Minister Rauch zu WHO-Pandemievertrag: Rechtsnatur noch unklar, Volk nicht befragen

Pressefoto: Johannes Rauch, Land Vorarlberg Pressestelle, Marion Ritter

Die Antworten von Gesundheitsminister Johannes Rauch auf eine parlamentarische Anfrage zum WHO-Pandemievertrag sind beunruhigend. Auch wenn die Anfrage die Problematik nur unzureichend widerspiegelt, da die Änderungen der völkerrechtlich bindenden Internationalen Gesundheitsvorschriften darin nicht berücksichtigt werden: Rauchs Äußerungen können die beträchtlichen Sorgen vor einer Aushebelung der nationalen Souveränität schon im Hinblick auf den sogenannten Pandemievertrag in keiner Weise entkräften.

Dieser Artikel von T. Oysmüller erschien zuerst auf tkp.at, Übernahme mit freundlicher Genehmigung.

Die Antworten auf eine parlamentarische Anfrage zum WHO-Pandemievertrag wurde vergangene Woche vom Parlament veröffentlicht. Darin erklärt der Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) den Stand der Verhandlungen zum Pandemievertrag aus der Sicht der österreichischen Regierung.

WHO-Recht über nationalem Recht?

Die brisanteste Stelle findet sich auf der dritten Seite der Anfragebeantwortung. Darin nimmt Rauch Stellung zu den rechtlichen Bedenken. Ausräumen kann er die Sorgen vor einer Aushebung der (verbliebenen) nationalen Souveränität nicht. Er schreibt: Die endgültige Rechtsnatur des Instruments steht noch nicht fest.“

Nach dem aktuellen Stand der Verhandlungen wird der Vertrag im Nationalrat genehmigt werden müssen, und zwar mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Gegenwärtig gebe es im Parlament wohl eine entsprechende Mehrheit, da sich nur die FPÖ kritisch gegenüber der WHO positioniert. Die Freiheitlichen sind von einer Sperrminorität aber weit entfernt.

Zugleich trifft die Anfrage nicht den entscheidenden Punkt der WHO-Reform. Sie fragt nicht nach der Reform der „Internationalen Gesundheitsvorschriften“ (international health regulations, IHR). Zwar greifen Pandemievertrag und IHR ineinander, jedoch sind die IHR völkerrechtlich bindend. Während Rauch erklärt, dass in der gegenwärtig geplanten Form ein Ausstieg aus dem Pandemievertrag „nach zwei Jahren des Inkrafttretens enthalten“ sei, ist das bei den IHR weitaus schwieriger.

Nichts steht fest, sagt der Minister. Quelle.

Angenommene Änderungen der IHR treten innerhalb von 12 Monaten für alle Staaten in Kraft. Es sei denn, ein Staat legt innerhalb einer 10-monatigen Frist proaktiv Ablehnungen oder Vorbehalte vor. Auch auf der WHO-Versammlung brauchen die Änderungen der IHR nur eine einfache Mehrheit, der Pandemievertrag jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Eine entsprechende Anfrage an Rauch zur IHR-Reform wäre wohl zielführend.

Doch zurück zum Pandemievertrag.

Rauch lobt die transparenten Verhandlungen. Alle Dokumente und Verhandlungen seien einsehbar. Zudem seien „nationaler Ebene seit August 2022 über 50 österreichische Stakeholder wie NGOs und akademische Institutionen sowie Fachexpert:innen (sic!) eingebunden“, schreibt der Minister, der aktuell durch seinen „Querverweis“ zwischen Klimafrage und „Pandemie“ schwer in der Kritik steht.

Covid und Klima

Zu demokratisch soll es dann aber doch nicht sein, denn es sei „keine Volksabstimmung/Volksbefragung zu diesem Thema geplant“, antwortet Rauch auf eine entsprechende Frage.

Wesentlich an den Verhandlungen für Österreich tätig ist die EU-Kommission. Rauch schreibt:

Die EU-Kommission wurde vom Rat der EU zur Verhandlung des sogenannten Pandemievertrages ermächtigt. Österreich bringt sich daher inhaltlich im Rahmen der Koordination der Positionen der EU und ihrer Mitgliedstaaten ein.

Auch für die Änderung der IHR verhandelt die EU-Kommission federführend für Österreich.

Rauch klärt, wo Österreichs Fokus liege, und zieht erneut „den Querverweis“ zwischen Covid und Klima:

„Österreich unterstützt außerdem einen Fokus auf die Ursachen von Pandemien: ein nachhaltiger, präventiver Ansatz ist wichtig. Wie sowohl die COVID-19- Pandemie als auch die Klimakrise zeigen, gibt es eine sehr starke Verflechtung zwischen gesundheitlichen, ökologischen und auch sozialen Herausforderungen. Die Berücksichtigung des „One-Health“-Ansatzes ist daher wichtig, auch um globale Anstrengungen in der Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen (AMR) zu stärken.“

Über die Gefahren des “One-Health”-Konzepts hat TKP immer wieder ausführlich berichtet. Etwa hier. 

Weiter unten versteckt sich noch ein weiterer juristischer Hinweis:

„Eine abschließende rechtliche Beurteilung des Abkommens kann erst bei Vorliegen eines finalen Textes vorgenommen werden. Ein internationales Abkommen, welches durch die Union abgeschlossen wird, wird Bestandteil der Unionsrechtsordnung und genießt als solcher Vorrang.“

Die Sorgen um die nationale Souveränität könnten also berechtigt sein. Aber das kann erst nach dem „finalen Text“ beurteilt werden.

Hier geht es zur Anfragebeantwortung. 

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