Präsident Wolodymyr Selenskyj hat gestern eine Erklärung abgegeben, die das Potenzial hat, die geopolitische Landschaft Osteuropas grundlegend zu verändern. Beim Forum “Ukraine: The Year 2025” verkündete der ehemalige Schauspieler und jetzige Staatschef seine Bereitschaft, sein Amt niederzulegen – allerdings nicht ohne Bedingungen.
Die Ankündigung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Ukraine sich in einer zunehmend prekären Lage befindet. Der Druck aus Washington wächst, insbesondere durch Donald Trump, der Selenskyj kürzlich als “Diktator” bezeichnete – eine Charakterisierung, die der ukrainische Präsident mit bemerkenswerter Gelassenheit parierte: “Nur ein Diktator würde sich von dem Wort Diktator beleidigt fühlen.”
Der Deal, den Selenskyj vorschlägt, hat es in sich: seinen Rücktritt im Austausch für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. “Ich bin bereit, meinen Posten zu verlassen, wenn es Frieden bringt. Oder ihn gegen die NATO-Mitgliedschaft einzutauschen”, erklärte er vor versammelter Ministerriege und hochrangigen Regierungsvertretern. Eine Aussage, die sowohl von Hoffnung als auch von Verzweiflung zeugt.
Parallel zu dieser dramatischen Ankündigung zeichnet sich ein weiterer Konflikt ab: Die Vereinigten Staaten drängen auf einen Deal bezüglich der ukrainischen Bodenschätze. Die New York Times berichtet von einem überarbeiteten amerikanischen Vorschlag, der paradoxerweise noch härtere Bedingungen enthält als jene Version, die Kiew zuvor als “zu belastend” zurückgewiesen hatte.
Let me break it down to you. The U.S. deal for Ukraine, a strategic ally
— Tymofiy Mylovanov (@Mylovanov) February 22, 2025
1. Ukraine pays 50% of its oil, gas, and mineral revenues to the US (fund)
2. until the fund reaches 500 billion
3. The U.S. 100% owns the fund
The remaining 2 conditions are the best 1/ https://t.co/CaNvBBcISG
Daraufhin wurde ein internationaler Gipfel mit Vertretern aus 37 Ländern angesetzt – 13 werden persönlich erscheinen, 24 digital zugeschaltet. “Der morgige Gipfel ist entscheidend. Es könnte sogar ein Wendepunkt sein”, deutete Selenskyj an. Währenddessen bemüht sich sein Außenminister Andrii Sybiha um diplomatische Zurückhaltung: “Wir sind überzeugt, dass wir in diesem dritten Jahr der brutalen russischen Aggression wirklich eine Chance haben. Wir sagen vielen Partnern, dass jetzt vielleicht der Zeitpunkt gekommen ist, die diplomatischen Sicherheitsgurte anzulegen. Wir dürfen uns nicht von Emotionen leiten lassen.”
Die militärische Realität bleibt dennoch präsent: Selenskyj betont den fortlaufenden Bedarf an 20 Patriot-Luftabwehrsystemen, während bereits genehmigte Militärhilfe weiter fließt. Die Ukraine steht vor der Herausforderung, einen “Win-win”-Deal mit den USA auszuhandeln, der beiden Seiten “angenehm” erscheint – eine Aufgabe, die sich angesichts der verhärteten Fronten im Streit um Bodenschätze als äußerst komplex erweist.
Die aktuelle Situation zeigt deutlich die Zerrissenheit der Ukraine zwischen verschiedenen Machtzentren: Einerseits der Druck aus Washington, wo Trump keine Gelegenheit auslässt, Selenskyj zu kritisieren, andererseits die existenzielle Bedrohung durch Russland und schließlich die internen Herausforderungen eines Landes im Kriegszustand. Selenskyjs Angebot könnte als verzweifelter Schachzug interpretiert werden – oder als geschicktes diplomatisches Manöver.
Das Kriegsrecht bleibt dabei ein entscheidender Faktor: Selenskyj besteht darauf, dass es aufgehoben werden muss, bevor nationale Wahlen stattfinden können – eine Position, die er mit der ukrainischen Verfassung begründet. Die kommenden Tage werden zeigen, ob sein dramatisches Angebot tatsächlich zu einer Veränderung der festgefahrenen Situation führen kann.