Massive Proteste der Bevölkerung gegen die Zwangsmaßnahmen der australischen Regierung sind in mehreren Großstädten teilweise eskaliert, gleichzeitig mahnen australische Medien vor „rasant steigenden Covid-Fällen“ in Sydney und anderen Regionen des Kontinents, die Behörden sprechen von einem „anhaltenden und wachsenden Problem“. The Guardian berichtete in seiner Samstagsausgabe von „tausenden wütenden, unmaskierten Menschen“, die am Samstagnachmittag durch das zentrale Geschäftsviertel von Sydney zogen und ein Ende des Lockdowns forderten. Die derzeitigen Ausgangssperren gehen nun in die fünfte Woche – bei faktisch nicht messbarem Infektionsgeschehen.
Die Demonstrationen gegen die mit Blick auf das tatsächliche Infektionsgeschehen schon fast willkürlich wirkenden Eindämmungsmaßnahmen der australischen Regierung wurden durch die Polizei teils gewaltsam beendet. In der Folge kündigte der Polizeiminister von New South Wales, David Elliott, die Bildung einer Spezialeinsatztruppe an, mit dem Ziel, jeden der nach Polizeiangaben 3.500 Demonstranten bei der „Super Spreader“-Veranstaltung zu identifizieren. Elliott teilte mit, 57 Menschen seien festgenommen und mehrere Polizisten angegriffen, teils verletzt worden. „Wenn wir in der nächsten Woche keinen [Anm. d. Red.: Covid]-Anstieg in den Gebieten sehen, aus denen diese Demonstranten kamen, wäre ich sehr, sehr überrascht“, resümierte Elliott.
Wut wächst: Massive Demonstrationen in allen australischen Großstädten
Bei der Demonstration gegen die staatlichen Zwangsmaßnahmen kam es am Samstagnachmittag zu Ausschreitungen. Demonstranten durchbrachen von der Polizei errichtete Barrieren in Sydney und warfen Plastikflaschen auf die Einsatzkräfte. Die Wut auf die Regierung und gegen die anhaltenden Maßnahmen wächst offenbar ins Unermessliche. Ähnliche Szenen spielten sich am Wochenende auch in Melbourne und Adelaide ab, die Bevölkerungen beider Städte leiden unter dem seit Wochen anhaltenden Lockdown und Ausgangssperren. Auch in Brisbane, wo bislang keine Ausgangssperren herrschen, kam es am Samstag zu Demonstrationen gegen die staatlichen Corona-Zwangsmaßnahmen.
Gesundheitsminister mahnt: „Bitte bleiben Sie zuhause“
Während die Demonstration in Sydney in vollem Gange war gab der Gesundheitsminister von New South Wales, Brad Hazzard, am Samstag bekannt, es sei eine neue „Rekordzahl an Coronavirus-Fällen“ gemeldet worden – dem Guardian nach ganze 163 positive Tests in den letzten 24 Stunden. Er flehte die Menschen an, zu Hause zu bleiben. „Wir brauchen unsere Gemeinschaft, insbesondere im Südwesten und Westen Sydneys, bitte, bleiben Sie zuhause, hören Sie die Botschaft und bleiben Sie zu Hause“, sagte Hazzard.
Covid-19 als Vorwand: Kritik an Regierung wird im Keim erstickt
Die Polizei des australischen Bundesstaats New South Wales sagte, als Reaktion auf den nicht genehmigten Protest in Sydney seien Beamte aus der gesamten zentralen Metropolregion mit Unterstützung von Spezialisten eingesetzt worden. „Die Polizei von New South Wales anerkennt und unterstützt die Rechte von Einzelpersonen und Gruppen, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung auszuüben, jedoch verstößt der heutige Protest gegen die aktuellen öffentlichen Gesundheitsvorschriften von Covid-19“, hieß es. „Die Priorität für die Polizei von New South Wales ist immer die Sicherheit der breiteren Gemeinschaft.“ Hazzard verurteilte die Proteste bereits vor ihrem Beginn am Samstagmorgen als „wirklich albern“. „Wir leben in einer Demokratie und normalerweise bin ich sicherlich einer, der das Recht der Menschen auf Protest unterstützt.“, rechtfertigte sich Hazzard. Der stellvertretende Polizeivorsitzende New South Wales, Gary Worboys, sagte dem Guardian nach, die Polizei wolle mit den Organisatoren der Proteste zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Menschen die Anforderungen zur „öffentlichen Gesundheit“ einhielten und dass es nicht zu einem „katastrophalen Super-Spreader“ Ereignis käme. In Melbourne versammelten sich gleichzeitig tausende Demonstranten im zentralen Geschäftsviertel und skandierten „Freiheit“. Ein AAP-Fotograf (australische Presseagentur) vor Ort beschrieb die Demonstration als „unheimlich“, die Menge sei „maskenlos und verbal aggressiv“, erklärte dann aber, die Stimmung habe sich später beruhigt.
Zwölf neue „Fälle“: Lockdown und Ausgangssperre ohne messbares Infektionsgeschehen
Einige Demonstranten zündeten Fackeln an, als sie sich vor dem Parlamentsgebäude von Victoria versammelten. Sie hielten Augenzeugenberichten nach Transparente hoch, darunter eines mit der Aufschrift: „Hier geht es nicht um ein Virus, sondern um die totale staatliche Kontrolle der Menschen.“ Der Protest wurde schlussendlich durch die Polizei gewaltsam beendet. Der Guardian berichtete außerdem über staatliche Übergriffe auf Pressevertreter. Ein AAP-Fotograf, der eine sichtbare Presseakkreditierung trug, sei mit Pfefferspray besprüht worden, als die Polizei die Kundgebung räumte. Der Premierminister des Bundesstaates Victoria, Daniel Andrews, bezeichnete die Proteste gegen Lockdown und die Ausgangssperren zuletzt als „lächerlich“. „Protestieren Sie gegen dieses Virus, indem Sie zu Hause bleiben, die Regeln befolgen und damit dem Lockdown entgehen“, sagte er. Victoria verzeichnete am Samstag ganze 12 (in Worten: zwölf!) neue lokale Covid-19-Testpositive, von denen sich den Angaben nach 10 von Beginn an in Quarantäne befanden. Alle positiven Tests seien den Behörden nach mit aktuellen „Ausbrüchen“ verbunden. Der gesamte Bundestaat Victoria befindet sich trotz nicht messbarem Infektionsgeschehens seit dem 16. Juli im totalen Lockdown.
„Rechtswidrige Aktivitäten“ – Demonstrationsrecht wird durch Regierung kriminalisiert
Ein Autokorso ist auch für das vom Lockdown geplagte Adelaide, die Hauptstadt des Bundesstaates Südaustralien geplant. Der Guardian berichtet, die Polizei habe bereits gewarnt, dass Teilnehmer wegen „rechtswidriger Aktivitäten“ festgenommen werden könnten. Am Samstag habe der südaustralische Premierminister Steven Marshall einen einzigen „neuen Fall“ von Covid-19 gemeldet, der mit dem Weingut-Cluster Tenafeate in Verbindung stehen soll. Südaustralien befindet sich derzeit ebenfalls im Lockdown. Marshall kündigte an, diesen möglicherweise am Dienstag zu beenden.
Hohe Impfskepsis in der australischen Bevölkerung gefährde „Menschenleben“
In Australien herrscht eine deutlich größere Skepsis gegenüber den nur bedingt zugelassenen Gen-Impfstoffen als in anderen Ländern der Welt. Derzeit sind offiziellen Angaben nach nur etwa 12,4 Prozent der australischen Bevölkerung vollständig gegen SARS-CoV2 geimpft, in Deutschland sind es dem Covid-19 Impfdashboard des Robert-Koch-Instituts nach am 23. Juli 49,1 Prozent der Bevölkerung. Mit Hinblick auf die vergleichsweise geringe Impfquote Australiens sagte der stellvertretende Chief Medical Officer Michael Kidd, die Proteste gefährden Menschenleben. „Ich mache mir große Sorgen, wenn sich die Menschen nicht an diese Beschränkungen halten. Wenn das passiert, besteht die Gefahr, dass wir Covid-19 verbreiten“, sagte er am Samstag.
Neue Mutationen als Rechtfertigung für Grundrechtseinschränkungen – ohne Faktenbasis
Auch die mahnenden Worte vor der angeblich ansteckenderen und tödlicheren Delta-Variante durften nicht fehlen. „Dies [Anm. d. Red.: zuhause zu bleiben] ist während dieses Ausbruchs mit der Delta-Variante noch dringender als zu den Zeiten im letzten Jahr, als wir ähnliche Proteste sahen.“, so Kidd. Zuletzt warnte auch der nicht ganz unumstrittene deutsche „Gesundheitsexperte“ Karl Lauterbach (SPD), die Delta-Variante des Coronavirus sei nicht nur viel ansteckender sondern auch deutlich tödlicher als bisherige Mutationen des Virus. Dass dies absolut konträr den gemeldeten Todeszahlen gegenübersteht und es für Lauterbachs Behauptungen keinerlei Belege oder valide Datenbasis gibt bleibt selbstverständlich unerwähnt.
0,00356 Prozent der Bevölkerung verstorben – Maßnahmen höchst fragwürdig
Seit Ausrufung zur weltweiten Pandemie sind in Australien dem Dashboard der Weltgesundheitsorganisation WHO nach mit Stand 24. Juli 2021 915 Menschen im Zusammenhang mit SARS-CoV2 verstorben, in einem Zeitraum von etwa 16 Monaten. Gemessen an der Einwohnerzahl des Kontinents von etwa 25,7 Millionen sind das 0,00356 Prozent der Bevölkerung, wobei bis heute nicht klar ist, ob die Betroffenen ursächlich am Virus oder durch Begleiterscheinungen (Alter, Vorerkrankungen) verstorben sind. Australien fiel in den vergangenen Monaten immer wieder durch besonders restriktive Zwangsmaßnahmen gegenüber der Bevölkerung auf. Gleichzeitig konnte ein messbares Infektionsgeschehen in Australien bisher kaum nachgewiesen werden. Auch seit dem Beginn der Verbreitung der indischen Delta-Variante ist kein signifikanter Anstieg der Todesfälle nachgewiesen worden. Die Todeszahlen in Zusammenhang mit SARS-CoV2 in Australien stagnieren etwa seit Ende 2020 auf gleichbleibendem Niveau, ein statistisch relevanter Anstieg ist etwa seit November 2020 bis heute nicht festzustellen. Den höchsten und messbaren Anstieg der Todeszahlen verzeichnete Australien lediglich im Zeitraum etwa zwischen August 2020 und Oktober 2020.