Den Briten reicht es. Da immer mehr Menschen wegen der hohen Inflation in die Armut abzurutschen drohen, wollen sie eine breite Boykottwelle gegen die stark steigenden Strompreise durchsetzen. Ziel ist es, mindestens eine Million Briten für diese Aktion zu gewinnen.
Auch in Großbritannien scheint der Ruf „Wir sind das Volk“ immer lauter auf den Straßen zu hallen. Immer öfter demonstrieren die Menschen gegen die stark steigenden Energiepreise und nun macht sich eine Boykottbewegung breit. Die Gruppe „Don’t Pay UK“ will mindestens eine Million Briten dazu bringen, nicht für die Stromrechnungen zu bezahlen, um so gegen die massiven Preissteigerungen zu protestieren. Immerhin würden, so die Organisation, 6,3 Millionen britische Haushalte infolge der starken Preissteigerungen in die Energiearmut rutschen.
„75.000 Menschen haben sich verpflichtet, am 1. Oktober zu streiken! Wenn die Regierung und die Energieunternehmen sich weigern zu handeln, dann werden es die einfachen Menschen tun! Gemeinsam können wir einen fairen Preis und erschwingliche Energie für alle durchsetzen“, twitterte „Don’t Pay UK“, eine anonyme Gruppe, die die Bemühungen anführt, mehr als eine Million Briten dazu zu bringen, ihre Stromrechnung bis zum 1. Oktober nicht zu bezahlen.
Schätzungen zufolge wird der durchschnittliche britische Haushalt im Oktober eine Stromrechnung von etwa 300 Pfund (etwa 355 Euro) haben, so die Bank of England in einer Warnung. Insgesamt soll die Inflationsrate auf 13 Prozent steigen, wobei die Verbraucherpreisindizes ohnehin nur eine beschönigte Inflationsrate darstellen. Für die Mehrheit der Briten dürften die Preiserhöhungen insgesamt wohl eher bei um die 20 Prozent liegen. Kritik an der Berechnung des Verbraucherpreisindex wird von verschiedener Seite geübt. Allerdings sind sich die meisten Kritiker in einem Punkt einig: Die offizielle Inflationsrate ist zu niedrig angesetzt. Hinzu kommt, dass jede Bevölkerungsgruppe (Familien, Singlehaushalte, Senioren usw.) völlig andere Ausgabenstrukturen haben.
Doch um die Strompreise einmal ins Verhältnis zu setzen, muss man sich mit den Durchschnittswerten begnügen. Laut dem britischen Statistikamt (ONS) lag das durchschnittliche monatliche Einkommen eines Vollzeitbeschäftigten bei 2.650 Pfund. Natürlich mit großen Unterschieden in den einzelnen Altersgruppen. Dennoch wird deutlich, dass angesichts der generell steigenden Lebenshaltungskosten und der hohen Mieten die Lage für immer mehr Briten schwierig wird.
Der britische Nachrichtenkanal Glasgow Live berichtet, der Streik sei vergleichbar mit den „Aktionen in den späten 1980er und 90er Jahren gegen die von Premierministerin Margaret Thatcher eingeführte Kopfsteuer. Aus Protest verweigerten 17 Millionen Menschen die Zahlung“. Der britische Finanzjournalist und Rundfunksprecher Martin Lewis äußerte sich wie folgt zu dem Boykott:
„Ich glaube, ich kann das jetzt genauer einordnen. Die große Bewegung, die ich sehe, ist eine Zunahme der Menschen, die dazu aufrufen, ihre Energierechnungen nicht zu bezahlen, massenhaft nicht zu bezahlen. Es handelt sich um einen Verbraucherstreik für Energierechnungen und die Abschaffung der Legitimation, diese zu bezahlen. Wir stehen kurz davor, im Oktober eine Kopfsteuer auf Energierechnungen zu erheben, und wir brauchen die Regierung, um das in den Griff zu bekommen, denn sobald es sozial akzeptabel wird, Energierechnungen nicht zu bezahlen, werden die Leute aufhören, Energierechnungen zu bezahlen, und man wird nicht allen den Stromhahn zudrehen.“
Im Grunde genommen geht man von folgender Situation aus: Wenn ein Stromunternehmen beispielsweise eine Million Kunden hat und davon 1.000 ihre Rechnung nicht bezahlen, dreht man ihnen den Strom ab und droht mit gerichtlicher Eintreibung. Tun dies 10.000 Kunden, wird es noch nicht bedrohlich, aber schon etwas unangenehmer, da dem Unternehmen bereits wohl ein Prozent der Einnahmen fehlen. Bei 100.000 zahlungsunwilligen Kunden sprechen wir schon von zehn Prozent. Da wird es für den Stromversorger schon kritischer. Und genau diesen Ansatz verfolgen die Briten nun. Werden sie erfolgreich sein?
Allerdings ist die Schuld für die hohen Energiepreise nicht unbedingt nur bei den Energiekonzernen zu suchen. Vor allem die Sanktionspolitik des Westens, die von Großbritannien maßgeblich mit vorangetrieben wird, kann als Hauptursache der enormen Preissteigerungen betrachtet werden.