Die Fundamentaldaten sind eindeutig: Stark steigende Zinsen für Hypotheken sorgen für deutlich höhere monatliche Kosten. In Zeiten, in denen die Preise für Energie und Lebensmittel in die Höhe schießen, ist dies gefährlich. Platzt die Immobilienblase in den Vereinigten Staaten bald?
Viele Leser werden sich noch an die Finanzkrise 2008/2009 erinnern, die unter anderem von einer geplatzten Immobilienblase (die sogenannte Lehman-Krise) ausgelöst wurde. Doch schon wenige Jahre später ging das Spiel weiter wie zuvor und sämtliche Warnungen, dass sich die Geschichte wiederholen wird, wurden in den Wind geschlagen. Immerhin kann man mit Immobilien viel Geld verdienen. Doch nun, 14 Jahre später, haben die Hypotheken-Zinsen in den Vereinigten Staaten wieder ein Niveau erreicht, wie es vor der geplatzten Immobilienblase bestand. Hypothekenkredite zu 3-4 Prozent sind Geschichte und ein Niveau von deutlich über 6 Prozent wird Realität.
Diese Entwicklung liegt unter anderem auch an der Zinspolitik der US-Notenbank, der Federal Reserve, die in den letzten Monaten immer wieder an der Zinsschraube drehte – und kürzlich erst den Leitzins um 75 Basispunkte erhöhte. Für die Darlehensnehmer ist dies eine schlechte Entwicklung. Laut Redfin liegt der rollende Vierwochenschnitt (Median) für Hypothekenzahlungen derzeit bei 2.514 Dollar. Ein Plus von fast 800 Dollar in nur einem halben Jahr – und eine Verdoppelung gegenüber dem Niveau von 2015 bis 2017.
Mittlerweile ist es so, dass es sich die Amerikaner schlichtweg nicht mehr leisten können, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Denn die Einkommen halten so schon mit der Inflation nicht mehr mit. Die Preise für Sprit und Lebensmittel steigen so stark an, dass viele Menschen in den Vereinigten Staaten keinen Spielraum mehr haben – sofern sie (Stichwort: Working Poor) zuvor überhaupt noch welchen hatten. Die Immobilienverkäufe schleppen sich mittlerweile hin und je länger die aktuelle (durch die Sanktionen gegen Russland verstärkte) Energiekrise dauert, desto tiefer wird der Fall. Denn wie Redfin anmerkt, steigt die Zahl der gelisteten Immobilien, die zu reduzierten Preisen angeboten werden, mittlerweile deutlich an. Ein solcher sich stark beschleunigender Preisverfall deutet darauf hin, dass bald auch die Zahl der Zwangsversteigerungen ebenfalls in die Höhe schießen wird.
„Der Immobilienmarkt stürzt nicht ab, aber er erlebt einen Kater, während er von einem unhaltbaren Hoch herunterkommt“, sagte der stellvertretende Chefökonom von Redfin, Taylor Marr. „Die Wohnungsnachfrage hat sich bereits so stark abgekühlt, dass die Branche mit Entlassungen zu kämpfen hat. Die Zinserhöhungen in dieser Woche werden die Budgets der Hauskäufer weiter strapazieren, so dass viele weitere Hauskäufer aus dem Markt gedrängt werden könnten. Während viele Hausverkäufer bereits ihre Preise senken, werden sich wahrscheinlich noch mehr Hausbesitzer dazu entschließen, ihr Haus nicht zu kaufen, da der Hypothekenzins für ein neues Haus deutlich höher ist als der für ihr jetziges.“
„Wäre der Anstieg der Hypothekenzinsen nicht gewesen, würde der Immobilienmarkt jetzt immer noch boomen“, sagte James Cappello, Immobilienmakler bei Redfin Bay Area. „Die Nachfrage von Hauskäufern war noch im Februar extrem hoch, aber die Zinsen machen es wirklich schwer. Der fast augenblickliche Anstieg von 3 % auf fast 6 % hat viele Leute aus dem Markt gescheucht.“
Noch platzt die Blase nicht, aber wenn die Zahlungsausfälle infolge der Zinserhöhungen und der stark steigenden Lebenshaltungskosten deutlich zunehmen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Immobilien- und Finanzkrise beginnt. Denn selbst heute, 14 Jahre nach der letzten Immobilienblase, haben die Banken noch nicht genügend Eigenkapital angehäuft, um solch einen Schlag zu verdauen. Wie schlimm wird es dieses Mal?