In Österreich müssen Bäume zwar Windturbinen, Autobahnsanierungen und dem Papst weichen, doch sollten Bürger auf die Idee kommen, einen Baum in ihrem Garten zu stutzen, folgt die Strafe auf dem Fuße: Eine Wienerin ließ die Krone ihrer Föhre kürzen – und soll nun unfassbare 40.000 Euro zahlen.
Immer häufiger müssen in Österreich Wald und Natur lukrativen „grünen“ Energieprojekten weichen. Bäume sollen immer mehr und, wenn es nach den Profiteuren geht, immer gigantischeren Windrädern und Solarparks zum Opfer fallen. Auch anderen Projekten stehen die natürlichen Speicher des vermeintlichen Todesgases CO2 im Weg – etwa der Sanierung der A4 zwischen Knoten Prater und Schwechat, der 1.300 Bäume und Sträucher weichen müssen. Tatsächlich genügt in Österreich bekanntlich schon ein Papstbesuch, um zur Kettensäge zu greifen – dass der Schutz von Grün- und Ackerland generell für die Politik bis heute keine Priorität hat, zeigt dabei nicht zuletzt die geplante Umwidmung von zehn Hektar Grünland in Linz, wobei der Großteil für den Bau der Digitaluni angedacht ist. Natur- und Umweltschutz? Fehlanzeige.
Umso absurder wirkt da die Vehemenz, mit der vermeintliche Umweltsünder in der Bevölkerung verfolgt werden: Weil eine Wienerin ihren eigens vor 35 Jahren gepflanzten Baum in ihrem Garten zurückschneiden ließ, soll sie eine „Ausgleichszahlung“ in Höhe von 40.000 Euro tätigen. Der von Profis vorgenommene Rückschnitt der Krone der fraglichen 13 Meter hohen Föhre im Oktober 2022 soll demnach zu großzügig ausgefallen sein. Weil mehr als 20 Prozent eingekürzt und angeblich der Leittrieb gekappt worden seien, wird der Rückschnitt als mechanische Schädigung gewertet, womit – so befinden das Hietzinger Bezirksamt und die MA 42 (Wiener Stadtgärten) – die Tatbestandsmerkmale eines verbotenen Eingriffs gemäß §3, Absatz 1, Ziffer 3 vorliegen würden. Dieser angebliche Verstoß gegen das Wiener Baumschutzgesetz soll die 69-jährige Wienerin nun teuer zu stehen kommen.
Als Alternative zur Zahlung von 40.000 Euro kann sie eine Ersatzpflanzung von 8 Bäumen vornehmen. Das Problem: In ihrem eigenen Garten ist dafür kein Platz (da steht immerhin auch weiterhin die angeblich beschädigte Föhre). Und sie konnte nach eigenen Angaben noch niemanden in Hietzing finden, der die Bäume haben möchte. Der fragliche Baum soll einem Baumschnitt-Unternehmen zufolge sehr wohl gesund sein – die Schnittmaßnahmen hätten demnach keinen „mittelbaren Einfluss“ auf ein weiteres langfristiges Bestehen der Föhre. Ein Baumgutachten von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen wurde beauftragt, steht aber noch aus.
Die 69-Jährige prangert die Unverhältnismäßigkeit der Strafzahlung auch im Hinblick auf die Massenfällungen von Bäumen für Großprojekte an und hat einen Rechtsanwalt beauftragt, der die Causa vors Landesverwaltungsgericht bringen möchte. „Dort wird ein Amts-Sachverständiger mit einem Gutachten beauftragt. Die Höhe der Ausgleichszahlung ist nach dem Sachlichkeitsgebot vollkommen absurd und verfassungswidrig. Die Stadt Wien kann nicht beliebig Gesetze erlassen, um ihre Kassen zu füllen. Das ist reine Willkür“, kommentiert er gegenüber „Heute“.
Zehntausende Euro Strafe für das bloße Beschneiden des eigenen Baumes zu verhängen, wäre zweifelsfrei eine eigenwillige Art, die Stadtfinanzen zu verbessern. In der „Heute“-Umfrage zum Thema zeigten 91 Prozent von mehr als 7.100 Teilnehmern kein Verständnis für dieses Vorgehen. Weitere 5 Prozent halten die Strafe für unangemessen hoch. Eine Politik, die den Baumschutz zur Einnahmequelle degradiert, handelt kaum im Sinne der Umwelt…