Heutige Politiker sind dünnhäutig und reagieren auf Kritik überaus empfindlich. Immer wieder kommt es daher zu Strafanzeigen gegen Bürger, die Misserfolge der „Obrigkeit“ im Zuge der Meinungsfreiheit allzu scharf anprangern. Aktuell geht Außenministerin Annalena Baerbock gegen einen 58-jährigen X-User aus Bayern vor, der sie „dümmste Außenministerin der Welt“ nannte. Darüber, wie viele solcher Anzeigen wegen Beleidigung, Verleumdung oder Volksverhetzung schon gestellt wurden, können oder wollen Ministerien keine Auskunft erteilen. Dennoch wird deutlich: „Beleidigte“ Ampelmänner und -männerinnen dürften den deutschen Behördenapparat gut beschäftigt halten.
Ein Kommentar von Vanessa Renner
Besonders die Grünen fallen immer wieder damit auf, kritische Bürger mit Anzeigen zu überziehen. Aktuell sorgt ein persönlich von Annalena Baerbock unterschriebener Strafantrag für Kopfschütteln in den sozialen Netzen: Ein X-User hatte Baerbock als „dümmste Außenministerin der Welt“ bezeichnet, weil sie Friedensgespräche verhindere. Der User äußerte sich überaus kritisch über die Kriegspolitik der Olivgrünen. Der Post wurde umgehend gemeldet und das BKA und die Zentrale Meldestelle ermittelten die Identität des Users (einen 58-Jährigen aus Oberfranken). Dann nahm die Polizei Ermittlungen auf und gab den Fall an die zuständige Staatsanwaltschaft. Der Straftatbestand: „Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung“ gemäß § 188 Abs. 1 StGB. Dieser zu Recht immer wieder scharf kritisierte Paragraf besagt:
Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.
(Hervorhebung durch Redaktion)
Anzeige durch Baerbock persönlich
Erschwert ein wütendes Posting auf X das öffentliche Wirken von Annalena Baerbock? Wohl eher nicht. Das bereitete auch der Staatsanwaltschaft Kopfzerbrechen, sodass die Kriminalpolizei gebeten wurde, die Strafanträge beim Opfer – Außenministerin Baerbock – „einzuholen“, wie Nius berichtet. Das sei üblich, so schreibt das Medium unter Bezugnahme auf Angaben aus Justizkreisen. Die Staatsanwaltschaft in Bayern teilte Nius mit: „Die Entscheidung, ob ein Strafantrag gestellt wird oder nicht oder ob einer Verfolgung von Amts wegen widersprochen wird, trifft der Verletzte. Hierzu muss dem Verletzten jedoch Gelegenheit gegeben werden.“
Tatsächlich fühlte die Außenministerin sich wohl schwerstens „verletzt“. Die Entscheidung „Strafantrag zu stellen, wurde allein von der Geschädigten Baerbock selbst getroffen“, gab man nämlich weiter an. Den Strafantrag unterschrieb sie sogar eigenhändig.
In welchem Ausmaß belasten Regierungspolitiker die Behörden? Ministerien geben keine Auskunft
BKA, Polizei, Staatsanwaltschaft, sie alle arbeiten also auf Hochtouren an der Aufklärung und Ahndung der wohl schlimmsten Verbrechen in Deutschland: „Beleidigungen“ und „Verleumdungen“ der „Obrigkeit“, die lieber Strafanzeigen stellt, statt Politik im Sinne der Bürger zu machen. Ob es nicht vielleicht viel weniger „Beleidigungen“ gäbe, wenn man so agieren würde, wie der Souverän es fordert? Das dürfte der Politiker-Kaste egal sein.
Doch darüber, in welchem Ausmaß man den Behördenapparat (und folglich die Steuerzahler) mit der Verfolgung unzufriedener Bürger belastet, hüllt man in deutschen Ministerien wohl lieber den Mantel des Schweigens. Auf Nius-Anfrage gibt man größtenteils an, man würde keine Statistik führen. Allerdings gaben mehrere Ministerien – etwa Faesers Innenministerium, Baerbocks Außenministerium und Pistorius‘ Verteidigungsministerium – an, konsequent Strafanzeige zu erstatten. Bedenkt man Faesers Äußerungen zur „Verhöhnung“ des Staats, so könnte hier sehr viel zusammenkommen. Umweltministerin Lemke habe „in einigen Fällen“ als Privatperson Anzeige erstattet, auch Landwirtschaftsminister Özdemir und die „Antirassismus-Beauftragte“ Alabali-Radovan hätten Fälle zur Anzeige gebracht, so heißt es. Geywitz‘ Bauministerium gibt an, die SPD-Politikerin habe seit Amtsantritt vier Anzeigen erstattet, ein Fall sei eingestellt worden, zu den übrigen lägen keine Informationen vor. Es ist das einzige Ministerium, das konkrete Zahlen nennt.
Von anderen Ministerien lagen bei Redaktionsschluss des Mediums noch keine Antworten vor. Schade, weiß man doch beispielsweise von Robert Habeck, dass auch er mäßig erfreut auf kritische Äußerungen und Vergleiche reagiert: Gerade unterlag er in zweiter Instanz gegen den als Don Alphonso bekannten Journalisten, der ihn optisch in die Nähe von „Bahnhofsalkoholikern“ rückte. (Dass auch Journalisten nicht vor der Empörung grüner Politiker über Kritik sicher sind, verdeutlichte zuvor bereits die Klage des österreichischen Bundespräsidenten Van der Bellen gegen unseren Herausgeber Florian Machl. Auch hier unterlag der Grüne vor Gericht – und das zweimal.)
Politiker haben keinen gesonderten Schutzstatus
Weitere Urteile in Fällen vermeintlicher Beleidigungen gegen Politiker zeigen eindrücklich, dass es sich hier oft nicht um tatsächliche Straftaten, sondern um von der Meinungsfreiheit gedeckte Äußerungen handelte. So gewannt jüngst ein bayerischer Unternehmer vor Gericht ebenfalls gegen einige Grüne, deren Politik er auf mehreren Plakaten kritisiert hatte. „Politiker müssen mehr hinnehmen als Normalbürger“, erklärte der Richter (Report24 berichtete).
Doch die scheinen vom exakten Gegenteil überzeugt zu sein: Während kaum ein Bürger die Zeit und den Elan haben dürfte, User anzuzeigen, die sich online unfreundlich bis beleidigend ihnen gegenüber äußerten, scheint genau das in der heutigen Politik an der Tagesordnung zu sein. Für Bürger, die sich in den Corona-Jahren als Blinddärme und Sozialschädlinge beschimpfen lassen mussten, ist das ein beispielloses Armutszeugnis. Der Deutsche Bundestag scheint mehr und mehr zum überdimensionierten Sandkasten zu verkommen, in dem sich trotzige Kleinkinder tummeln – zwangsalimentiert von der Bevölkerung. Wie wär’s damit, Politik im Sinne des Souveräns zu machen, statt gegen ihn vorzugehen, wenn er kritisch wird?