Als hätte er geahnt, dass Karl Lauterbach tatsächlich deutscher Gesundheitsminister wird und infolge der Kabinettsdisziplin als Paniksirene und Scharfmacher künftig vermutlich ausfällt, hat sich in den letzten Tagen und Wochen Weltärztebund-Präsident Frank Ulrich Montgomery Welt zu einem radikalsten Impfhardliner gewandelt. Er schaltet sich mit besonders undiplomatischen, spalterischen und unqualifizierten Einmischungen in die Debatte ein und versucht, sich zunehmend durch (womöglich justiziable) Hetze gegen Ungeimpfte zu profilieren.
Ein Kommentar von Daniel Matissek
Dabei schießt er über jedes Ziel weit hinaus. So forderte Montgomery, trotz bereits flächendeckender 2G-Regeln und vielerorts abgesagter Weihnachtsmärkte, die komplette und bundesweite Absage sämtlicher verbliebener Weihnachtsmärkte und das Verbot von Silvesterfeiern und Feuerwerken („Das verhindert nicht nur Ansteckungen, sondern entlastet auch die Notfallambulanzen.“). Mit letzteren Wunsch hat ihm die Ampel-Koalition ja bekanntlich schon entsprochen – in Deutschland gilt dieses Silvester erstmals ein Böllerverbot, obwohl selbst Wissenschaftler dessen Sinn nicht sehen.
„Monty Pfizers“ Endzeit-Prophezeiungen
Damit nicht genug, prophezeite Montgomery die letzten Tage alle nur denkbaren tödlichen Covid-Mutationen („Ebola“) und sagte jahrelange Impfungen voraus. In einem Interview mit dem ZDF jedoch schoss er nun vollends den Vogel ab: Er verstieg sich darin gar zu der hanebüchenen Haarspalterei, eine Impfpflicht bedeute „keinen Impfzwang“. Zwar räumt er in diesem Kontext bezeichnender Weise am Rande ein, dass die Impfung gar nicht völlig schütze; „wir“ – unklar blieb, wen genau er meinte – wüssten jedoch, dass die Möglichkeit, andere anzustecken, dadurch angeblich „um 86 Prozent reduziert“ werde. Für diese Aussage blieb der Weltärzteboss jeden Beleg schuldig; er deckt sich übrigens nicht mit der tatsächlichen Infektionsdynamik.
Covid-Impfstoffe wären weltweit am besten untersucht
Doch nach Montgomery bedeutet dieses Scheinargument, es seien praktisch nur die Ungeimpften, die somit alle anderen in zumindest potentielle Lebensgefahr bringen würden – und hieraus ergebe sich, „für alle eine ganz natürliche soziale Verpflichtung, sich impfen zu lassen. Das muss jeder in Kauf nehmen, der in einem sozialen Gefüge leben möchte.“ Doch damit nicht genug: Montgomery behauptet des Weiteren allen Ernstes, die Covid-Impfstoffe seien „inzwischen die weltweit am besten untersuchten Impfstoffe. Die mRNA-Impfstoffe können aufgrund ihres Wirkmechanismus auch keine Langzeitfolgen haben.“ Diese Aussage tätigt ein medizinischer Spitzenfunktionär unwidersprochen im zwangsgebührenfinanzierten Staatsfernsehen über eine experimentelle Gentherapie, die in wenigen Monaten anstelle der üblicherweise vorgeschriebenen Zulassungsfrist von mindestens acht bis zehn Jahren per Notfallzulassung auf den Markt gejubelt wurde.
Pflichtimpfung für 12-Jährige
Da wundert es dann auch nicht weiter, dass „Monty Pfizer“ dann auch noch die verpflichtende Impfung von unter (!) Zwölfjährigen fordert, sollte die Ständigen Impfkommission (Stiko) eine entsprechende Empfehlung aussprechen: „Wir impfen 98 Prozent der Neugeborenen mit den Grundimpfungen und da ist sehr viel mehr drinnen als in dem einen Impfstoff gegen Corona. Ich verstehe den Aufstand gar nicht.“
Damit setzt sich Montgomery in eklatanten Widerspruch zur für das derartige Empfehlungen eigentlich zuständige Fachgremium, der Ständigen Impfkommission (Stiko) – und greift dessen Votum zur Sache dreist vor: Selbst Stiko-Chef Thomas Mertens hatte vergangene Woche öffentlich erklärt, sein siebenjähriges Kind derzeit nicht impfen lassen zu wollen, weil es noch zu wenige Daten über die Verträglichkeit der Impfstoffe bei unter Zwölfjährige gebe. Für diese ebenso zulässige, legitime wie korrekte Aussage sah sich Mertens freilich umgehend schärfster Kritik ausgesetzt – unter anderem von Markus Söder und Karl Lauterbach sowie den üblichen Verdächtigen aus des Medienbetriebes (siehe hier und hier und hier.