Geleakte russische Militärdokumente zeigen, dass Russland den Einsatz taktischer Atomwaffen bei bestimmten Bedrohungsszenarien vorsieht. Je aggressiver die NATO in Sachen Ukraine vorgeht, desto größer wird die Gefahr eines Atomkriegs. Deeskalation ist der Ruf der Stunde.
Während mittlerweile bekannt wurde, dass die CIA ein Dutzend Geheimbasen in der Ukraine aufgebaut hat, von denen auch Angriffe auf russisches Territorium durchgeführt werden, droht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit dem Einsatz von Bodentruppen in der ehemaligen Sowjetrepublik. Nun veröffentlichte die „Financial Times“ auch noch geleakte russische Militärdokumente, welche die „Minimalkriterien“ des Kremls für den Einsatz von taktischen Atomwaffen darlegen. Und die sind deutlich niedriger als bislang angenommen.
Die Kriterien, die in den geheimen Dateien festgelegt sind, reichen laut der FT „von einem feindlichen Einfall auf russisches Gebiet bis zu spezifischeren Auslösern wie der Zerstörung von 20 Prozent der strategischen ballistischen U-Boote Russlands“. Was den Einsatz taktischer Atomwaffen betrifft, so hat Russlands taktisches Arsenal im Vergleich zu strategischen Waffen eine begrenztere Reichweite und ist daher für die Möglichkeit eines „näheren“ Krieges in Europa oder Asien ausgelegt und vorgesehen. So schreibt die Zeitung:
Andere mögliche Bedingungen sind die Zerstörung von 20 Prozent der strategischen ballistischen U-Boote Russlands, 30 Prozent seiner nuklearbetriebenen U-Boote, drei oder mehr Kreuzer, drei Flugplätze oder ein gleichzeitiger Angriff auf Haupt- und Reserve-Kommandozentralen an der Küste. Von Russlands Militär wird auch erwartet, dass es taktische Atomwaffen für eine Vielzahl von Zielen einsetzen kann, darunter „Staaten davon abhalten, Aggressionen zu nutzen […] oder militärische Konflikte zu eskalieren“, „Aggressionen stoppen“, russische Streitkräfte daran hindern, Schlachten oder Territorien zu verlieren, und die russische Marine „effektiver“ machen.
Besorgniserregend ist jedoch, dass die FT-Überprüfung der Dokumente (die aus den Jahren 2008-2014 stammen) ergab, dass der Kreml wahrscheinlich eine Schwelle hat, „die niedriger ist, als Russland jemals öffentlich zugegeben hat, so Experten, die die Dokumente überprüft und verifiziert haben.“ Experten, die von der Zeitung zitiert werden, sagen, dass der Inhalt der Leaks wahrscheinlich Teil von Moskaus aktueller Nukleardoktrin ist. Zudem ist es wahrscheinlich, dass Moskau diese Dokumente absichtlich in den Umlauf brachte, um „durch die Hintertür“ klarzumachen, dass die NATO derzeit ernsthaft mit dem Feuer spielt und vor allem Europa unter einer Eskalation leiden würde. Ohne den Versuch der Deeskalation droht ein vernichtender Atomkrieg.