Willkür wie bei Corona: Energiesicherungsgesetz ermöglicht Verhängung von Zwangsmaßnahmen

Bild: freepik / nando-novoa

Die übereilte Energiewende und die Sanktionen gegen Russland haben zu explodierenden Energiepreisen und einer Mangellage geführt. Die Ampel-Regierung setzt in der Energiekrise auf Energieeinsparungen, anstatt die Energiesicherheit wiederherzustellen. Ein Paragraf des Energiesicherungsgesetzes bietet ihr dabei die Möglichkeit, die Bürger beliebig zum Energiesparen zu zwingen. Zwangsmaßnahmen zum „Schutz“ ließen – und lassen sich zum Teil noch immer – in der „Corona-Pandemie“ bereits gut durchsetzen, ob verfassungswidrig oder nicht: Diese Macht zur willkürlichen Gängelung der Bürger will man offenkundig keinesfalls aufgeben.

Der Winter ist da, die Heizperiode hat begonnen und das Horror-Szenario des drohenden Energiemangels könnte Realität werden. Da kommt ein massiv umstrittener Paragraf des Energiesicherungsgesetzes ins Spiel, der besagt: Nach § 30 Absatz 1 des Energiesicherungsgesetzes kann eine Verordnung über die Einsparung und Reduzierung des Verbrauchs von – unter anderem – gasförmigen Energieträgern erlassen werden, wenn eine Knappheit dieser Brennstoffe droht.

Willkürmaßnahmen wie bei Corona möglich

Das kommt harmlos daher, heißt aber, dass auch Privathaushalte zum Energiesparen faktisch gezwungen werden können, wie die „Welt“ hinter der Bezahlschranke berichtet. Da in Deutschland seit 30. März bereits die Frühwarnstufe und seit 23. Juni die Alarmstufe im „Notfallplan Gas“ gilt, kann das Gesetz zur Anwendung kommen, sobald die Bundesregierung eine „drohende Knappheit von Kohle, Erdgas oder Erdöl“ sieht – eine akute Notlage muss dabei nicht vorliegen. Willkürmaßnahmen werden so wie bei Covid-19 Tür und Tor geöffnet.

Ende August konnten mit der Verordnungsermächtigung in diesem Paragrafen bereits erste Verbote durchgesetzt werden, obwohl die Gasspeicher bereits wieder zu 82 Prozent gefüllt waren – nicht mehr erlaubt ist seitdem, Privatpools und Gemeinschaftsflächen in öffentlichen Gebäuden zu beheizen, öffentliche Gebäude sowie Werbeanlagen nachts zu beleuchten und Ladentüren dauerhaft offen zu halten. Abhängig von der Tätigkeit dürfen Arbeitsräume nur noch bis zu einer festgelegten Höchsttemperatur beheizt werden, in „öffentlichen Nichtwohngebäuden“ muss das Wasser zum Händewaschen kalt bleiben. Auch müssen Gebäudeeigentümer für die energetische Optimierung der Heizungsanlagen sorgen und Unternehmen sind zur Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen verpflichtet. Bisher gibt es keine gezielten Kontrollen vonseiten der Behörden. Ob das so bleibt, steht nicht fest.

Undemokratische Nacht-und-Nebel-Aktion

Am 5. Juli 2022 bei der Sitzung des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie haben die Ausschussmitglieder von SPD, Grünen und FDP den „Änderungsantrag zum Energiesicherungsgesetz“, der auch den neuen Paragrafen 30 beinhaltet, durchgewunken. Erst kurz vor Sitzungsbeginn hatten sie den 43 Seiten langen Entwurf, bei dem es um „Präventive Maßnahmen zur Vermeidung eines Krisenfalls in der Energieversorgung“ geht, erhalten. Zwei Tage später stimmte auch der Bundesrat zu, ohne dass der Paragraf 30, der die Regierung zu Zwangsmaßnahmen ermächtigt, thematisiert wurde.

Verfassungsrechtler halten es für verfassungswidrig, dass derartig tiefgreifende Maßnahmen über eine Verordnung der Bundesregierung angeordnet werden dürfen. Der Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler, der als Professor für Öffentliches Recht an der Universität Oldenburg lehrt, erklärt, dass die Bundesregierung mit dem Paragrafen 30 in jeden energierelevanten Bereich eingreifen könne. So wäre es möglich, in der Glasindustrie die Produktion zu stoppen oder dass Großbäckereien nur noch wenige Stunden am Tag arbeiten dürften.

Josef Franz Lindner, Professor an der Universität Augsburg, geht davon aus, dass auch Heiz- oder Beleuchtungsverbote, Betriebsverbote für Saunen oder Temperaturvorgaben für Räume verhängt werden können. Er prangert an, dass der Paragraf 30 der Regierung zu viel Spielraum lasse. „Wie im Infektionsschutzrecht muss der Bundestag schon selbst entscheiden, welche Grundrechtseingriffe er den Bürgern zumuten will“, argumentiert Lindner. Genau wie bei Corona müsste er einen „Instrumentenkasten“ bereitstellen, mit einer Liste von Maßnahmenbeispielen.

Wie schon bei den Corona-Maßnahmen wurde das Parlament entmachtet. „Dahinter steht dieselbe Idee wie bei Corona: Die Krise ist angeblich die Stunde der Exekutive. Sie müsse dann schnell handeln können, ohne vom Parlament behindert zu werden. Das halte ich für undemokratisch. Das Parlament kann schnell handeln, wenn es sein muss. Auch das haben wir manchmal in der Corona-Krise gesehen“, beanstandet auch Boehme-Neßler.

Da ist es der Ampel-Regierung also gelungen, einen Gesetzentwurf, der so tief in das Leben der Bevölkerung eingreift, ohne Debatten durch den Ausschuss zu bringen. Dazu sagte Steffen Kotré, der energiepolitische Sprecher der AfD-Fraktion: „Die kurzfristige Einreichung von umfangreichen Änderungsanträgen ist eine parlamentarische Unsitte. Es bleibt keine Zeit für eine sorgfältige Prüfung.“

Habeck wollte offenbar im Alleingang Verordnungen erlassen dürfen

Wirtschaftsminister Habeck wollte dem Vernehmen nach ursprünglich Verordnungen auf Basis von Paragraf 30 im Alleingang erlassen können. Der FDP ist es zu verdanken, dass nun wenigstens zunächst das ganze Kabinett darüber entscheiden muss.

Laut Bundesnetzagentur waren Haushalte im Oktober für 33 Prozent des Gasverbrauchs verantwortlich. Bisher gilt für diese nur, dass Mieter in ihren Wohnungen keine Mindesttemperatur mehr gewährleisten müssen und ein Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken. Da ist das Ende der Fahnenstange jedoch noch lange nicht erreicht: Nach dem Motto „Da geht noch was“ dürften Privathaushalte sich bei einer Verschärfung der Lage (auch wenn diese nur von der Regierung behauptet wird!) wohl auf weitere verpflichtende Einsparmaßnahmen einstellen müssen. Bei der „Welt“ sinniert man:

Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, Schlafzimmer könnten nicht mehr beheizt werden, ab 23 Uhr herrscht Verdunkelungsgebot, die Weihnachtsbeleuchtung fällt dieses Jahr aus.

Nicht zuletzt die Grünen werden keine Mühen scheuen, derartige Maßnahmen zu erfinden und den Bürgern das Leben schwer zu machen – dieses Prinzip hat immerhin während der sogenannten Pandemie bestens funktioniert. Und schließlich ist es auch viel einfacher, als endlich dafür zu sorgen, dass genug Energie zu bezahlbaren Preisen vorhanden ist.

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