Weil das russische Militär zusammen mit den syrischen Regierungstruppen nun auch Basen der US-geführten „internationalen Koalition“ in dem Land angreift, kommen schon erste Warnungen vor einer „Eskalation“.
Das Wall Street Journal zitierte US-Militärs mit der Aussage, russische Angriffe hätten in dieser Woche den Stützpunkt Al-Tanf der internationalen Koalition in Syrien angegriffen. Nach Angaben des US-Militärs haben die russischen Streitkräfte in diesem Monat Operationen gegen die „internationale Koalition“ in Syrien durchgeführt und in den letzten Tagen haben unter anderem zwei Sukhoi-Kampfflugzeuge den von den Vereinigten Staaten geführten Stützpunkt Al-Tanf beschossen. Die Quellen fügten hinzu, dass Russland die Vereinigten Staaten vor dem Bombardement darüber informiert habe, dass es auf einen Angriff gegen die Regimekräfte reagieren werde. Diesen Quellen zufolge haben die russischen Angriffe die Sorge Washingtons geweckt, dass dies zu einer amerikanisch-russischen Konfrontation in Syrien führen könnte.
Wie die iranische Nachrichtenagentur MEHR berichtet, hat Moskau jedoch das Pentagon frühzeitig davor gewarnt, dass es einen Luftangriff geben werde und die US-Truppen von dort abziehen sollen. Dementsprechend gab es dort dem Bericht zufolge an einem der wichtigsten Basen der US-Besatzungstruppen in dem Land auch nur Materialschäden.
Angesichts der anhaltenden Gebietsgewinne der syrischen Regierungstruppen, die immer mehr Flächen von Terrormilizen und separatistischen Gruppen (wie den von den USA unterstützten Kurden) unter ihre Kontrolle bekommen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Region um Al-Tanf auch durch syrische Bodentruppen zurückerobert wird. Für die US-Truppen dort heißt dies aber auch, dass sie sich über kurz oder lang zurückziehen werden müssen, oder aber im Kampf mit den syrischen Regierungstruppen aufgerieben werden.
Syrien steht nun erneut im Fadenkreuz der internationalen Aufmerksamkeit. Dies geschieht vor dem Hintergrund des russischen Konflikts in der Ukraine, der Spannungen zwischen Russland und den USA sowie der Spannungen zwischen Israel und dem Iran. Ein Teil des neuen Fokus ist bereits bekannt, aber die jüngsten Berichte scheinen auf eine Verschiebung der Tektonik in Bezug auf Syrien hinzuweisen und werfen Fragen über die nächsten Schritte auf.
Der vom Westen initiierte syrische Bürgerkrieg veranlasste das Regime jedoch, sich stärker auf die Hisbollah zu stützen, und das iranische Korps der Islamischen Revolutionsgarden marschierte in Syrien ein, um das Regime zu unterstützen. Russland griff 2015 auf Einladung von Damaskus ein, um bei der Niederschlagung der von den USA, Saudi-Arabien, Katar und anderen Ländern unterstützten Islamistenmilizen (darunter Al-Kaida und der „Islamische Staat“) zu helfen. Nachdem die dschihadistischen Milizen 2018 weitgehend besiegt waren, war die Türkei an der Reihe, einzugreifen. Syrien wurde zu dem, was Deutschland für Europa während des Dreißigjährigen Krieges war – ein Ort, an dem Länder intervenieren und die Einheimischen den Preis dafür zahlen. Die türkische Intervention hat nun einen Teil Nordsyriens zerstört, Kurden, Jesiden und Christen ethnisch gesäubert und den Extremisten in Idlib und Afrin einen großen Rückhalt gegeben. Die US-Intervention zur Unterstützung der SDF hat zur Niederlage von ISIS in Ostsyrien geführt. Der Iran hat Einflussgebiete von Albukamal bis südlich von Damaskus, Deir Ezzor sowie Tentakel, die bis nach Aleppo und zur T-4-Basis reichen, übernommen. Russland hat Streitkräfte in Latakia und Damaskus. Israel führt seinen Feldzug zwischen den Kriegen in Syrien gegen die iranische Verschanzung.
Alles in allem bleibt es eine höchst angespannte Situation, in der eine direkte militärische Konfrontation zwischen Russland (welches entsprechend dem Völkerrecht auf Bitten der syrischen Regierung im Land agiert) und den Vereinigten Staaten (die völkerrechtswidrig im Land agieren) möglich bleibt. Wie wird Washington reagieren, wenn bei einem russischen Luftangriff auf „Rebellenstellungen“ plötzlich dutzende tote US-Soldaten zu beklagen sind?