Am gestrigen Dienstag gab man gleich zwei Oppositionspolitikerinnen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine Bühne: Während Sahra Wagenknecht (Linke) im ZDF bei Markus Lanz zu Gast war, war bei Sandra Maischberger in der ARD AfD-Co-Chefin Alice Weidel zu sehen. Bei Narrativtreuen sorgte das für massive Empörung – unter anderem bei Karl Lauterbach, der daraufhin auf Twitter einen veritablen Shitstorm erntete. Bezeichnend: Als Alice Weidel ihre Gesprächspartnerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) als Rüstungslobbyistin bloßstellte, konnte man selbst im Mainstream nicht widersprechen…
Diskussionen um den Ukraine-Krieg haben in den etablierten Medien zumeist Kindergartenniveau. Markus Lanz verdeutlichte das gestern ganz besonders: In keiner Weise konnte er hinnehmen, dass Sahra Wagenknecht sein naives Schwarz-Weiß-Denken hinterfragte und beispielsweise feststellte, dass die unrealistischen Forderungen von Wolodymyr Selenskyj, Verhandlungen erst dann aufzunehmen, wenn der letzte Russe von der Krim verschwunden sei, nicht zu einem baldigen Ende des Krieges führen können. Lanz wütete daraufhin wie ein Bub in der Trotzphase, bezeichnete Wagenknecht als Propaganda-Opfer und motzte später: „Es gibt nur einen Menschen, der Wohlstand und Zukunft zerstört und der sitzt im Kreml und heißt Wladimir Putin.“ Deutsche Bürger sehen das gemeinhin anders: Es war nämlich nicht Putin, der das Leben hierzulande durch seine Politik unbezahlbar machte.
Bei Maischberger derweil lieferten sich als Höhepunkt der gestrigen Sendung Alice Weidel und Marie-Agnes Strack-Zimmermann einen Schlagabtausch. Erwartungsgemäß hatte auch Weidel es bei dieser Debatte alles andere als leicht. Das Mainstream-Medium NTV beispielsweise musste zwar zugeben, dass es Strack-Zimmermann war, die ihrer Gesprächspartnerin ständig ins Wort fiel, beschrieb Weidel aber dennoch als „wenig souverän“. Da es die FDP-Politikerin war, die während der gesamten Diskussion auf persönliche Angriffe statt auf Argumente zurückgreifen musste, war wohl eher das Gegenteil der Fall.
Ann-Kathrin Müller wiederum, Journalistin beim Relotius-Medium „Spiegel“ und dort laut Twitter-Bio scheinbar auf die gefürchtete AfD spezialisiert, prangert derweil in den sozialen Netzen Weidels Aussage an, dass Friedensverhandlungen durch die deutsche Politik quasi verbaut worden seien, weil Deutschland nun nicht mehr als neutraler Vermittler wahrgenommen werden kann. Auf die Idee, dass man den aktuellen Kurs sehr wohl radikal umkehren könnte, kommt man bei Spiegel und Co. nicht: Lieber fordert man immer neue Waffenlieferungen an die Ukraine, um eine Eskalation bis zum Weltkrieg weiter zu forcieren. Denn damit ist uns nach Ansicht linksgrüner Kriegshetzer schließlich allen geholfen, so scheint es.
Weidel: „Sie möchten Deutschland zum Kanonenfutter machen“
Immer mehr Waffenlieferungen fordert bekanntlich auch Strack-Zimmermann. Ihre Motive dahinter dürften mehr als klar sein – doch für den unwissenden Bürger brachte Alice Weidel sie gestern noch einmal auf den Punkt: „Sie möchten mit Ihrer Linie Deutschland zum Kanonenfutter machen und diese Linie kann man nicht vertreten“, kritisierte Weidel – und konstatierte dann, dass Strack-Zimmermann als Waffenlobbyistin natürlich ein Interesse an der Ausweitung des Krieges habe und keinesfalls an Friedensverhandlungen. Strack-Zimmermann fiel dazu nichts anderes ein, als zu behaupten, Weidel sei in ihrem Leben „falsch abgebogen“. Maischberger wiederum bemühte sich um Schadensbegrenzung und gab an, Strack-Zimmermann als Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses sei ja nur Mitglied in einem eingetragenen Verein, der das Heer fördere. Pikant: Selbst im Mainstream fühlt man sich bewogen, das richtigzustellen. So schrieb man bei NTV:
Aber so einfach ist das nicht: Laut der Internetseite Lobbypedia sind Strack-Zimmermann und viele andere Bundestagsabgeordnete Mitglieder im Verein „Förderkreis Deutsches Heer“(FKH), Strack Zimmermann sitzt sogar im Präsidium. Mitgliedsunternehmen des Förderkreises fördern auch Parteien durch Spenden, zwischen 2005 und 2010 waren es insgesamt 3,7 Millionen Euro. Durch den FKH bekomme die Rüstungsindustrie „einen privilegierten Zugang zu Personen, die über die Höhe des Verteidigungshaushalts und die Bewilligung von militärischen Großprojekten entscheiden“, moniert Lobbywiki.
Quelle
Shitstorm für Lauterbach
So richtig in die Nesseln setzte sich derweil Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Statt wie sonst über sein „Fachgebiet“ Corona und Impfungen zu twittern, hielt der SPD-Politiker es für nötig, seine enorm qualifizierte Meinung zu den Auftritten von Alice Weidel und Sahra Wagenknecht abzugeben. Er dürfte mutmaßlich großes Mitgefühl mit Strack-Zimmermann gehabt haben, denn in puncto Lobbyismus steht er ihr wohl in nichts nach – seine Sponsoren sitzen lediglich in der Pharma- statt in der Rüstungsindustrie. Dennoch entblödete er sich nicht, die beiden Politikerinnen als „Blamagen für das Parlament“ zu bezeichnen. Damit lehnte der massiv umstrittene Minister sich freilich weit aus dem Fenster. Das Echo war deutlich: Die wahre Blamage sehen die Bürger offenbar im Bundesgesundheitsminister. Ein Nutzer bezeichnete Lauterbach selbst gar als „Sinnbild für Demokratieversagen“.
Beide Sendungen in Gänze finden Sie in den Mediatheken von ARD und ZDF:
- Alice Weidel bei Sandra Maischberger
- Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz