Brasilien ist politisch tief gespalten. Der knappe Sieg Lulas wird von Bolsonaro und dessen Anhängern nicht anerkannt. Selbst drei Wochen nach den Wahlen protestiert das konservative Brasilien gegen den sozialistischen Präsidenten und wittert Wahlmanipulation.
Seit der äußerst knappe Sieg von Luiz Inácio Lula da Silva bei der Stichwahl am 30. Oktober gegen Jair Bolsonaro verkündet wurde, brodelt es in Brasilien. Immer wieder demonstrieren die Anhänger des konservativen Politikers zu Millionen auf den Straßen. Nun wurden auch sechs Bundesautobahnen durch Lkws und Traktoren von Bolsonaro-Anhängern blockiert. Diese kündigten auch an, in den Streik gehen zu wollen, was die Wirtschaft der größten Volkswirtschaft Südamerikas enorm belasten würde. Mit ein Grund, der genannt wurde: Sie hätten kein Gehalt bekommen, weil die Unternehmenskonten wegen der Unterstützung früherer Pro-Bolsonaro-Proteste eingefroren worden seien.
Sowohl Bolsonaro selbst als auch viele seiner Anhänger vermuten Wahlbetrug hinter dem Sieg Lulas, der selbst von 2003 bis 2010 Präsident Brasiliens war und zwischenzeitlich wegen Geldwäsche und passiver Korruption verurteilt und inhaftiert wurde. Die Urteile wurden jedoch 2021 aus formellen Gründen aufgehoben, weil das verurteilende Gericht nicht zuständig und der verantwortliche Richter befangen gewesen sei. Auch dies zeigt, wie sehr die politischen Lager rechts und links der Mitte mit harten Bandagen kämpfen, wenn es um die Führung in dem Land geht.
Bolsonaro selbst hat Lula für den angeblichen Wahlsieg bislang weder gratuliert noch diesen offiziell anerkannt. Meldungen zufolge untersucht sein Umfeld noch potenzielle Fälle von Wahlbetrug. Insbesondere die Wahlmaschinen stehen hierbei im Fokus der Ermittlungen, da deren Software theoretisch manipuliert werden kann. Bislang gab es jedoch laut den Behörden keine Hinweise auf solche Manipulationen.
Die wichtigste Frage lautet jedoch: Werden die Bolsonaro-Anhänger die Wahl schlussendlich akzeptieren, oder werden sich die Proteste ausweiten und schlussendlich sogar in Gewalt enden? Denn die konservativen und rechten Parteien haben im Kongress die Mehrheit, was eigentlich nicht mit dem Wahlsieg Lulas zusammenpasst und den Behauptungen einer „gestohlenen Wahl“ der Anhängerschaft Bolsonaros Auftrieb verleiht. Dieser selbst jedoch rief seine Anhänger dazu auf, die Straßen freizumachen und friedlich zu bleiben.