Es war ein glatter Freispruch, doch die Berufung folgte prompt. Heute wird vor dem Oberlandesgericht Linz in der nächsten Instanz wegen angeblicher „Majestätsbeleidigung“ durch den kritischen Journalisten Florian Machl verhandelt. Sein „Vergehen“: Er schrieb in einem Meinungsbeitrag hinsichtlich der Corona-Maßnahmen, Bundespräsident Alexander van der Bellen habe „die Verfassung mit Füßen getreten“. In erster Instanz wurden Machls Äußerungen als klar von der Meinungsfreiheit gedeckt beurteilt.
Lesen Sie hier Florian Machls Einordnung zum heutigen Prozess: Der “beleidigte” Präsident Van der Bellen zieht gegen Florian Machl vors Oberlandesgericht
Edith Brötzner ist vor Ort und hält Sie per Liveticker auf dem Laufenden:
9:50 Uhr: Für die Verhandlung wurde ein winzig kleiner Raum ausgewählt. Entsprechend klein ist auch die Anzahl der Zuseher. Vor dem Gerichtsgebäude haben sich wieder zahlreiche Unterstützer eingefunden!
10:00 Uhr: Das erste Urteil wird noch einmal referiert. Der Oberstaatsanwalt spricht von „Wertungsexzessen“, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, und befindet, dass das Urteil des Erstgerichts die Position des Bundespräsidenten nicht ausreichend berücksichtigt habe. Er beantragt einen Schuldspruch.
Besonderer Ehrenschutz für den Bundespräsidenten?
10:10 Uhr: RA Schmidauer stellt fest: Es ist zu prüfen, ob ein besonderer Ehrenschutz für den Bundespräsidenten (nachfolgend: BP) zum Tragen kommt. Ein solcher ist nicht in der Rechtssprechung vorgesehen.
10:12 Uhr: RA Schmidauer verweist auf ein Tatsachensubstrat: Es sei zu prüfen, ob die Amtsordnung besonderen Ehrenschutz zulässt. Dieser ist nicht vorgesehen. Es gebe eine Reihe von Dingen, die dazu führen, dass der BP kritisch zu betrachten ist. Er verweist hier auf 50 verfassungswidrige Verordnungen, die vom BP nicht kommentiert wurden. Die Wurzel der Meinungsfreiheit sei die Kritik an mächtigen – je mächtiger, desto eher muss man Kritik aushalten.
10:16 Uhr: RA Schmidauer weist darauf hin, dass der Riss auch durch seine Familie gehe: Die Gattin des Bundespräsidenten ist seine Cousine.
10:18 Uhr: Florian Machl stellt fest, den Bundespräsidenten seiner Ansicht nach nicht beleidigt zu haben. Seine Kontaktversuche per Mail an die Hofburg mit Nachfragen, worin die Beleidigung bestehe, blieben unbeantwortet. Es scheine für ihn darum zu gehen, jede Kritik am Bundespräsidenten zu unterbinden. Er sollte sowohl als Journalist als auch als Bürger das Recht haben, seine Meinung ohne Beleidigung zu sagen. Journalisten müssen formulieren dürfen, dass Politiker Fehler machen und worin diese Fehler bestehen.
10:20 Uhr: Richterin und Staatsanwalt ziehen sich zur Beratung zurück.
10:25 Uhr: Florian Machls erster Eindruck: Der Staatsanwalt spult nur das absolute Pflichtprogramm ab, meidet jeden Blickkontakt, erweckt den Eindruck, als sei er ungern hier. Die Richterin wirkt bislang weitgehend neutral und korrekt. Lediglich der große Andrang von Menschen, die immer noch versuchen, in den längst überfüllten Raum zu drängen, nervt sie sichtlich.
10:30 Uhr: Das Urteil wird verkündet! „Hat die Verfassung mit Füßen getreten“ ist zu wenig für einen Schuldspruch. Florian Machl wird rechtskräftig freigesprochen!