Beim viel beachteten Prozess wegen angeblicher Beleidigung des österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen durch die Aussage „tritt die Verfassung mit Füßen“ wurde vor Gericht festgehalten, dass der Beschuldigte eine Vorstrafe hätte. Die Geschichte dieser Vorstrafe ist genauso haarsträubend wie jene des aktuellen Prozesses und verdient es, erzählt zu werden.
Ein Kommentar von Florian Machl
Wer dem Staat nicht nach dem Mund redet und sich an vorgegebene Meinungen hält, gilt als Staatsfeind und wird vehement bekämpft. Dazu dient bedauerlicherweise der Justizapparat und der so genannte Verfassungsschutz. Als 2014 die illegale Massenmigration begann, verstießen die Politik und der Staatsapparat gegen zahlreiche nationale und internationale Gesetze und auch gegen die Menschenrechtskonvention. Millionen kulturfremde Personen wurden entwurzelt und in Europa angesiedelt – es kam und kommt auch weiterhin zu Spannungen und Gewalttaten.
In dieser Zeit war ich mittendrin statt nur dabei und leitete, wie viele wissen, sogar zwei Asylheime. Damit hatte ich die einmalige Chance, mir vor Ort ein Bild zu machen: Was sind das für Menschen, die man wie Ware nach Europa verschiebt, wer verdient daran und was ist beispielsweise die Leistung von Kirche und Caritas, aber auch der Betreuungsstellen der Länder? Ich habe dazu viel publiziert, die meisten Texte fielen der Facebook-Zensur zum Opfer. Zu einigen Asylwerbern der damaligen Zeit habe ich bis heute Kontakt, den man durchaus als freundschaftlich bezeichnen könnte, zu den damaligen (Kriegs-)Gewinnlern nicht mehr.
Auf Facebook war ich als harter Kritiker der widerrechtlichen Vorgänge bekannt. Auch damals verfasste ich meine Texte in dem mir eigenen, leicht augenzwinkernden Stil. „Das System“ hasste mich für meine kritische Meinung zu Migrationsgewalt und Massenumsiedelungen und für meine Reichweite. Ich galt laut einer Statistik als einer der 10 einflussreichsten Journalisten Österreichs auf Social Media. Andererseits teilte der ehemalige FPÖ-Chef HC Strache nahezu täglich meine Inhalte. Ich teilte seine Inhalte übrigens nicht. Manche linksradikalen Kreise spotteten damals, ich wäre der Asylexperte der FPÖ. Das muss man eben so hinnehmen. Ich hatte nie ein Problem damit, wenn Menschen meine Texte lesen und darüber reflektieren. Irgendwann wurden meine großen Facebook-Communities über Nacht und ohne Vorwarnung gelöscht.
Die damals erst als zartes Pflänzchen aufkeimende Zensur sozialer Medien war offensichtlich nicht ausreichend, um mich mundtot zu machen. Somit brachte das BVT, der damalige weisungsgebundene Inlandsgeheimdienst, ein Konvolut aus 20-30 meiner Wortmeldungen zur Anzeige. Die Vorwürfe waren und sind vollständig lächerlich, vorsätzlich konstruiert und an den Haaren herbeigezogen – aber die Methodik ist natürlich bis heute erfolgreich. Man wühlt so lange, bis irgendetwas durchgeht. Tatsächlich brachte die Staatsanwaltschaft den Satz „Weiter so!“ in Verbindung mit einem Link auf eine Berichterstattung im Fellner-Boulevardblatt Österreich zur Anzeige.
In dem Artikel, den ich mit den Worten „weiter so“ sehr ungenügend kommentiert hatte, ging es um eine Kriegshandlung im Jemen. US-amerikanische Kräfte hatten mit einem Kampfhubschrauber ein Schiff abgefangen, das illegal die Grenze durchbrach. Es ist davon auszugehen, dass es sich dabei um Piraten oder Schmuggler handelte. Der Kampfhubschrauber feuerte, Menschen starben. Die Streitkräfte an der Seegrenze zu Somalia haben den Auftrag erfüllt, der ihnen gestellt wurde – und es war davon auszugehen, dass zuvor all jene Handlungen erfolgten, die in so einem Fall normales Protokoll sind: Funkkontakt, Lautsprecher-Ansprache, Warnschüsse. Wäre dem nicht so, wäre der Fall vor ein internationales Gericht für Kriegsverbrechen gekommen. Ich habe das mehrfach geprüft. Es ist kein solcher Fall anhängig, die Handlung der Grenzsoldaten war rechtmäßig.
Die Staatsanwaltschaft war – wörtlich (!) der Ansicht – dass ich mit meinem Kommentar „Weiter so!“ zur Gewalt gegen Flüchtlinge in Österreich aufhetzen wollte. Wie man auf diese Idee kommen kann, ist mir und meinen Anwälten bis heute unklar. Es war auch dem Richter der ersten Instanz völlig unklar, der einen völligen Freispruch verfügte und in seiner Urteilsbegründung die Ermittler des BVT scharf zurechtwies – es würde sich hier um Zustände wie in der DDR handeln. Selbstverständlich verdienen die Leser auch zu erfahren, wie dieses „Weiter so!“ zu verstehen war. Ich hatte damals in einem Kommentar festgehalten, dass ich es begrüße, wenn Staaten die in der Verfassung festgehaltenen Pflichten zum Grenzschutz einhalten und durch Polizei und Streitkräfte exekutieren. Ich habe es nicht begrüßt, dass dabei Menschen zu Schaden kommen. Die Einhaltung von Gesetz und Verfassung bedingt aber leider manchmal auch, dass die Anwendung der Staatsgewalt zu Toten führt. Es war in diesem Fall, wie gesagt, durch kein Detail anzunehmen, dass hier eine illegale Handlung vorlag.
Die Staatsanwaltschaft berief lange Wochen nicht. Normalerweise ist ein solcher Fall dann erledigt. Nicht in meinem Fall. Hier ist von einer mündlichen Weisung aus dem Ministerium auszugehen. Nach längerer Zeit wurde eine Wiederaufnahme verfügt – eine Sache, die in Österreich, da stimmen alle befragten Anwälte überein – völlig unüblich wäre. Der Fall wurde zurück an die erste Instanz überwiesen, wo sich eine Richterin fand, welche meine schwere Schuld feststellte. Ich, der damalige Leiter zweier Asylheime, der sich nachweislich stets gut und menschenwürdig – mit aller gebotenen Konsequenz und Strenge – um die „Gäste“ gekümmert hat, hätte durch meinen Kommentar eines Militäreinsatzes im Jemen zu Gewalt gegen Flüchtlinge in Österreich aufgerufen. Ein „Verbrechen“ ohne Opfer, basierend auf bloßer Interpretationswillkür.
Das Urteil, ich habe es mir nicht aufgehoben: Einige Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Selbstverständlich ging ich in Berufung, das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil mit den Worten „Wir sind hier für die Wahrheitsfindung nicht zuständig.“ Ich wurde also tatsächlich dafür verurteilt, eine rechtmäßige Militäroperation im Jemen mit den Worten „Weiter so!“ kommentiert zu haben. Das ist in einem Land wie Österreich möglich und nennt sich „Rechtsstaatlichkeit“. Das Rechtsprinzip, dass bei solchen strittigen Äußerungen alle Interpretationsmöglichkeiten heranzuziehen sind und die günstigste zugunsten des Beschuldigten zu verwenden ist, wurde völlig missachtet.
Die Bewährungszeit ist inzwischen abgelaufen, die Strafe somit abgetan. Mein Interesse daran, diese absurde Episode aus meinem Lebenslauf zu tilgen, ist natürlich weiterhin gegeben – doch der Weg in weitere Instanzen ist teuer und ungewiss. Die Generalprokuratur hat keinerlei Verpflichtung, sich des Falles anzunehmen, eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes beim OGH einzubringen. Wenn man sich den Wind ansieht, der bei zahlreichen Corona-Entscheidungen wehte, rechnet man sich hier keine besonderen Chancen aus – außer auf weiteren horrenden Kosten sitzen zu bleiben. Es ist ein Urteil, über das man den Kopf schütteln kann, aber letztendlich muss man sich dem Staatsapparat beugen und es zur Kenntnis nehmen.
Dieses Erlebnis hat mich aber auch dahingehend abgehärtet, dass ich nachvollziehen kann, wie es ist, als subjektiv Unschuldiger in die Mühlen der Justiz zu geraten und von diesen zermahlen und abgeurteilt zu werden. Deshalb sehe ich auch den weiteren Verhandlungen im Fall gegen Alexander Van der Bellen gelassen entgegen. Wenn das System beschließt, mich für Ausübung meiner Meinungsfreiheit ein weiteres Mal zu bestrafen und mir eine völlig absurde und an den Haaren herbeigezogene Interpretation meiner Worte zu unterstellen, dann ist es eben so. Ich selbst kann nur weiterhin meinen Weg gehen und durch unbeirrbare, saubere Arbeit beweisen, dass ich für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Verfassung eintrete. Etwas anderes wird nie jemand von mir zu hören bekommen. Ich bin mit mir im Reinen und habe nichts zu verbergen.