Verwirrende Pressekonferenz von Dr. Gollner und Linzer Demoorganisatoren

Die Redner der Pressekonferenz vom 3. November in Linz vlnr: Dr. Martin Gollner, Erika Oberpeilsteiner, Michael Prinz Bild: Report24.news

Der Gemeinde- und Impfarzt Dr. Gollner, der nach eigenen Aussagen Mitbürgern ab 12 Jahren die mRNA-Spritzen zukommen lässt, veranstaltete gemeinsam mit dem Team von „Demo Linz Freiheit“ eine Pressekonferenz zum Thema „leistbares Wohnen“. Dies unter dem Dach der „Bürgerlisten“, einer losen politischen Organisation, die österreichweit Akzente setzt. Der Sinn und Zweck dieser Allianz wurde aus dem zugegebenermaßen perfekt geplanten Event nicht klar.

Vielleicht zählen Sie zu den zahlreichen Menschen, die das große Interview von Dr. Gollner mit Edith Brötzner gesehen und kontroversiell diskutiert haben. Herr Gollner scheint politisch viel vor zu haben. Er ist österreichweit sowie in Oberösterreich Sprecher der „Bürgerlisten“, deren Internetauftritt hier zu finden ist. Laut dieser Seite versteht man sich als „Dachorganisation parteiunabhängiger Menschen in der Politik“. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Die Bürgerlisten selbst sind eine eingetragene politische Partei am Wohnsitz des Mediziners.

Die Pressekonferenz, so viel Zeit muss sein, war mit Liebe zum Detail vorbereitet, die man sich von anderen Organisationen wünschen würde. Die Pressebetreuung mit Informationen und Einladungen begann bereits vor einem Monat, von Sitzplan bis Tiefgaragenticket wurde an alles gedacht. Präsentationsmappen, E-Mail-Service, Videovorführung und Projektions-Bildtafeln waren professionell gestaltet und ließen keine Wünsche übrig. In genannter Mappe fand sich ein so umfangreicher wie übersichtlicher Überblick über einen Forderungskatalog, den man auch ein kleines Parteiprogramm nennen könnte. Ein Auftreten in einer Professionalität, die man sich in den vergangenen Jahren von so mancher Kleinpartei gewünscht hätte.

Doch statt dem angekündigten Hauptthema des „leistbaren Wohnens“ erfuhren die erstaunten Anwesenden viel über die Demo-Szene in Linz, denn vier der Anwesenden, darunter zwei Sprecher am Podium, entstammten der Organisation Demo Linz Freiheit, die mit viel Mut seit Beginn der Corona-Pandemie auf den Straßen unterwegs ist und sich um Aufmerksamkeit für ein wichtiges Anliegen bemüht. Dabei betonten die zur Präsentation angetretenen Redner, Erika Oberpeilsteiner und Michael Prinz ihre Unabhängigkeit. Wer die Linzer Demo-Organisatoren kennt, kennt auch ihre schrullige Mischung aus allgemeiner Menschenliebe, Religionsverbundenheit und einem Sammelsurium an Weltverbesserungs-Ideen, die vielleicht nicht immer bis zum Ende durchdacht sind. Faktum ist, dass sie ihren Widerstand mit viel persönlichem Mut auf die Straße bringen, die meisten von ihnen von Exekutive und Behörden verfolgt und vielfach abgestraft wurden.

Kein Fisch, kein Fleisch kann man als inoffizielles Motto der Darbietung zusammenfassen. Warum stellt man ein umfassendes Parteiprogramm vor, wo in Oberösterreich noch lange Jahre keine Wahlen anstehen? Dr. Gollner erklärte das so, dass das Parteiprogramm das Resultat aus einer Klausur mit 25 Bürgerlisten sei, an dem man drei Jahre lang gearbeitet hat. Wir gehen davon aus, dass eine breitere Präsentation dieser Ideen vor den letzten Landtagswahlen in Oberösterreich. aber auch in anderen Bundesländern durchaus Sinn ergeben hätte.

Die Positionen der Bürgerlisten unter Gollner und Demo Linz Freiheit scheinen aber doch etwas unterschiedlich zu sein. So erfuhr man von Letzteren, dass man als Konsequenz auf zwei Tage Migrantenterror und Gewalt auf der Linzer Landstraße am Vortag ebendort aus Lautsprechern den Titel „Halleluja“ gespielt hätte. Grundsätzlich habe man aber nichts gegen Migranten, sie bräuchten Hilfe und mögen nur kommen, denn „früher hätten alle Menschen dieselbe Religion gehabt, sich aber durch Spaltung getrennt“.

Der Akademiker Gollner hörte den Ausführungen geduldig zu. Später erklärte er uns in einer Textnachricht, dass Armutsmigration das soziale System stoppen würde, die Bürgerlisten wären da dagegen. Das „Christliche Abendland“ würde man als politisches Statement sehen. Die Migrationspolitik der Regierung müsse man in jeder Gemeinde überdenken. Auch wäre man nicht sozialistisch oder kommunistisch ausgerichtet, wie manche Reden vermuten ließen, sondern würde sich gegen die Armut in Oberösterreich aussprechen. Die Lösungsmöglichkeiten dafür wurden freilich während des Events von Demo Linz Freiheit vorgestellt und bestanden unter anderem in mehr Reichenbesteuerung. Wenn man den Konzernen mehr wegnimmt, bleibt mehr für die Allgemeinheit. Gesamteindruck: Wenn sich alle ganz viel lieb haben, wird alles wieder gut.

Wir haben den roten Faden nicht gefunden, der die Bürgerlisten und die Demo Linz Freiheit zusammenbinden könnte – und auch der tiefere Sinn der Veranstaltung erschloss sich uns nicht. Dennoch bedanken wir uns für die freundliche Einladung. Der wichtigste Punkt aus Sicht des österreichischen Widerstands dürfte der Umstand sein, dass Demo Linz Freiheit am Sonntag, dem 4. Dezember, zu einem Freiheitskonvoi aufruft, der von Linz nach Steyr führen soll, wo dann das hundertste (!) Demo-Jubiläum stattfindet. Dem kann man sich getrost anschließen, auch wenn man nicht alle Ideen und Überzeugungen teilt, die hier gestern in Linz vorgestellt wurden.

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