Auch wenn die Preise für Erdöl derzeit im Vergleich zu den Vormonaten niedriger sind, dürfen diese nicht darüber hinwegtäuschen, dass die globale Ölförderung weit unter dem tatsächlichen Bedarf liegt. Neue Förderstätten gibt es mangels Investitionen kaum.
In den letzten Jahren wurden die Investitionen in neue Förderanlagen für Erdöl und in die Erschließung neuer Felder heruntergefahren. Die Balance zwischen Ölförderung und Ölverbrauch gerät deshalb auch zunehmend unter Druck. Mit ein Grund dafür ist der Druck der globalistischen Eliten, eine „Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft durchzusetzen. Investitionen in fossile Energien gelten als unerwünscht und auch die großen Fonds haben ihre Gelder bevorzugt in die „grüne“ Technologie gesteckt.
Das Resultat: Im vergangenen Monat belief sich das Produktionsdefizit alleine bei den OPEC-Ländern auf 3,58 Millionen Barrel pro Tag (bpd). Dies entspricht in etwa dreieinhalb Prozent der globalen Nachfrage. Gedeckt wurde diese Lücke unter anderem auch damit, dass die Vereinigten Staaten Erdöl aus ihren strategischen Reserven (SPR) verkauften und so den Preisdruck unter Kontrolle hielten – und immer noch halten.
Doch das ist noch nicht alles. Wenn das Ölembargo der Europäischen Union Ende des Jahres in Kraft tritt, dürften weitere 2,4 Millionen bpd fehlen. Sollte die OPEC die Fördermenge nicht anziehen, könnte das Förderdefizit auf um die 6 Millionen bpd steigen. Zumindest dann, wenn die Europäische Union und die Vereinigten Staaten nicht in eine Rezession fallen und die Nachfrage deshalb massivst einbricht. Sollten die Amerikaner jedoch ihre strategischen Ölreserven weiter anzapfen, wird es dort bald schon eng. Laut dem „Wall Street Journal“ beliefen sich diese mit Stand 16. September auf 427 Millionen Barrel, was dem niedrigsten Stand seit 1984 entspricht.
Für die Amerikaner, die zumindest noch einen großen Teil des eigenen Verbrauchs selbst fördern, ist das Ölembargo gegen Russland kein so großer Schaden. Doch da nun bereits US-Senatoren dazu auffordern, den Sanktionsdruck gegen die Käufer von russischem Öl zu erhöhen, könnte dies in immer mehr Ländern zu Problemen führen. Damit wollen die Politiker den Preisdeckel für russisches Öl, welcher beim G7-Gipfel beschlossen wurde, auch durchsetzen. Doch sollte die globale Ölversorgung deshalb tatsächlich ins Stocken geraten und die Preise für das „schwarze Gold“ massivst in die Höhe treiben, wäre eine Verschlimmerung der globalen Rezessionstendenzen unausweichlich.