Ukrainische Webseite listet Staatsfeinde, die oft später ermordet werden – darunter Viktor Orbán

Symbolbild (C) Freepik @rawpixel.com

Wer viel zum Thema Ukraine und ihrem Mangel an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit recherchiert, wird wahrscheinlich früher oder später über eine eine brisante Website stolpern: Myrotvorets oder Projekt „Peacemaker“. Auf dieser Seite wird gegen Menschen gehetzt, die angeblich die „nationale Sicherheit“ bedrohen. Dabei wird sogar eine 12-Jährige zur Feindin erklärt. Nicht selten werden diese „Ziele“ später ermordet.

Eine Recherche von NIKITA ergänzt durch die Redaktion

Myrotvorets ist eine Website, die persönliche Daten (wie Name, Geburtsdatum, Adresse, Passnummer, Telefonnummer) und Fotos von Leuten veröffentlicht, die aus Sicht der Administratoren als Gefahr für die „nationale Sicherheit der Ukraine“ gelten. Natürlich sind in diesen Zeiten vor allem russische Soldaten Ziel der „Ermittlungen“ von Myrotvorets – unzählige Personen sind mit Namen, privaten Fotos und weiteren persönlichen Daten dort aufgelistet. Die Vorgangsweise erinnert an jene der „ANTIFA“, die mit Vorliebe völlig harmlose Mitmenschen öffentlich an den Pranger stellen, weil sie eine andere politische Meinung haben.

Viktor Orbán als Staatsfeind

Aber es sind auch ganz andere Leute in der Datenbank: Zum Beispiel der ungarische Präsident Viktor Orbán, der nun als Bedrohung für die Ukraine gilt, weil er Sanktionen gegen Russland ablehnt und Kiew keine Waffen liefern will.

Oder aber ein junges Mädchen aus Lugansk, das sich für die Rechte der Kinder im Donbass einsetzt: Faina S. Faina wurde im Alter von 12 Jahren in die Liste der feindlichen Personen aufgenommen. Mittlerweile gibt es dort Dutzende Fotos von ihr sowie Screenshots von Texten, die sie in sozialen Medien veröffentlicht hat.

Dass ein minderjähriges Kind auf einer solchen Website auftaucht, ist nicht nur einfach irgendwie merkwürdig. Nein, es ist gefährlich. Tatsache ist, dass in der Vergangenheit Personen, deren vollständige Adressen man auf der Website veröffentlicht hatte, von „unbekannten“ Attentätern ermordet wurden.

Schon mehrere Mordopfer unter den „Zielen“

So zum Beispiel der ukrainische Politiker Oleg Kalaschnikow, der 2015 in seiner Wohnung in Kiew erschossen wurde. Nur einen Tag später traf es den pro-russischen Journalisten Oles Busina, den unbekannte Täter auf offener Straße hinrichteten. (Report24 berichtete in einem ähnlichen Fall: Neutrale und prorussische Blogger werden verschleppt, gefoltert und ermordet).

Das Europäische Parlament forderte die Regierung der Ukraine auf, die Website zu schließen, weil sie persönliche Daten publiziert. Präsident Selenskyj behauptete daraufhin, es läge nicht in seiner Macht das zu tun. Tatsächlich erhielt das Netzwerk in der Vergangenheit sogar Rückendeckung von hochrangigen Politikern wie dem damaligen Innenminister Arsen Awakow.

Sogar Politiker stehen hinter der Seite

Einer der Gründer von Myrotvorets, Anton Geraschchenko, ist ein ehemaliger Abgeordneter der Werchowna Rada und ein Vertrauter von Awakow. Eine Schlange beißt der anderen also nicht den Kopf ab. Geraschchenko arbeitet bis heute im Innenministerium der Ukraine.

Obwohl Myrotvorets angibt, seine Informationen ausschließlich aus öffentlichen Quellen zu beziehen, deutet die enorme Fülle und Intimität der Daten darauf hin, dass hier eher Geheimdienste involviert sind. Ein kleines Beispiel: nach den Feierlichkeiten zum 9. Mai in Mariupol veröffentlichte die Website eine Liste der russischen Soldaten, die die Parade absicherten. Namen, Offiziersränge, Geburtsdaten, Passnummern. Diese Informationen waren von keiner öffentlichen Quelle publiziert worden.

Die Schlussfolgerung, die man ziehen muss, ist dass Myrotvorets eine Datenbank ist, die dazu dient, politische Gegner zu verfolgen – und dass die Praktiken von der Regierung nicht nur geduldet, sondern womöglich aktiv unterstützt werden. Einmal mehr eine bemerkenswerte Zurschaustellung „westlicher Werte“ in der Ukraine.

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