, wie Ihnen sicherlich bekannt ist, der Oberste Gerichtshof in einem Verfahren nach dem HeimAufG festgehalten, dass die Zuverlässigkeit von COVID-19-Tests nur 32-63% beträgt (OGH 23.9.2020, 7 Ob 151/20m).
Auch das LvwG Wien hielt fest, dass schon ein PCR-Test nicht zur Diagnostik geeignet ist, da er für sich alleine nichts zur Krankheit oder einer Infektion eines Menschen aussagt. Die klinische Abklärung, ob eine Person krank oder gesund ist, muss von einem Arzt getroffen werden. Antigentests sind darüberhinaus bei fehlender Symptomatik hochfehlerhaft (LvwG Wien 24.3.2021, VGW-103/048/3227/2021).
Sämtliche in den Schulen verordnete Maßnahmen sind daher nicht nur zur Vermeidung der Verbreitung von COVID-19 ungeeignet. Sie schädigen nachhaltig die psychische und physische Gesundheit unserer Kinder. Daher ergeht die nochmalige Bitte der Rechtsanwälte für Grundrechte, das Kindeswohl gerade in dieser schwierigen Zeit aufrecht zu erhalten. Dies erscheint uns gewährleistet, wenn die Erkenntnisse bei den zu beurteilenden Pflegschaftsverfahren Einfluss finden.
Aus diesem Grunde ersuchen wir Sie höflich, dieses Schreiben jedenfalls an alle KollegInnen weiterzuleiten, die an Ihrem Gericht mit Pflegschaftssachen betraut sind.
Für allfällige Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung!
Rechtsanwälte für Grundrechte – Anwälte für Aufklärung
Beilagen:
- Beschluss AG Weimar, 8.4. 2021, Az 9 F 148/21
- Beschluss AG Weilheim in Oberbayern 13.4.2021, Az 2 F 192/21
Zum Originalschreiben sowie zu den Beschlüssen Weimar und Weilheim gelangen Sie über diesen Link: https://www.afa-zone.at/allgemein/schreiben-an-oesterreichische-gerichte
Konflikt um Rechtsstaatlichkeit
In unserem Nachbarland tobt aktuell um die Urteile von Weimar und Weilheim ein Konflikt, wie es ihn in der jüngeren deutschen Geschichte in dieser Form wohl noch nicht gegeben hat.
Christian Dettmar, Familienrichter in Weimar (Urteil 8.4.2021, siehe oben) wurde wegen des Verdachts der Rechtsbeugung angezeigt und musste sogar eine Hausdurchsuchung inkl. Beschlagnahmung seines Handys über sich ergehen lassen musste – (Report24.news berichtete).
Sein Verteidiger Dr. Strate nimmt in der 50. Sitzung der Stiftung Corona Ausschuss – „Solidarität!“, 30.4.2021 – dazu ausführlich Stellung.
Die Staatsanwaltschaft München leitete gegen die Richterin in Weilheim (Urteil 13.4.2020, siehe oben) Ermittlungen ein.
Und auch der Weimarer Amtsrichter Matthias Guericke, welcher im Januar 2021 mit seinem Urteil in einem Ordnungswidrigkeiten-Verfahren für Aufsehen gesorgt hatte, ist ins Visier von Ermittlern geraten.
So nachzulesen im Artikel „Richter unter Druck: Angriff auf richterliche Unabhängigkeit?“ des Journalisten Martin Lejeune, der Interessierten auch ein Interview mit der Mutter, welche in Weimar für ihre beiden Söhne vor Gericht zog, sowie Stellungnahmen verschiedener Rechtsexperten bietet.
Urteil aus Karlsruhe stützt Beschloss aus Weimar
In der Zwischenzeit erging in einem anderen Fall ein Beschluss, welcher die Rechtsauffassung Richter Dettmars, dass die Prüfung einer Kindeswohlgefährdung in die Zuständigkeit des Familiengerichts fällt, stützt. Nachdem die Beschwerde einer Mutter in Pforzheim vom Familiengericht an das Verwaltungsgericht verwiesen worden war, wurde sie vom Senat für Familiensachen am OLG Karlsruhe wieder dorthin zurückverwiesen. Die Beurteilung einer möglichen Kindeswohlgefährdung sei per Gesetz Aufgabe des Familiengerichts, welche nicht auf das Verwaltungsgericht übertragen werden könne.
Aus Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland und aus Solidarität mit Richter Dettmar, der es gewagt hatte, ein evidenzbasiertes, jedoch politisch missliebiges Urteil zu fällen, wurden am 1. Mai 2021 als Zeichen des friedlichen Protests vor unzähigen Amtsgerichten Kerzen und ein Meer aus weißen Rosen ausgelegt.