Am 13. Juli veröffentlichte die deutsche Bundesregierung auf ihrer Facebook-Seite ein Posting zu einem neuen Gesetz, das einschränken soll, wer als Schöffe bei Gericht arbeiten darf. Werden „verfassungsfeindliche Aktivitäten“ bekannt, so sollen die fraglichen Schöffen zukünftig leichter abberufen werden können, denn das Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes sei oberste Voraussetzung für dieses Ehrenamt. Das Posting warf für Tausende Kommentatoren erhebliche Fragen auf. Hat die deutsche Bundesregierung überhaupt selbst den Demokratie-Check bestanden? Ein Rechtsprofessor gibt seine Einschätzung.
„Richterinnen und Richter müssen sich zu unserer Verfassung und Demokratie bekennen – das gilt auch für Schöffinnen und Schöffen, die ehrenamtlich bei Gericht arbeiten. Wenn nach ihrem Amtsantritt verfassungsfeindliche Aktivitäten bekannt werden, können Schöffinnen und Schöffen bald leichter abberufen werden“, hieß es im Posting der Bundesregierung wörtlich.
Es kann als gewagt bezeichnet werden, wenn das unheilige Kollektiv jener Personen, die die Grundrechte der Bürger über Jahre massiv beschränkten und Kritik an diesem totalitären Kurs kriminalisierten, von „Verfassung und Demokratie“ fabuliert. Wer sich für echte Demokratie einsetzt und die Anerkennung des Volks als Souverän statt als bloßes „Wahlvieh“ und „Zahlvolk“ fordert, gilt heutzutage schnell als Staatsfeind.
Etliche User – bei Facebook sind knapp 2.300 Kommentare verzeichnet, abrufbar sind (sehr demokratisch) nur mehr etwas über 700 – äußerten entsprechend scharfe Kritik an der Politik der Bundesregierung, sprachen in Bezug auf die Schöffen von Gesinnungsprüfungen und zogen Vergleiche zur DDR. Die Beteiligung von Schöffen, also ehrenamtlichen Richtern, in Gerichtsverfahren sollte ursprünglich einmal dazu dienen, das Vertrauen der Bürger in die Justiz zu stärken, doch das Vertrauen weiter Teile der Bevölkerung in Deutschland scheint einen Tiefpunkt erreicht zu haben.
Kritisch äußerte sich auch der bekannte Jurist Martin Schwab, der sich seinerseits dazu bewogen sah, das Posting der Bundesregierung zu kommentieren. Ob seine Wortmeldung zu jenen gehört, die den Löschungen zum Opfer fielen, ist unklar, bei unserer Sichtung der Kommentarspalte konnten wir seinen Beitrag jedenfalls nicht finden. Er hat ihn aber auf seiner Facebook-Seite geteilt. Auch seine Partei dieBasis publizierte den Kommentar.
Der Jura-Professor konstatiert: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!“ Er nimmt die „Verfassungstreue aktueller Funktionsträger in Legislative und Exekutive“ unter die Lupe und zeigt auf, wie weit man sich hier vom Boden des Grundgesetzes entfernt hat (Hervorhebungen durch Redaktion):
1. Abgeordnete, die für eine allgemeine COVID-Impfpflicht votieren, obwohl sie wissen, dass diese Impfung tödlich ausgehen kann (wer von ihnen diese Kenntnis hatte, wird sorgsam aufzuarbeiten sein), trachten ihrem eigenen Volk nach dem Leben und stehen daher NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes.
2. Ein Bundeskanzler, der verkündet, im Kampf gegen das Corona-Virus kenne er keine roten Linien mehr, steht NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn es gibt dort für jegliche politische Intervention eine rote Linie – nämlich die Grundrechte.
3. Eine Bundesaußenministerin, die ohne jede Vorwarnung öffentlich äußert, Deutschland befinde sich im Krieg mit Russland, steht NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn sie propagiert entweder einen Angriffskrieg, oder aber sie ruft einen Verteidigungskrieg aus, ohne dass Bundestag und Bundesrat gemäß Art. 115a Abs. 1 Satz 1 GG den Verteidigungsfall festgestellt haben.
4. Eine Bundesinnenministerin, die Beamten die Beweislast für ihre Verfassungstreue auferlegen will, steht NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn sie hat nicht verstanden, dass auch Beamte das Recht haben, für ihre Überzeugung zu streiten, und dass auch für Beamte das rechtsstaatliche Fundamentalprinzip der Unschuldsvermutung gilt.
5. Eine Bundesinnenministerin, die mithilfe ihrer Verfassungsschutzbehörde unter dem Deckmantel „Delegitimierung des Staates“ Regierungskritiker überwachen lässt, steht NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn ihr fehlt fundamentales Wissen über die Funktionsbedingungen eines demokratischen Rechtsstaats: (1) Wer die Regierenden in Frage stellt, stellt damit nicht die staatlichen Institutionen in Frage. Es ist zwischen Amt und Person zu trennen. (2) Der Gewaltenteilungsgrundsatz (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) ist das Misstrauensvotum des Verfassungsgebers an die Adresse eines jeden, der staatliche Macht ausübt. Deshalb ist es auch dem Bürger erlaubt, den Regierenden zu misstrauen. (3) Zu den Funktionsbedingungen der Demokratie gehört die Ablösbarkeit der Regierung. Regierende müssen sich daher dem kritischen Diskurs stellen, auch wenn dieser für sie unangenehm ist.
6. Ein Bundeswirtschaftsminister, der auf die Anordnung des BVerfG, das Parlament brauche mehr Zeit, um das Heizungsgesetz zu beraten, mit der Erklärung reagiert, er erwarte, dass das Gesetz nach der Sommerpause ohne inhaltliche Änderung verabschiedet werde, steht NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn er maßt sich an, das Ergebnis des parlamentarischen Diskurses verbindlich vorwegzunehmen, und tritt damit die Rechte der Abgeordneten mit Füßen.
7. Eine Bundesfamilienministerin, die Antifa-Organisationen wie z.B. die „Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus“ in Herford finanziert, deren einziges Ziel es ist, Regierungskritiker zu diffamieren und mit durch nichts gerechtfertigten Rechtsextremismus-Vorwürfen zu überziehen (so geschehen am 23.1.2023 in dem 108 Seiten starken Pamphlet „Verstrickungen“ über „Corona-Leugner“ in Ostwestfalen-Lippe), steht NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn sie hat nicht verstanden, dass die freie Meinungsäußerung für ein demokratisches Gemeinwesen schlechthin konstituierend ist und dass niemand das Recht hat, von oben herab Meinungen in gut und schlecht einzuteilen
8. Abgeordnete, die für eine Stärkung der WHO eintreten, ohne sich mit den aktuell geplanten Regelwerken (Internationale Gesundheitsvorschriften/Pandemievertrag) zu beschäftigen, stehen NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn sie unterwerfen unser Land einer nicht demokratisch legitimierten Institution mit – wenn die aktuellen Pläne verwirklicht werden – unkontrollierten Machtbefugnissen.
9. Abgeordnete, die sich der Aufarbeitung der härtesten Grundrechtseingriffe in der Geschichte der BRD verweigern, stehen NICHT auf dem Boden des Grundgesetzes. Denn sie werden bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit den Raubbau an den Grundrechten erneut mittragen, ohne nach belastbaren Daten und wissenschaftlicher Evidenz zu fragen. Haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages eigentlich den Bericht der gesetzlich eingerichteten Sachverständigenkommission (§ 5 Abs. 9 IfSG) zur Kenntnis genommen, der seit über einem Jahr vorliegt? Hat es darüber eine Plenardebatte oder wenigstens eine Debatte im Gesundheitsausschuss gegeben? Oder haben sich die Abgeordneten mit der Stellungnahme der Bundesregierung vom 4.10.2022 (BT-Drucksache 20/3850) kommentarlos zufriedengegeben?
Martin Schwab via Facebook
Ob sich die Angesprochenen diese juristische Nachhilfestunde zu Herzen nehmen werden? Das bleibt offen. Derzeitig scheint man in der deutschen Bundesregierung noch davon auszugehen, Narrenfreiheit zu genießen. Doch die Bevölkerung scheint das nicht mehr lange zu tolerieren…