Lange Zeit hat sich der Messaging-Dienst Telegram gegenüber Behördenanfragen nach Nutzerdaten weitestgehend geweigert, diese herauszurücken. Das hat sich mit der Verhaftung von CEO Durow ganz offensichtlich geändert. Die Transparenzdaten zeigen eine deutliche Zunahme bei den übermittelten Datensätzen.
In der Welt der Messaging-Dienste war Telegram lange der Robin Hood der digitalen Privatsphäre. Doch seit der Verhaftung von CEO Pavel Durow im August 2024 weht ein anderer Wind durch die Büros des Unternehmens. Was früher undenkbar schien, ist heute bittere Realität: Der einstige Datenschutz-Champion mutiert zum willfährigen Helfer US-amerikanischer Strafverfolgungsbehörden. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Während Telegram in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 gerade einmal 108 Nutzerdaten an US-Behörden weitergab, explodierte diese Zahl im letzten Quartal auf sage und schreibe 2.253 Fälle. Ein deutlicher Anstieg.
Der Paradigmenwechsel kam nicht von ungefähr. Nach Durows Festnahme änderte Telegram seine Privatsphäre-Richtlinien schneller als ein Politiker seine Meinung. Plötzlich werden IP-Adressen und Telefonnummern bei “validen rechtlichen Anordnungen” herausgegeben – ein bemerkenswerter Kontrast zur früheren Policy, die Datenfreigabe ausschließlich bei Terror-Ermittlungen vorsah.
Telegram war allerdings nie wegen seiner technischen Sicherheit der Liebling der digitalen Unterwelt. Die Standard-Chats sind nicht einmal Ende-zu-Ende verschlüsselt – ein offenes Geheimnis in der Szene. Vielmehr waren es die großzügigen Gruppenchat-Funktionen und die bisherige Gewissheit, dass bei Telegram eher die Hölle zufriert, als dass man Nutzerdaten preiszugeben gedenkt.
Die Metamorphose vom digitalen Schweizer Tresor zum transparenten Glashaus wirft Fragen auf. Während US-Behörden jubilieren, kratzen sich Privacy-Aktivisten verwundert am Kopf. Die nächsten Transparenzdaten im April werden zeigen, ob dieser Trend anhält. Eines ist klar: Das alte Telegram, das sich wie ein trotziger Teenager allen Behördenanfragen verweigerte, ist Geschichte. Was bleibt, ist ein Dienst, der die Balance zwischen Privatsphäre und Strafverfolgung neu austarieren muss – ob er will oder nicht. Die User müssen hoffen, dass der Dienst wirklich ausschließlich bei klar illegalen Inhalten durchgreift, und nicht früher oder später doch noch Majestätsbeleidigungsprozesse in der EU durch die Herausgabe von Daten unterstützt.